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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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leider nicht zu zweifeln, so haben wir vor übermorgen früh nichts zu befürchten. Füsilladen sind Früh- und Morgensache. Das ist so alter Brauch. Was also unsererseits zu geschehen hat, muß diese Nacht geschehen oder in der nächstfolgenden. Diese Nacht – unmöglich, vorausgesetzt, daß wir der Mitwirkung unserer Leute dazu bedürfen. Auch die besten halten solche Schlappe nicht aus. Also morgen; morgen nacht.«
    Berndt und Bamme waren einverstanden, auch damit, daß man es mit List versuchen wolle. Hoppenmarieken sollte dabei helfen. Diese, wie Berndt sehr wohl wußte, lebte mit der Küstriner Garnison auf dem allerbesten Fuße; war sie doch jedem einmal mit Kauf oder Kuppelei zu Diensten gewesen. Westfalen oder Franzosen machte dabei keinen Unterschied, ja, die letzteren hatten eine besondere Vorliebe für sie und gestatteten ihr um ihrer grotesk-komischen Erscheinung oder vielleicht auch um ihrer gemutmaßten Geistesschwäche willen überallhin Zutritt. Daß Hoppenmarieken selbst, eitel und abenteuersüchtig, wie sie war, gegen Übernahme der ihr zugeteilten Rolle Bedenken erheben würde, daran war gar nicht zu denken; eine andere Frage blieb freilich, ob ihr auch in allen Stücken zu trauen sei. Man ließ dies indessen fallen, und Berndt schickte nach dem Forstacker, um sie herbeiholen zu lassen. Aber sie war von ihrem gewöhnlichen Tagesmarsche noch nicht zurück. So wurde beschlossen, die Besprechung mit ihr auf den andern Morgen zu vertagen. Bamme wollte dabei zugegen sein.
    Hiernach trennten sich alle und zogen sich auf ihr Zimmer zurück. Was noch zu tun war, waren Dinge, die sich mit Kniehase besser als mit jedem anderen erledigen ließen; dieser kam denn auch, beschaffte und ordnete alles Nötige und war bei Dunkelwerden wieder auf dem Schulzenhofe.
    Sein erster Gang, als er wieder daheim war, war zu Marie, bei der er, seiner eignen Wunde wenig achtend, den größten Teil des Tages zugebracht hatte.
    Er setzte sich auch jetzt wieder an ihr Bett und horchte und fragte; ihr aber, als sie diese vom herzlichsten Mitgefühl eingegebenen Fragen hörte, kam der stille Vorwurf zurück, in allen voraufgegangenen Stunden immer nur an Lewin und nicht ein einziges Mal an ihn gedacht zu haben, an ihn, der jetzt so liebreich zu ihr sprach und vom ersten Tage an nur Güte und Nachsicht für sie gehabt hatte. Sie klagte sich ihrer Selbstsucht an und vergoß bittere Tränen. Er aber wollte davon nichts wissen und wiederholte nur einmal über das andere: »Laß, Kind; das ist die Jugend.« Und dann beruhigte sie sich und ließ sich wieder erzählen. Ach, wie schlug ihr das Herz höher, als sie von Turganys Brief hörte: Othegraven war tot, aber Lewin lebte . Und das bedeutete alles! Dieselbe Selbstsucht, deren sie sich eben noch bezichtigt hatte, war wieder da. Und sie wußte es kaum.
    Ihre Stirn wurde gekühlt; der Blutverlust aus der Wunde galt für ein gutes Zeichen, und ihr Befinden war nicht schlecht. Sie lächelte vor sich hin, wenn Bammes und Rutzes und ihrer Haltung während des Straßenkampfes Erwähnung geschah. Erst gegen Abend stellte sich Fieber ein, und sie begann nun leise vor sich hin zu sprechen: »Wenn nur Othegraven da wäre… der würde helfen… mir zuliebe.« Und dann nannte sie des alten Füllgraf Namen und dann den des alten Küstrinschen Kastellans, der ein Vetter von den Kümmritzens war und den sie nun in ihren Phantasien inständigst bat, den »jungen Herrn« in seinem Schlosse verstecken zu wollen, »mitten im großen Saal, da würd’ ihn niemand suchen.«
    So vergingen die Stunden, und die Bilder drehten sich im Kreise. Aber eine Stunde nach Mitternacht ließ das Fieber nach, und sie schlief ein.
    Einun
     

dzwanzigstes Kapitel
     
    »Dat möten wi«
     
    Es war noch nicht sieben am andern Morgen, als Hoppenmarieken in ihrem gewöhnlichen Aufzuge die Dorfgasse heraufkam. In Front des Herrenhauses bog sie nach rechts hin ein und musterte die lange, dunkele Fensterreihe. Nur in den zwei Eckfenstern des ersten Stockes war Licht. »He is all bi Weg’«, sagte sie und schritt auf die Glastür des Hauses zu.
    Und sie hatte recht gesehen. Berndt war schon seit einer Stunde auf und saß oben in seiner Amts- und Gerichtsstube. Mit ihm Bamme, der, nach einem ersten Versuche, sich wieder in Nähe des stark überheizten und beinahe glühenden Ofens zu placieren, schließlich seinen Rückzug auf das Fenster hin hatte nehmen müssen. Von diesem aus sah er jetzt Hoppenmarieken über den Hof kommen.

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