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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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nach der literarischen Seite hin, den Stempel, weshalb ich etwas ausführlicher dabei verweile.
    Robert Binder empfing mich in einem Vorzimmer seines in einer Vorstadt gelegenen, ganz modernen Hauses, mit kleinen Außentreppen und Balkonen. Er war ein ausgesprochener Sachse, fein und verbindlich, aber zugleich von weltmännischem Gepräge, so daß man deutlich empfand, er müsse längere Zeit im Auslande gelebt haben. Die zum Salon führende Tür stand auf, hinter der ich die Gäste, nur wenige, bereits versammelt sah. Ich wurde der Frau vom Hause vorgestellt, einer beinahe schönen Dame, der man sofort abfühlte, daß sie das Heft in Händen hielt und die Geschicke des Hauses, also wahrscheinlich auch die der dort ins Leben tretenden Literatur lenkte. Grund genug, mich ihr von der denkbar besten Seite zu zeigen. Freilich nur mit mäßigem Erfolge. Sie war sehr liebenswürdig, aber doch noch mehr »mondaine«, was sie denn auch befähigte, mich vom ersten Augenblicke an richtig zu taxieren und ihre wirkliche Aufmerksamkeit lieber zwei jungen Männern zuzuwenden, die links und rechts neben ihr saßen. Diese zwei jungen Männer waren typische Westfalen, was ihre Superiorität von vornherein besiegelte. Der eine, mit seiner annähernd sechs Fuß hohen Gestalt, vertrat die westfälische Stattlichkeit, während der andre, wie zum Ersatz für die fehlende Stattlichkeit, einen Idealkopf – sehr ähnlich dem Adolf Wilbrandts – zwischen den Schultern trug. Beide, als richtige Cheruskersöhne, führten den Vornamen Hermann, der stattlichere: Hermann Schauenburg, der schönere: Hermann Kriege. Sie gehörten der Leipziger Burschenschaft an. Außer diesen zwei Studenten war noch ein dritter Herr anwesend, ein Herr von Mitte Dreißig, Dr. Georg Günther. Er musterte mich freundlich, etwa wie wenn er sagen wollte: »Grade so hab’ ich ihn mir gedacht«, denn Dr. Günther war der Redakteur der schon erwähnten beiden Blätter, und die Zeilen, die mich zur Mitarbeiterschaft aufgefordert hatten, rührten von ihm her.
    Zu all den hier genannten, mit Ausnahme der schönen Frau, die ich leider nie wiedersah, trat ich von jenem Tage an in nähere Beziehungen, und über jeden einzelnen seien hier einige Worte gestattet.
    Robert Binder , ein so feiner Herr er war, war leider unbedeutend; er ging schärfer ins Zeug, als seine Mittel, die geistigen mit einbegriffen, ihm gestatteten, und so kam es, daß er nicht lange regierte. Wenigstens habe ich in kommenden Jahrzehnten nicht mehr von ihm gehört. 1843, zwei Jahre nach der hier geschilderten Zeit, als ich zum erstenmal – es kehrte dann später öfter wieder – von Umsattelungsgedanken erfüllt war, war »Robert der Gute«, wie wir ihn nannten, willens, mich als Redakteur des belletristischen Blattes anzustellen. Ein wahres Glück, daß sich’s zerschlug; aber schon, daß er’s gewollt hatte, war Beweis, daß er kein großer Menschenkenner war.
    Hermann Schauenburg war Mediziner. Er machte das Dichten, das er damals ziemlich ernsthaft und eifrig betrieb, wie eine Kinderkrankheit mit durch, erholte sich aber bald von ihr und hatte nur noch einmal einen etwas abenteuerlichen, also wenn man will, auch poetischen Anfall. Anno vierundfünfzig, während des Krimkrieges, als die russische Regierung auch in Deutschland nach Ärzten für ihre Lazarette suchte, wollte Schauenburg dieser Aufforderung folgen und nach der Krim gehen. Er kam denn auch nach Berlin und erschien, wie der Zeitungsaufruf es vorschrieb, auf der russischen Gesandtschaft. Das hochfahrende Wesen aber, dem er da begegnete, ließ ihn dem mit ihm verhandelnden Gesandtschaftsattaché mit echt westfälischem Freimut sagen: »er – der Gesandtschaftsattaché – vergäße, daß er, Hermann Schauenburg, sich vorläufig, Gott sei Dank, noch auf deutschem Grund und Boden befände«. Die Sache kam also nicht zustande. Wohl ihm. Er ging nach Westfalen und Rheinland zurück und hat sich in Bonn, wo er auch Privatdozent an der Universität war, als Augenarzt hervorgetan. Leider geriet er, wohl nicht unverschuldet, in höchst unliebsame Streitigkeiten mit Professor C. O. Weber und mußte Bonn verlassen. In Düsseldorf trat er bald darauf an die Spitze einer lithographischen Anstalt, scheiterte aber und kehrte zu seiner ärztlichen Praxis zurück. Er wechselte beständig, war in Kastellaun im Hunsrück, in Zell an der Mosel, in Godesberg, in Quedlinburg und zuletzt in Mörs, Regierungsbezirk Düsseldorf. Dort starb er. Oppositionslust

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