Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Der durch eine Schußwunde gänzlich entstellte Kopf sei aber der des Rittmeisters von Blankenburg gewesen, der beim Eindringen der Holländer mit einigen Husaren über sie hergefallen und die ersten heruntergesäbelt habe; es hätt ihn aber endlich ein Pistolenschuß hinterm Ohr durch den Kopf getroffen und so vom Pferde geworfen. Schill wäre, durch einen Hieb blessiert, nach dem Strande gejagt und nach Rügen übergekommen. Was hiervon wahr ist, wird sich zeigen; übrigens war es keine große Heldentat, mit 9000 Dänen und Holländern diesen Trupp zu übermannen. Mehrere Offiziere und Mannschaften sind nach erfolgter Kapitulation dem General von Blücher übergeben worden, der alle nach Kolberg gesandt hat; andere sind durch Umwege nach Berlin gekommen und in Spandau arretiert. Nun erfolgt eine Untersuchung. So viel ist gewiß, daß den Siegern dieses Gefecht eine Menge Menschen gekostet hat, denn die Schillianer haben sich wie Rasende gewehrt, und bei ihrer großen Gewandtheit wußten sie den Säbel sehr geschickt zu gebrauchen. Denn das muß ich bezeugen, daß ich nie ein Husaren- und Jägercorps so geschickt gesehen habe wie dieses. – Lestocqs sind wohl und grüßen; ihr kann man es anmerken, daß das Verfahren in der Schillschen Sache sie verdrießt, und das mit Recht. Überhaupt hat das halbe Dutzend Alentours die Eigenschaft, die besten Männer vor den Kopf zu stoßen.
L., 5. August
Der Herzog von Oels scheint, wie ich Dir schon schrieb, mit seinen paar Männern eine zweite Schilliade spielen zu wollen; den Waffenstillstand respektiert er nicht; über Leipzig ist er hinaus, scharmuziert soll er auch schon haben, aber wo, was er will, was er für Hoffnungen hat, das sieht niemand ein. In unseren sogenannten aufgeklärten Zeiten finde ich mehr Ungereimtheiten als vordem.
Den 19.August
Vor zwölf Tagen noch hatten wir Einquartierung von dem französischen 22. Regiment, das aus Stettin kam, um den Herrn von Oels zu fahnden, der sie alle betrogen hat. – Einige Tage vorher kam ein Regiment polnischer Dragoner hier in die Gegend und zog nach Magdeburg. Sie benahmen sich überall wie Schurken.
Der Krieg gegen Österreich
Liebenberg, den 15. April
Über die in der Nachbarschaft sich tarnenden Kriegswolken sind wir alle sehr verlegen, denn ein jeder kann uns ins Land laufen. Alles wird übrigens aufgeboten, um gegen Spanien oder Österreich zu ziehen. Letzte Woche lag wieder ein Regiment sächsischer Kürassiere bei Bergsdorf; sie führten sich gut auf und gingen nach Brandenburg, wo sie weitere Ordre erwarteten. Sie hofften auf nichts Erfreuliches und verwünschten den Krieg. Nun soll noch ein sächsisches Infanterieregiment hier durchpassieren. Dieses ist das letzte, welches von Danzig kommt. Ich denke, daß es am Main oder an der Elbe irgendwo schiefgehen muß und deshalb alle Festungstruppen, die meist alte Soldaten sind, herangezogen werden.
L., den 4. Juni 1809
Mehrere von unsern vormaligen Soldaten haben bei den Österreichern Dienste genommen; selbst aus Berlin sind welche desertiert, um zu ihnen zu gehn.
L., den 8. Juni
Hier ist man in der Erwartung, daß der französische Kaiser, der alles an sich zieht, um eine Übermacht zu haben, wegen der letzthin verlorenen Schlacht bei Aspern und Eßling sich an dem Erzherzog Karl zu rächen suchen wird. Noch sind in keiner Schlacht so viele französische Generale von vorzüglichen militärischen Kenntnissen geblieben oder verwundet als in dieser; es muß schrecklich hergegangen sein. Die Donau hat manchen Körper nach dem Schwarzen Meere befördert, der vor vier Monaten noch in Spanien lebte. Wenn es wahr ist, daß Krieg nötig ist, um die Welt von zu großer Volksmenge zu säubern, so muß ich doch bekennen, daß diese Säuberung etwas stark ist. – Was hier von Truppen steht, wird komplettiert und nach und nach bekleidet; auch die Artillerie instand gesetzt. Dabei wird fleißig exerziert. Aber das alles ist bloß Vorsorge und scheint mir nicht auf Teilnahme an dem Kriege abzuzwecken. Wollte Gott, es wäre einmal Friede; aber bei Versperrung aller Wege dazu, wo soll er herkommen?
30. August 1809
Des französischen Kaisers böses Gewissen sieht und bemerkt Gefahr und Aufstand und will doch nicht Buße tun. Am wenigsten in Tirol , wo man durch Füsiladen und harte Behandlung den Aufstand erneuert hat, und zwar in solcher Wut, daß ein Teil der Rheinbündler-Truppen und der Bayern vernichtet ist. Der Verlust von Vlissingen wird
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