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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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selbst hatte wohl die Hauptsache daran getan, und niemand wußte dies besser als der , unter dessen Namen es ging: Onkel August selbst, der übrigens inzwischen ein neues Talent in sich entdeckt hatte. Natürlich das des Bühnenkünstlers, und zwar des Schauspielers und Sängers zugleich. Er setzte seinen Professor von dieser Neuentdeckung in Kenntnis, und Wach, der wohl nur darauf gewartet hatte, gab sofort seinen Segen, der Vater, wohl oder übel, auch, und Onkel August verließ Berlin, um in Magdeburg als Bonvivant und bei sich darbietender Gelegenheit auch in der komischen Oper aufzutreten. Er sang flottweg den Figaro in »Figaros Hochzeit«. Unzählige Male habe ich ihn später allerhand Überbleibsel aus jener Sängerzeit her am Klavier vortragen hören. Er sah dann immer ganz verklärt aus, Beweis, daß jene Sängertage seine schönsten gewesen waren.
    Es war 1826, daß er in Magdeburg eintraf, wo er sich bald danach für eine junge, kaum siebzehnjährige Bühnendame zu interessieren begann. Diese junge Dame, Philippine Sohm, das schon mehr genannte »Tante Pinchen«, war die Tochter des ehemaligen Theaterdirektors Sohm, der ein ziemlich merkwürdiges Leben hinter sich hatte. Sohm, etwa 1770 geboren, war Göttinger oder Hallenser Student gewesen und hatte, nach allerhand Scheiterungen, schließlich seinen Unterschlupf beim Theater gefunden. Er war ein guter Schauspieler. Dies und vielleicht mehr noch das Imponierende seiner Persönlichkeit eroberten ihm auf ein halbes Jahrzehnt hin eine glänzende Lebensstellung: Er wurde, gleich nach Ernennung Jérômes zum König von Westfalen, als Hoftheaterintendant oder vielleicht auch bloß als Direktor nach Kassel berufen. »Morgen wieder lustick sein« – an dieser Maxime hielt er geradeso wie sein königlicher Herr fest und nahm die guten Tage mit, solange der Mummenschanz dauerte. Während dieser Zeit, mutmaßlich 1809, verheiratete er sich auch. Er verfuhr dabei ganz in dem Stil, der am Jérômeschen Hofe herrschte. Nach einer Festaufführung, in der auch ein dreizehnjähriger Backfisch mitgewirkt und ihn durch Übermut entzückt hatte, nahm er dies junge Ding beim Schopf und sagte: »Du sollst meine Frau werden.« Es war ihm auch Ernst damit, und das kleine Fräulein wie ein Taufkind auf seine beiden Arme legend, trug er es vom Theater in seine Wohnung hinüber. Tags darauf war Trauung, und bald nachdem das junge Ding vierzehn Jahre geworden war, wurde eine Tochter geboren. Diese Tochter erhielt den Namen Philippine, Seraphine wäre vielleicht richtiger gewesen, denn man merkte, daß es eines Kindes Kind war. Philippine war so klein und zart, daß man die Lebensfähigkeit des Kindes bezweifelte und zu ganz ungewöhnlichen Prozeduren schritt. Man wickelte das kleine Wesen in Watte, tat dies Paket in ein großes Glas und stellte es in eine Ofenröhre. Die Wärme mußte für Nachreife sorgen. Das Kind gedieh auch. Aber es blieb doch sehr zart. Das alles war 1810. Drei Jahre später war es mit dem Königreich Westfalen vorbei, Jérôme wurde flüchtig, und auch sein Hoftheaterdirektor ging in die Welt, von Stadt zu Stadt ziehend. Es kamen nun die sieben magern Jahre, und als sie um waren, kamen neue. Die Sohmsche Familie war inzwischen angewachsen und bestand, außer dem Ehepaare, noch aus drei Kindern: älteste Tochter, ein Sohn und wieder eine Tochter. Da kam dem alten Sohm der geniale Gedanke, diese fünf Personen als eine »Truppe« anzusehen, mit der es sich vielleicht verlohne, sein Glück selbständig zu versuchen. Er brauchte dann wenigstens keine Gagen zu zahlen. Alles kam darauf an, ein gutes Repertoire zusammenzustellen: einaktige Schwänke, Szenen aus größeren Schau- und Trauerspielen und kleinere Deklamationsstücke, deren Aufführung sich mit Hülfe dessen, was ihm an Requisiten zu Gebote stand, leicht ermöglichte. Sein Vertrautsein mit diesen Dingen ließ auch alles glücklich zustande kommen, und so zog er denn mit seiner Familie, die zugleich seine »Truppe« war, aufs neue durch die deutschen Lande. Ganz kleine Städte, bis zu zweitausend Einwohnern, erwiesen sich als bestes Aktionsfeld, und seine Tochter Philippine, die mittlerweile zehn oder zwölf Jahr alt geworden war, war zugleich Wunderkind und Gegenstand der Teilnahme. Dichtungen, in denen das Rührsame vorherrschte, bildeten ihre Spezialität. Auf diese Tochter stellte sich schließlich alle Hoffnung, und als sie sechzehn Jahr alt war, rechnete sich der Alte heraus, daß ein Engagement

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