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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Oesterreicher klug, diesen Satz nicht auf’s Strengste zu nehmen, da sie, von überlegenen Kräften angegriffen, (ein Fall, der zufällig nicht eintraf, aber doch eintreffen konnte ), eine Flankirung und dadurch die Gefangennahme alles dessen, womit sie das Dorf besetzt hielten, kaum hätten vermeiden können. Dorf Podoll selbst schien nicht erheblich gelitten zu haben; mit Ausnahme eines zerschossenen Hauses links neben der Brücke, waren außer Kugelspuren hier und da nur wenige Zeichen des Kampfes zu entdecken. Es spricht dies (neben unsern geringen Verlusten bei der ersten Wegnahme des Dorfes) augenscheinlich dafür, daß österreichischerseits kein ernster Versuch gemacht wurde, das Dorf selbst zu halten, sondern daß man von Anfang an entschlossen war, nur die drei Brücken zu vertheidigen. Und das war auch wohl das Richtige.
    Während wir diese Fragen lebhaft diskutirten, hatte sich uns ein eisgraues Männlein zugesellt, seine Mütze gelüpft und sich uns als der »Archivar von Schloß Swigan«   vorgestellt. Er begleitete diese seine Vorstellung mit einer Handbewegung nach rechts, wo wir, auf einem Höhenzuge, der das Iserthal begleitete, die Thürme des Schlosses aufsteigen sahn. »Das Haus dort unten ist meine« setzte er mit heiterer Ruhe hinzu und wies auf ein paar weiße Wände, die am Fuße des Hügels aus dem Laub eines Obstgartens zu uns herüber sahen.
    Bald waren wir im eingehendsten Gespräch. Der »Herr Archivar«, ein hoher Siebziger, hatte, neben jugendlicher Rührigkeit, die Mittheilsamkeit des Alters und schien den eben beendeten Krieg weniger von einer national-politischen, als vielmehr von einer gewissen dramatischen Seite aus anzusehen. Er sprach über die Vorgänge, deren Zeuge er gewesen war, wie über ein Sensationsstück, das ihm Grauen eingeflößt habe, aber seine Theilnahme war rein ästhetischer Natur und Oesterreichund Preußen beschäftigten ihn etwa wie Bohemund Cajetan in der Braut von Messina. Zwei Chorführer, von denen immer der Recht hat, der zuletzt gesprochen.
    Die Aussagen unseres Archivars (die sich übrigens ausschließlich auf die zweite Hälfte des Kampfes zu beziehen schienen) bestätigten, daß der Kampf ein Hin- und Herwogen gewesen und der Damm mit seinen drei Brücken zweimal genommen und zweimal wieder verloren worden sei, bis beim dritten Vorgehen die Wegnahme des massiven Hauses den Kampf zu Gunsten der Preußen entschieden habe. Den Tod des Oberstlieutenants von Drygalski, der an der Spitze seines Bataillons blieb, erzählte unser Alter von Schloß Swigan wie folgt: Der Oberstlieutenant, als er zum ersten Mal zur Attacke vorging, traf inmitten der Brücke auf einen Jäger-Korporal, der seinen eben tödtlich getroffenen Offizier mit beiden Armen aufgefangen hatte; mit seiner Linken hielt er gleichzeitig die Büchse festgeklemmt. »Gewehr weg«, rief ihm der Oberstlieutenant zu; der Korporal rührte sich nicht. »Gewehr weg«, zum zweiten Mal. In diesem Augenblick warf der Angerufene einen raschen Blick auf das Antlitz des Offiziers, und wahrnehmend, daß er nur noch eine Leiche in seinen Armen habe, ließ er den bis dahin sorglich Gehaltenen rasch zur Erde fallen, packte mit der Rechten nach seiner Büchse und stach den Obristlieutenant (der ihn ersichtlich hatte schonen wollen) mit dem Haubayonett nieder. So die Erzählung. Ob sie die Wahrheit trifft, stehe dahin, denn die sagenbildende Kraft ist noch immer groß und nirgends größer als auf den Schlachtfeldern.
    Wir überschritten nun, unter Führung unseres Freundes, die drei Brücken. Ich fragte ihn wiederholentlich, ob der Kampf immer nur auf dieser einen Linie geführt worden sei, was er jedesmal bestätigte. Ich halte diesaber für unwahrscheinlich. Neben dem Straßendamm mit seinen drei Brücken, läuft (auf kürzeste Distance) ein Eisenbahn damm mit ebenfalls drei Brücken her, und es liegt auf der Hand, daß der, der den Eisenbahndamm hatte, dadurch daß er in Flanke und Rücken seines Gegners kam, binnen kürzester Frist auch die Hauptlinie beherrschen, das heißt also auch den Straßen-Damm haben mußte. Es scheint mir so gut wie gewiß, daß das Gefecht schließlich durch dies Vordringen in der Flanke (auf dem Eisenbahndamm) entschieden wurde. Nur dadurch erklären sich die fünfhundert Gefangenen. Ein bloßer Angriff in der Front hätte es dem Feinde (der noch dazu eine Elite-Truppe an dieser Stelle ins Feuer führte,) jederzeit leicht gemacht, seinen Rückzug ohne Gefangenen-Verlust zu

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