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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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schon wankte, sich an die Spitze einer Grenadierkompagnie gestellt und, im Vorgehen gegen eine Batterie, das Bein durch eine Kanonenkugel verloren hatte. Er erhielt den Pour le mérite, die einzige Ordensauszeichnung, die für den Tag von Jena erteilt wurde, und stand, bis an sein Lebensende, beim ganzen Hause Hohenzollern in hohem Ansehen.
    In Hugo von Blomberg und dem Fräulein von Eberhardt waren zwei musterhafte Menschen zusammengekommen, und musterhaft wie die Menschen waren, war auch ihre Ehe Sie liebten sich aufs innigste, und außer seiner Kunst existierte für Blomberg nur Frau und Kind. Gesellschaften mied er, und als wir, seine näheren Freunde, dies mal tadelten, dabei von seiner »Hausunkenschaft« sprachen und ihn zu überzeugen suchten, daß er seiner Frau denn doch zu große Opfer bringe, lächelte er und sagte: »Sie irren. Ich bringe meiner Frau keine Opfer; ich liebe meine Frau.« Wir machten lange Gesichter und schwiegen.
    Daß wir, er und ich, so was wie Freundschaft schlossen, das datierte von einem bestimmten Vorfall her. Es war eine jener geschäftlichen Tunnel-Sitzungen, in denen über neu aufzunehmende Mitglieder verhandelt wurde. Blomberg empfahl einen jungen kurischen Edelmann, der den Wunsch ausgesprochen hatte, Mitglied zu werden. Ich sagte, das würde nicht gut gehn. Er verfärbte sich, bezwang sich aber und fragte ruhig: »Warum nicht?« – »Ich kann es hier in öffentlicher Sitzung nicht sagen; aber ich werde es Ihnen im Privatgespräch nachher mitteilen.« Dies geschah. Er nickte zu meinen Mitteilungen, war aber nicht voll überzeugt und wollte sich in Dresden – wo die Dinge gespielt hatten – erst nach dem Sachverhalt erkundigen. Dies tat er denn auch, und die Angelegenheit kam nicht weiter zur Sprache. So fatal ihm der Zwischenfall war, so wußt’ er mir doch schließlich Dank, ihn vor einer Unannehmlichkeit bewahrt zu haben. Denn er war, wie in allem korrekt, so auch sehr sittenstreng.
    Im Tunnel waren wir allerspeziellste Nebenbuhler, weil die Ballade sowohl seine wie meine Domäne war. Ja, wir hatten sogar die Spezialgebiete gemein und behandelten beide mit besonderer Vorliebe: das Schottische, vor allem Maria Stuart, und das Friderizianisch-Preußische. Perfekter Kavalier, der er war, konnte von Eifersüchteleien bei ihm keine Rede sein, und wie’s – hier im guten – in den Wald hineinschallte, so schallte es auch wieder heraus. Ich war stets seines Lobes voll, auch ganz aufrichtig, aber in meinem letzten Herzenswinkel doch immer mit einer kleineren oder größeren Einschränkung. Er merkte das auch und fragte mich mal danach. Es brachte mich nicht in Verlegenheit, im Gegenteil, es war mir lieb, und ich sagte: »Ja, Sie haben ganz recht. Es fehlt mir etwas in Ihren Balladen; wenn sie ein klein bißchen anders wären, so wären sie ausgezeichnet.« Er lachte. »Nun gut. Aber was ist das ›kleine bißchen‹, das Sie wohl anders wünschten?« Ich habe nicht mehr gegenwärtig, was ich ihm geantwortet habe; wahrscheinlich war es allerlei, was tastend und vermutend um die Sache herum ging. Jetzt nachträglich weiß ich ganz genau, was dies meiner Meinung nach Fehlende war, denn im Älterwerden beschäftigt man sich, durchaus ungesucht, auch mit der Theorie der Dinge. Blomberg las allerhand alte Bücher, fand einen geschichtlichen und anekdotischen Hergang, der ihm gefiel, und brachte diesen Hergang in Verse. Er verfuhr dabei mit großer äußerlicher Kunst, alles war vorzüglich aufgebaut, knapp und klar im Ausdruck, aber trotzdem blieb es eine gereimte Geschichte. Das ist, wie mir jetzt feststeht, ein Mangel. Es muß durchaus noch was Persönliches hinzukommen, vor allem ein eigener Stil , an dem man sofort erkennt: »Ah, das ist der .« Man denke nur an Heine. So lag es aber bei Blomberg nicht. Die Sachen waren sehr gut, aber sie konnten auch von zehn anderen sein; sie hatten kein Eigenleben. Einige seiner Balladen können freilich als Ausnahmen gelten, so »Die Dame von Faverne« – zuerst in der »Argo« von 1858 erschienen –, ein sehr schönes Gedicht.
    Ich glaube, daß sich Blomberg zu einem sehr guten Schriftsteller, namentlich Kunstschriftsteller – deren es damals nur erst wenige gab – hätte entwickeln können, aber die Malerei war seine unglückliche Liebe. Er mochte schon über vierzig sein, als er sich entschloß, »noch mal von vorn anzufangen«, und in Ausführung dieses Entschlusses nach Weimar ging, um bei Preller oder einem anderen Meister was

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