Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
damit reichte sie Berndt die Zeitung herüber.
»Ah, der Aufruf! «
»Joa, dat süll et ja woll sinn. So seggte de Postminsch ook. Un een von de Küstrinsche Börgers röpp mi na’h: ›Nu geiht et los, Hoppenmarieken…‹ Na, man too, mi sall et recht sinn. Un vorbi is et nu mit de lütten Franzosen, dat ‘s man kloar; se röwern joa all, un de oll’ General…«
»Füllgraf?«
»Ne, de anner, de öwerste.«
»Ah, General Fournier. Nun, was ist es mit dem?«
»He wihr gistern bi Markgraf Hans’ unnen. He sülwst, un fiev or söß von sine Genrals un Uffziers. All unnen in de Gruft.«
»Und da haben sie nach den vierundzwanzig Wispeln Dütchens gesucht, die der Markgraf mit ins Grab genommen haben soll?«
Hoppenmarieken nickte.
»Und wer hat es dir erzählt?«
»Oll Bäcker Mewes.«
»Und was noch?«
»Nich veel, un ihrst verstünn ick em nich. Awers dunn lachte joa Mewes und knipste mi und seggte: ›Bis’ doch sünsten nicht so dumm, Hoppenmarieken. Un nu paß upp. De Ruß’ is doa mitsamt sine Kosaken, un de hebben all ehre groten Ballerbüssen bi Quartschen und Tamsel. Un dat weten jo nu de lütten Franzosen ook un wullen sich nich ihrst rutrükern loaten. Se trecken aff. Un wenn een afftrecken deiht, denn nümmt he mit, wa he kreegen kann. Un dissentwegen wihren se gistern bi Markgraf Hansen unnen in sine Gruft. Awers se hebben nix fun’n.‹«
»Das glaub’ ich wohl«, sagte Bamme und setzte dann, an Vitzewitz sich wendend, hinzu: »Markgraf Hans war ein Hohenzoller, und die verstehen’s; die vergraben kein Pfund, am wenigsten vierundzwanzig Wispel Dütchen; die Hohenzollern wollen Zinsen haben. Das hätt’ ich dem Küstrinschen General sagen können. Aber freilich, er würd’ es mir nicht geglaubt haben.«
Hoppenmarieken, die kein Wort von dem allen verstanden hatte, lachte nichtsdestoweniger, nickte dem alten General vertraulich zu und verließ dann, salutierend und ihr übliches Kauderwelsch vor sich hinsprechend, die Halle.
»Ein Prachtexemplar«, sagte Bamme. »Hätt’ ich einen kleinen fürstlichen Hof, die ließ ich auf Hokuspokus abrichten, auf Tränkchen und Wahrsagerei.«
»Da wäre Geld und Mühe weggeworfen«, antwortete Berndt. »Sie versteht es ohnehin schon.«
»Desto besser; aber nun den ›Aufruf‹ . Lassen Sie hören, Vitzewitz.« Und dieser begann zu lesen.
Während der ersten zehn Zeilen blieb aller Aufmerksamkeit gefesselt, bald aber ließ diese nach und mußte nachlassen, da man allerhand Halbheiten entdeckte und guten Grund hatte, sich im ganzen arg enttäuscht zu fühlen. Dieses Gefühl war so stark, daß das Erscheinen Schulze Kniehases, der noch vor Schluß der Vorlesung eintrat, kaum als eine Störung empfunden wurde.
»Setzen Sie sich, Kniehase«, sagte Berndt. »Was bringen Sie?«
»Gute Zeitung, gnädiger Herr; wir haben ihn.«
»Wen, den Vizekönig?«
»Nein, nicht so hoch hinaus, aber doch den italienischen Grafen. Eben war der Trebnitzer Verwalter bei mir; in seiner Kirche liegen die ganzen hundert Mann gefangen. Den Grafen haben sie nach Seelow gebracht, weil er einen Hieb über den Kopf hat.«
»Erzählen Sie.«
»Nun also: es muß so gestern um die Mittagsstunde gewesen sein, als sie durch Alt-Rosenthal kamen. Gleich dahinter fängt die Trebnitzer Heide an, rechts hohe Stämme, aber nach links hin eine Kusselschonung, und der Kusselschonung, so meinte der Verwalter, der trauten sie nicht recht. Aber was half es, sie mußten durch, weil sie vor Dunkelwerden noch nach Jahnsfelde wollten. Und so marschierten sie denn dicht aufgeschlossen und die Kriegskasse immer in ihrer Mitte bis an den kleinen See, der schon zwischen den Kusseln liegt und eigentlich bloß ein Tümpel ist, und den die Rosenthalschen und die Trebnitzer den ›Wermelin‹ nennen. Und da war es ja nun vorbei mit ihnen, denn dahinter steckten sie ja gerade, und nun vorwärts, immer mit Hurra, was die Franzosen von Moskau her gar nicht mehr hören können. Und da warfen sie die Gewehre weg und gaben sich gefangen.«
»Alle?«
»Bis auf den Grafen. Der riß eins der Gewehre wieder auf und schoß einen aus dem Sattel. Aber Tettenborn kam ihm von der Seite und hieb ihn über den Kopf, daß er niederstürzte.«
»Tettenborn?« fragten alle.
»Ja, Oberst Tettenborn mit zwanzig Kosaken. Er war denselben Morgen bei Zellin über die Oder gegangen. Jetzt ist er in Seelow, wohin er den Grafen abgeliefert hat. Und hat ihm auch seinen Degen wiedergegeben, weil er sich als ein tapferer
Weitere Kostenlose Bücher