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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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goldumrahmte Bildnis Friedrichs in ihrer Mitte tragen und mit dieser ihrer Last dem Tempel des Ruhmes zuschweben. Zur Rechten ragt der Tempel selber auf, auf dessen oberster Stufe die hohe Göttin steht und sich anschickt, das Bildnis des Königs mit ihrem Sternendiadem zu krönen. Von Mobiliar keine Spur in diesem Raume, der seit Anno 6 überhaupt unbewohnt geblieben ist und dessen Durcheinander von Spinnweb und Gaze, von Farbenglanz und blinden Fensterscheiben, von Ruhmesverherrlichung und Staub eine Wirkung macht, der sich wenige Besucher werden entziehen können. Alles Mobiliar, so sagt ich, fehlt, aber ein eigentümlicher Zimmerschmuck ist dennoch diesen Mull- und Gazewänden geblieben. Die ganze hintere Hälfte des Zimmers ist mit großen Schlachtplänen dekoriert, die wohl ziemlich unzweifelhaft von der Hand des Grafen selbst herrühren. Derselbe gesellte nämlich zu seinen übrigen Gaben auch das Talent eines ausgezeichneten Topographen und Kartenzeichners, und die berühmte Generalkarte des preußischen Staats, die bis diesen Augenblick in dem Kartensaale des Kriegsministeriums aufbewahrt wird, bewahrt gleichzeitig den Namen Schmettaus in ehrendem Andenken. Die Aufschrift dieser Generalkarte, die auch schlechtweg die Schmettausche Karte heißt, lautet wie folgt: » Tableau aller durch den königlich preußischen Obersten Grafen von Schmettau von 1767 bis 1787 aufgenommenen und zusammengetragenen Länder«. Dieselbe geschickte Hand, die dieses berühmte »Tableau« zusammentrug, hat sehr wahrscheinlich auch die sieben Schlachtpläne gezeichnet, denen wir in diesem abgelegensten und ungekanntesten Zimmer des Köpenicker Schlosses begegnen. Nur die Sieges schlachten des großen Königs haben hier Aufnahme gefunden, und die Inschriften der verschiedenen Blätter lauten wie folgt: »Bataille und Belagerung von Prag«; »Schlacht bei Roßbach«; »Bataille bei Lobositz«; »Schlacht bei Zorndorf«; »Schlacht bei Liegnitz«; »Schlacht bei Torgau« und »Schlacht bei Leuthen«. Die einzelnen Tableaux sind von verschiedener Größe, namentlich die Bataille und Belagerung von Prag sehr ausgeführt und größer als die übrigen, aber alle verraten dieselbe Meisterhand und tragen sämtlich statt der üblichen Holzeinfassung einen künstlichen Lorbeerkranz als Umrahmung.
    Es drängt sich dem Besucher Schloß Köpenicks die Frage auf: Was war die Bedeutung dieses Zimmers? Die Antwort ist nicht schwer. Es war die Stätte eines loyalen Kultus, ein Andachtsplatz, an den sich in Zeitläuften, die jeden anderen Stempel eher als den des großen Königs trugen, die schwärmerische Verehrung für den Hingeschiedenen zurückzog, um einer großen Zeit zu gedenken, die nicht mehr war .
    In diesem Zimmer war es auch wohl, daß Graf Schmettau die letzten Augenblicke zubrachte, bevor ihn das Jahr 1806 aus der Stille von Schloß Köpenick wieder in den Lärm des Krieges rief. Und was er an dieser Stelle gelobt hatte, das hielt er. Am Unglückstage von Auerstedt, unglücklich nicht durch seine Schuld, erstürmte er, an der Spitze seiner Bataillone, die Höhen von Hassenhausen, die der Feind unterm Schutz eines herbstlichen Morgennebels schon vor ihm besetzt hatte. Zweimal nahm er sie, und zweimal war er gezwungen, sie wieder aufzugeben. Als er sich zum dritten Angriff anschickte, um den entscheidenden Stoß zu tun und die mehr und mehr in Unordnung geratenden Franzosen in das Saaletal hinabzudrängen, traf ihn eine Kartätschenkugel und warf ihn tödlich verwundet vom Pferde. Vier Tage nach der Schlacht verschied er, am 18. Oktober 1806. So starb Friedrich Wilhelm Karl Graf von Schmettau, nicht an Glück, aber an jeglichen Gaben des Herzens und Verstandes jenen Schmettaus gleich, die unter Eugen und Marlborough zuerst die Schlachtfelder Europas betraten und unter dem großen Könige, siegreich kämpfend, den Ruhm ihrer Familie begründet hatten.
     
    Schloß Köpenick war wieder verwaist. Die Krone kaufte den Besitz zurück, aber Zimmer und Treppen blieben öde. Das Laub an Ulmen und Ahornplatanen kam und ging, ohne daß die Gänge des Parks ein anderes Leben gesehen hätten als die laute Heiterkeit der Köpenicker Schuljugend, die hier ein prächtiges, von Gestrüpp durchwachsenes Terrain fand für »Hirsch und Jäger« und »Wanderer und Stadtsoldat«.
    Jahrzehnte vergingen so. Da zog wieder Leben ein in Schloß Köpenick, aber welch ein Leben! Die Fenster, die nach dem Wasser hinaus lagen, wurden mit Holz bekleidet, und nur ein

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