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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verschwenden mußte, um ihre Launen zu befriedigen. Am Flusse Penaus wurde ihr ein prachtvolles Grabmal errichtet.
    Eine andere Hetäre, welche zu bedeutenden Ruhm und Ansehen gelangte, war Phryne. Jung und arm kam sie nach Athen, wie sie im Anfange mit Kapern handelte. Bald jedoch entwickelten sich die körperlichen Reize und geistigen Talente dieses Mädchens in einem solchen Umfange, daß sie von ganz Athen bewundert und angebetet wurde, und bei dem Geschäfte der Liebe, dem sie sich widmete, sammelte sie unermeßliche Reichthümer.
    Der berühmteste Liebhaber Phryne’s war Praxiteles, dem sie alle ihre übrigen Liebhaber opferte, nicht, weil er ein schöner Mann, sondern weil er der berühmteste Maler seiner Zeit war. Dieser liebte sie bis zur Schwärmerei und gestand, nie eine vollkommenere Schönheit gefunden zu haben.
    Als Beweis, von welchem Geiste die Hetären damaliger Zeit beseelt waren, und wie sie es verstanden, die Männerwelt ihren Wünschen geneigt zu machen, diene folgendes Beispiel. Phryne verlangte einst von Praxiteles, daß er ihr sein vorzüglichstes Werk schenke zum Beweise seiner Liebe, und dieser gab ihrem Wunsche nach, indem er seiner Geliebten freie Wahl ließ, welches seiner Werke sie zu haben wünsche. Bei dem Anblicke so vieler Meisterstücke unschlüssig und nicht wissend, welches sie für das beste halten sollte, sinnt sie auf eine List. Ein Sclave muß in dem Augenblicke, da der Geliebte zu ihren Füßen liegt und sie anbetet, mit der Schreckensnachricht eintreten, daß plötzlich in dessen Werkstaat Feuer ausgebrochen   sei und bereite die größten, schönsten und theuersten Kunstwerke zerstört habe.
    »Ich bin verloren!« ruft Praxiteles, »wenn man den Amor und Satyr nicht rettet!« – »Fasse Dich,« sprach Phryne lächelnd zu dem bestürzten Künstler; »ich ließ Dich durch eine falsche Nachricht täuschen und weiß nun, welches das beste Deiner Kunstwerke ist, denn Du hast es selbst verrathen.«
    Daß ein Weib, welches von der ganzen Nation vergöttert und angebetet wurde, es für unmöglich hielt, daß es einen Sterblichen geben könne, welcher ihre Gunst, die sie ihm freiwillig anbot, verschmähen würde, ist ganz erklärlich. Und doch wurde von ihr ein solcher Sterblicher in Xenokrates gefunden.
    Dieser berühmte Philosoph, ein Schüler Plato’s, war wegen seiner strengen Tugend und der Würde, die er selbst im Aeußeren beobachtete, in ganz Athen bekannt. Phryne unternahm es, seine Tugend zu prüfen, die sie für eitele Täuschung hielt, und sie ging eine Wette ein, den Philosophen zu besiegen. Unter dem Vorwande, verfolgt zu sein, kam sie zur Nachtzeit in das Haus desselben, ihn um Schutz bittend. Dieser, welcher nicht im Geringsten an ihrem Vorgeben zweifelte, nahm sie bei sich auf; sie entfaltete alle Künste der Liebe und Verführung, aber vergebens waren ihre Bemühungen. – Xenokrates bestand die Probe.
    Als sie über den Erfolg ihres Unternehmens befragt wurde, antwortete sie: »Ich unternahm es, einen Mann zu erweichen, nicht aber eine Bildsäule!«
    Die starke Vermehrung der Hetären veranlaßte einen griechischen Finanzmann, den Vorschlag zu machen, dieselben und ihr Geschäft mit einer Steuer zu belegen. Vergebens eiferten dagegen die Philosophen, vergebens bewies man, daß die Abgabe nicht Denen schimpflich sei, welche sie zahlten, sondern Dem, der sie einnehme; die Steuer wurde eingeführt und war für den Staat eine eine bedeutende Einnahmequelle.

Sonnenaufgang
     
    Ueber keine geschichtliche Persönlichkeit ist so viel geschrieben, gesprochen, verhandelt und gestritten worden, als über Jesus von Nazareth, der da heißt Christus. Während die Einen seine Existenz vollständig leugnen, erklären die Anderen ihn für einen Betrüger, noch Andere halten ihn für einen gutmüthigen Schwärmer, und Diejenigen, welche durch die Anforderungen ihres geistlichen Berufes oder den zwingenden Einfluß des Dogma’s gefangen genommen worden sind, erklären ihn für den Sohn Gottes, welcher ist »wahrhaftiger Gott, von Ewigkeit geboren.«
    Fern liegt es uns, irgend welchen Einfluß auf irgend eine Glaubensmeinung ausüben zu wollen; wir halten, alle Parteihader vermeidend, nur die geschichtlich feststehende Thatsache fest, daß die Lehre des Nazareners einen Einfluß auf die geistige, und durch diese ebenso auch auf die äußere Entwickelung des Menschengeschlechtes hervorgebracht hat, wie wir ihn sonst im Laufe der Jahrhunderte nicht wieder bemerken. Mögen die

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