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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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indessen der so gepriesene Geist der Zeit bringt fast nichts wie Tollheiten hervor.
    Die Schillsche Geschichte, die die Arrestation von Chazot (der nach Königsberg gereist war) zur Folge hatte, hat nun auch noch viel Unannehmlichkeiten für das Militär erzeugt. Es hieß nach einer mir gestern zugekommenen Nachricht, daß der alte ehrlich Lestocq   und Tauentzien den Abschied gefordert, letzterer ihn aber nur bekommen hätte, daß auch sechsundachtzig Stabsoffiziere bei der preußischen Division den Abschied verlangten. Das wäre ein gewaltiges Zeichen von Mißvergnügen, welches nichts Gutes prophezeit. Ich kenne den General Scharnhorst nicht, mir deucht aber, daß seine Einrichtungen, Änderungen etc. uns keine Ordnung der Dinge bringen.
     
    L., 31. Mai 1809
    Mehrere Husaren haben Schill verlassen und sind wieder hierhergekommen, während er noch in Stralsund ist und sich auf englischen Schiffen embarquieren will. Sein Zug ist wahrlich ein sonderbarer Parteigängerstreich, denn nachdem er den Fürsten von Köthen heimgesucht und in 30 000 Taler Strafe genommen hatte, zieht er nach Magdeburg und schlägt das ihm entgegengesandte Corps Westfälinger und Franzosen bei Dodendorf, nimmt ihnen drei Kanonen, geht nach Halberstadt und eine seiner Abteilungen nach Blankenburg; dann gegen die Elbe und ins Mecklenburgische, wo er den Herzog von Schwerin ziemlich ängstigt. Auf die Nachricht, daß der Hamburger Kommandant, General Gratien, ihm mit drei Regimentern Holländern entgegengehe, paßt er diesen auf, schickt des Nachts seine ziemlich angewachsene Infanterie über die Elbe, überfällt den Gratien bei Hitzacker, haut das meiste zusammen oder sprengt es, nimmt sechs Kanonen und 700 Mann; die letzteren sendet er ohne Gewehre und Uniformen nach Hause, er aber geht nach Rostock und so weiter nach Stralsund, wo, wie es heißt, er nun Schanzen aufwirft. Er soll mit der in Dömitz gefundenen geringen Artillerie jetzt achtzehn Kanonen und gegen 5000 Mann haben, mit welchen er bis zum Embarquement sich auf Rügen halten will. Den Grafen Schulenburg-Kehnert hat er gewaltig geelendet, weil er Verdacht hatte, daß er Nachrichten über ihn nach Magdeburg gesandt habe. Er hat 5000 Taler ausbeuteln müssen; 20 000 sollte er geben, hatte sie aber nicht bar. An Geld fehlt es Schill nicht, denn er hat überall die westfälischen Kassen geleert und aus Halberstadt allein 50 000 Taler mitgenommen. Wahrlich, das ist ein sonderbarer Mensch, der verschroben zu sein scheint und doch , wenn er die Mittel fände, vielleicht eine große Rolle spielen könnte. Gerät es ihm, nach England zu kommen, so wird man ihn dort mit einem Kußhändchen aufnehmen und gebrauchen. Hier hieß es ferner, der Herzog von Braunschweig-Oels sei auf dem Marsche durch Sachsen und habe bereits Zittau passiert, um etwas zur Wiedererlangung seines Landes zu unternehmen, ja daß der alte kassel sche Herr ein Gleiches tue. Die Konfusion nimmt also überall zu, und wo ist eine Aussicht zum Besseren?
     
    L., den 6. Juni 1809
    Schills Geschichte ist, wie vorabzusehen war, zu Ende. Er mochte 1500 Männer unter Gewehr haben, wurde von 7000 Holländern und 2000 Dänen verfolgt und so nach Stralsund gedrängt und in dieser Stadt nach einer lebhaften Gegenwehr forciert; sein Corps ist zerstreut oder gefangen, er aber blessiert in einem Nachen in See gegangen, um, wie es heißt, englische Schiffe zu erreichen. Der General Gratien kommandierte die 9000 Mann gegen ihn, und vermutlich hätte er nichts ausgerichtet, wenn Schill nur 4 bis 5000 Mann gehabt hätte, denn er hatte bis zur Zeit, da das ihm entgegengestellte Corps so stark anwuchs, den General Gratien und alle, die sich ihm entgegensetzten, gerupft oder geschlagen. Sein ganzes Unternehmen war nichtsdestoweniger Tollheit. Mehrere seiner Jäger und Husaren, die von seinem Corps abgeschnitten waren, sind vorher zurückgekommen und werden unter andere Regimenter gesteckt. Ihnen konnte man nichts tun, sie waren einfach ihrem Kommandeur gefolgt. Des Herzogs von Oels’ Unternehmen kommt mir auch als eine Schilliade vor.
     
    L., 12. Juni
    Ob Schill geblieben sei oder nicht, darüber streitet man noch. Mecklenburger haben mir versichert daß der Herr General Gratien einem toten Körper den Kopf habe abhauen und diesen dem gefangenen Reitknechte des Schill habe vorzeigen lassen mit dem Befragen, »ob das nicht seines Herrn Kopf sei?« Der Reitknecht habe gesagt »ja« und hätte seine Aussage beschwören müssen.

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