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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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alttestamentlichen Weissagungen Eingebungen des heiligen Geistes sein und sich wirklich auf den Messias beziehen, mögen sie sich darstellen als in ein poetisches Gewand gekleidete Wünsche eines tief geknechteten und nach Freiheit, Erholung sich sehnenden Volkes, sie sind doch – zufällig oder nothwendig – in Erfüllung gegangen durch die Geburt, das Leben und das Wirken Dessen, den der greise Simeon mit den Worten begrüßte: »Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen!«
    Wenn ein neuer Gelehrter die Bergpredigt Christi »das confuseste aller Geschwätze« nennt, so gebrauchen wir sicher den allergelindesten   Ausdruck, wenn wir ihn selbst der größten Confusion zeihen; denn wenn Christus nichts gethan, nichts gesprochen und gelehrt hätte als diese Bergpredigt, so hätte er doch genug gethan, um nicht nur unter die Weisesten der Erde gerechnet, sondern auch für den herrlichsten der Menschenfreunde gehalten zu werden. Nur darf man Christi Thun und Reden nicht durch den Spiegel der Evangelien und dogmatischen Schriften betrachten, sondern muß zu seiner hehren und reinen Individualität durch den Wust der um sie gehängten fremden Gewandung dringen. Der Seher, welcher in ihm den Stern Jacobs erblickte, ist nicht einer falschen Perspective zu zeihen, und ein kostbarer Kern der Wahrheit liegt in der alten Mähr von den drei Weisen aus dem Morgenlande, welche »seinen Stern« gesehen haben und deshalb kommen, um ihn anzubeten.
    Der viel verworfenen und viel vergötterte Sohn des Zimmermannes bildet einen Wendepunkt in der geistigen Geschichte der Menschheit, einen Punkt, über welchen in unverwischlicher Flammenschrift die Worte der »Liebe« erglänzen und weithin durch alle Jahrhunderte leuchten. Nicht ihn trifft die Schuld, wenn man seine Liebe in Haß, seine Versöhnung in Rache, seine Eintracht in Kampf und Feindschaft verwandelt; und wenn er die Millionen zählen könnte, welche der aus seinen Worten »hervorgezwungenen« Lehre vom Kreuze zu Liebe geblutet und gelitten haben, er würde weinen und klagen wie damals, als er sein Wehe über Jerusalem rief: »Ich habe deine Kinder unter mit versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt unter ihre Flügel, ihr aber habt nicht gewollt!«
    Eine unumstößliche Wahrheit ist es, daß das eigentliche Christenthum seine schönste Apotheose gefunden hat in der reinen, heiligen, deutschen Weiblichkeit, und das deutsche Weib ist von jeher der einzige Träger einer tiefinnigen und leidenschaftlichen christlichen Frömmigkeit gewesen, wie überhaupt die Geschichte die Frauen keines Volkes in solcher Fleckenlosigkeit zeigt, wie schon diejenigen der alten Germanen.
    Klima, Character, Lebensweise und Verfassung trugen dazu bei, die Keuschheit von unseren Altvordern zu fördern und das Band der Liebe und Treue, welches die Ehen knüpfte, unauflöslich zu machen. Wesentlich trug dazu bei, daß überall im häuslichen Leben, auf der Jagd und im Kriege die Weiber als treue Gefährtinnen die Männer umgaben. Auch zu den Gastmählern wurden die Frauen zugelassen und entfernten sich   erst, wenn die Tafel abgetragen wurde und die Männer anfingen zu zechen.
    Tacitus, Cäsar und Andere haben uns die treuesten Zeichnungen von den Sitten und der Enthaltsamkeit beider Geschlechter, sowie von der jungfräulichen Schamhaftigkeit aufbewahrt. Für einen Jüngling war es schimpflich, vor vollendetem zwanzigsten Lebensjahre etwas von einer weiblichen Scham entdeckt zu haben, noch schimpflicher aber, wenn er fleischlichen Umgang mit einem Weibe gepflegt hatte. Weiber-und Mädchenverführungen waren daher bei diesem Volke höchst selten.
    Kam indeß doch einmal ein Ehebruch vor, so schnitt der beleidigte Ehemann seinem untreuen Weibe in Gegenwart aller herbeigerufenen Verwandten die Haare ab, trieb sie als eine Ehrlose zum Hause hinaus und peitschte sie alsdann durch das ganze Dorf, welches sie nicht wieder betreten durfte.
    Eine verführte Jungfrau fand wegen ihrer verletzten Keuschheit niemals Verzeihung; ihre Schönheit, ihr Stand mochten noch sehr bestechen, nie durfte sie zu hoffen wagen, daß ihr ein Mann die Hand zum Ehebund reichte.
    Auf keinem Flecken der Erde und bei keinem Volke ist wohl jemals die Würde des Weibes so hoch gehalten worden, als in dem alten Germanien. – Frauen und Jungfrauen wurden zu den Altären der Götter zugelassen und selbst mit den innersten Geheimnissen des Cultus bekannt gemacht,

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