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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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allem auch undankbar. Denn Schneiders Interesse bezeugte sich, nach wie vor dem 18. März, in Taten. Er half. Diese Hülfe bestand in allerlei: in Einführungen, Empfehlungen, Aufforderung zur Mitarbeiterschaft an seinen Blättern und ähnlichem. Aber wenn diese Hülfen, die mitunter einer direkten Unterstützung gleichkamen, auch nicht gewesen wären, so verblieb für sein Kredit doch immer noch das eine, daß er den Tunnel sozusagen hoffähig machte. Was sich von den Dichtungen unserer Tunnel-Leute nur irgendwie zum Vorlesen an den Teeabenden in Sanssouci, Charlottenhof und Charlottenburg eignete, kam auch wirklich zum Vortrag. Unter denen, die dieser Ehre teilhaftig wurden, war auch ich, und zwar mit einem Romanzenzyklus, der den Gesamttitel »Von der schönen Rosamunde« führte. Weil sich’s nun traf, daß diese meine Dichtung um genau dieselbe Zeit auch von dem an andrem Orte, in meinem Scherenberg-Buche, geschilderten Rhetor Schramm in Entreprise genommen wurde, so gingen mir in ein und derselben Woche zwei Zuschriften zu, darin ich von beiden gefeierten Vorlesern aufgefordert wurde, sie zu besuchen, da sie das , was sie zu geben gedächten, zunächst meinem Urteil unterbreiten wollten. Ich erschien denn auch. Bei Schramm fand die Probevorlesung in seiner Wohnung statt, bei Schneider in Meinhardts Hotel, Unter den Linden, wo er, wenn er nach Berlin herüberkam, abzusteigen pflegte. Beide lasen gleich schlecht, weil nach demselben falschen Prinzip, das in dem altehrwürdigen Gegensatz von Gebrüll und Gewisper wurzelte. Dabei kam es vor, daß Schneider eine ganz zweifellose Wisperstelle geradezu donnerte. Junge Dichter begehen nun gewöhnlich den Fehler, dergleichen korrigieren zu wollen, was bloß verschnupft. Darauf hab’ ich mich aber nie eingelassen, fand vielmehr jederzeit alles wunderschön, weil ich, neben dem in erster Reihe stehenden Wunsche, kein Ärgernis zu geben, auch schon damals eine ziemlich richtige Vorstellung von dem hatte, was »Publikum« bedeutet. Die Geschichte von Garrick, der durch Vortrag des englischen Alphabets die Zuhörerschaft von Drury Lane hinriß und zu Tränen rührte, wiederholt sich cum grano salis tagtäglich.
    Es waren, aus dem Gros d’Armée des Tunnels, vorzugsweise Lepel, Eggers, Hesekiel und ich, denen Schneiders Wohlwollen zugute kam. Aber was bedeuteten diese Guttaten neben all dem Auszeichnenden, Schmeichelhaften und Fördernden, was durch die bei Hofe stattfindenden Schneider-Vorlesungen unsrem großen Armeekommandierenden, unsrem Scherenberg zuteil wurde. Daß dieser von dem Tag an, wo sein »Ligny« zur Kenntnis des Königs kam, durch ein Menschenalter hin, Sorgen entrückt, seiner Dichtung und seiner Philosophie leben konnte, war zunächst ausschließlich Schneiders Verdienst. Allerdings kamen die später unserem Tunnel-Dichter zuteil werdenden direkten Hülfen von anderer Seite her, aber der , der den Boden für all dies kommende Gute vorbereitet hatte, das war und blieb doch Schneider. Er hatte ganz allmählich bei Hofe den Glauben entstehen lassen: »Hier haben wir endlich ein großes Talent, einen richtigen patriotischen Dichter«, und erst nachdem dieser Glaube geschaffen war, war auch von anderer Seite her Unterstützung und Hülfe möglich. In den dem achtzehnten März unmittelbar voraufgehenden und unmittelbar folgenden Zeiten war auch niemand unter uns, der dies nicht willig anerkannt und mit herzlichem Dank für Schneider erwidert hätte. Später aber, um die Mitte der fünfziger Jahre herum, änderte sich’s, und wenn schon vorher die kleineren Schneiderschen Tunnel-Wohltaten einer Kritik unterzogen worden waren, so geschah jetzt ein Gleiches auch im Hinblick auf das, was er für Scherenberg getan. »Was ist es denn?« so hieß es. »Gar nichts. Er hat sich einen Dienst geleistet, hat sich beim Könige lieb Kind gemacht, sich vor den Potsdamer Offizieren als Kunstmäzen ausgespielt. Lächerlich genug. Wir wiederholen dir, allen persönlichen Vorteil hat er gehabt und dabei seiner Eitelkeit Zucker gegeben. Und dann hat er dich seinem Buchhändler Hayn, diesem Intelligenzblatt-Verleger, zugeführt und ›Freund Hayn‹, bei dem man Intelligenz und Intelligenzblatt unterscheiden muß, hat ein Bombengeschäft mit dir gemacht und ziert sich nun in der Welt als Literaturvater herum, während er doch bloß ein Weißbierphilister ist mit einer Pontacnase. Quäle dich doch nicht mit Dankbarkeit. Er muß dir dankbar sein. Wenn du zusammenrechnest, was

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