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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Hesekiel war stolz darauf, in jedem Zustande sich immer noch in der Gewalt zu haben. »Sieh,« sagte er mal zu mir, »manche denken, der und ich, wir wären so einerlei; aber der ist so, und ich bin so« und nun führte er den Unterschied in einem drastischen Vergleiche aus. Was an solchem Abende vertilgt wurde, war unglaublich, und noch unglaublicher war die Zeche, wenn man bedenkt, daß ein Mann von damals sehr bescheidenem Gehalt das alles auf seine Kappe nahm. Es kam denn auch dahin, daß, nachdem dies etwas protzige »doing the honours for all Scotland« ein Jahrzehnt lang gedauert hatte, seine zu sehr wesentlichem Teil durch ebendiese Repräsentationskomödie herbeigeführte Schuldenlast wohl über 10000 Taler betrug, wovon die größere Hälfte auf Zinsen, Wechselprolongationen und dergleichen entfiel. Er näherte sich inzwischen den Fünfzigen, und da nicht bloß seine Schulden, sondern auch seine Gichtschmerzen immer größer wurden, so kam er eines schönen Tages auf den gesunden Gedanken, mit seinem »Schottland die Ehre tun« endgültig Schicht zu machen und lieber seine Schulden abzuzahlen. Und dem unterzog er sich dann auch von Stund an – auch darin seinem Vorbilde Walter Scott gleichkommend – mit eisernem Fleiß und in geradezu großartiger Weise. Tieck hat einmal gesagt: »Einen dreibändigen Roman schreiben, ist immer was, auch wenn er nichts taugt«, und jeder, der von Fach ist, wird in diesen Ausspruch einstimmen. Aber was will ein dreibändiger Roman sagen neben zwanzig, dreißig Bänden. Ich besitze selber noch weit über fünfzig seiner Bände, während mir doch vieles von ihm verlorengegangen ist. Nur ein Mann von äußerster Energie konnte das leisten, und mitunter ist es ihm auch sauer genug geworden. Es wird von Ney erzählt, daß er, bevor er in die Schlacht ging, immer erst Kurbetten gemacht und Kreise beschrieben habe; genauso verfuhr auch Hesekiel. An Tagen, wo’s ihm ganz besonders widerstand, ging er zunächst viele Male, wie mit sich kämpfend, um seinen Schreibtisch herum, und erst wenn er alles Widerstrebende niedergezwungen, sich für seine Aufgabe montiert hatte, nahm er seinen Platz und begann zu schreiben. Er schrieb auf Quartblätter, die aufgestapelt vor ihm lagen, und ließ das geschriebene Blatt mit einem kleinen Fingerknips auf die Erde fliegen; da sammelte dann seine Tochter Ludovika, damals noch ein Kind, die zahllosen Blätter und ordnete sie. Von Wiederdurchsehen war keine Rede, kein Wort war durchstrichen, alles ging fertig in die Druckerei. Keiner dieser Romane hat sich bei Leben erhalten, und ihr literarischer Wert mag nicht sehr hoch sein, aber sie enthalten eine Stoffülle und sind für den, der Preußisch-Historisches liebt, eine unterhaltliche und lehrreiche Lektüre. Jedenfalls sah sich sein Fleiß belohnt, und so gering auch die Honorare waren, auch wohl sein mußten, es gelang ihm doch, mit ihrem Ertrage die vorgenannte, für einen deutschen Schriftsteller jener Epoche sehr hohe Schuldensumme zu tilgen. Er hinterließ sein Haus in bescheidenen, aber geordneten Verhältnissen.
    Daß er unter der »Ungeordnetheit dieser Verhältnisse« zuzeiten sehr gelitten, mehr, als er zu zeigen liebte, davon war ich an einem mir unvergeßlichen Tage Zeuge. Mitternacht war längst vorüber, und wir schlenderten, nach einem der vorgeschilderten Symposiums, von der Neuen Friedrichsstraße her auf unsere Wohnungen zu, die nahe beieinander lagen. Es war eine wunderschöne Winternacht, nicht kalt, prächtiger Sternenhimmel; so kamen wir bis vor meine Behausung in der Puttkamerstraße und schritten noch ein paarmal auf und ab, weil wir bei einem sehr wichtigen Gespräch waren, nämlich bei dem Thema, wie man sich in Geldverlegenheiten einigermaßen helfen könne. »Ja,« sagte ich, »‘s ist sonderbar; es geht mir ja mehr als bescheiden, aber ich würde nicht sonderlich darunter leiden, wenn ich nur dann und wann einen Pump zustandebringen könnte. Das kann ich aber nicht. Ich habe durchaus kein Talent zu dergleichen; ich bin zu ungeschickt .«
    Als ich dies große Wort gelassen ausgesprochen hatte, trat er einen Schritt zurück, und ich sah, wie der letzte Rest von Rausch förmlich von ihm abfiel. Dann kam er wieder auf mich los, sah mich ernst und beinahe gerührt an und sagte, während er seine Hand auf meine Schulter legte: »Gott erhalte dir diese Ungeschicklichkeit.«
    Und diese Segnung, denn fast war es so was, hat sich auch an mir erfüllt, und ich habe das

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