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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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hinein. Danach trat er beiseite, und Pachaly und der Diener faßten nun die Bügel und trugen den Toten hinaus.
     
    Eine Viertelstunde später bog der Schlitten, der sich bis dahin auf der Höhe langsam fortbewegt hatte, nach links hin aus und fuhr, als er den Abhang glücklich hinunter war, zwischen den Uferweiden auf Frankfurt zu. Die Chaise folgte, und während ihr überdeckter Polstersitz auf dem holprigen Wege hin und her schwankte, wurden Erinnerungen in dem Herzen des alten Ladalinski wach, und er mußte jener Reise gedenken, die ihn vor langer, langer Zeit auf ebenso verschneiten Wegen nach Bjalanowo hingeführt hatte. Und doch wie anders damals! Eine Hochzeitsreise war es, und die reizendste der Frauen – eben erst die seine – schmiegte sich unter übermütigem Lachen an seine Seite; der Schnee stäubte, die Pferde flogen, und jeder neue Rastplatz brachte neue Blumen und neue Huldigungen. Erfinderisch war er gewesen, wie die Liebe selbst. Und jetzt sah er nichts vor sich als den Schlitten, den die Uferweiden streiften und der langsam auf eine Gruft zufuhr, die nicht mehr die seine war und an deren Tür er um Gastlichkeit bitten mußte für seinen Toten. Das war mehr, als er tragen konnte. Scharf und leise klang das Glöckchen, und scharf und leise fielen seine Tränen.
    Um dieselbe Stunde, wo der alte Geheimrat, begleitet von Berndt und Lewin, zu der Kirche hinaufgestiegen war, war auch Bamme, nach Anlegung seines Husarenrocks, aus dem Herrenhause getreten, hatte sich aber nach fast entgegengesetzter Seite hin begeben. Es lag ihm daran, dem Begräbnis Hoppenmariekens, das im Laufe des Vormittags stattfinden sollte, beizuwohnen, bei welcher Gelegenheit er noch einen Blick auf diesen Gegenstand seines besonderen Interesses zu tun hoffte. Als er in die Nähe des Heckenzaunes kam, der das Häuschen einfaßte, sah er, daß allerhand Gesindel zu beiden Seiten des Weges Spalier gebildet hatte, zum Teil dieselben alten Weiber, die gestern dem Kniehaseschen Knecht beim Abladen des Sarges behilflich gewesen waren. Bamme grüßte und hörte nicht ohne Befriedigung, daß hinter ihm her gezischelt wurde: »Dat is he; wie schnaaksch he utsieht.« Darnach trat er in das offenstehende Haus. Ein starker Zug wehte, trotz dieses Zuges aber war es warm, denn der Ofen pustete und auf dem Flurherd brannten große Scheite, um die seltsamerweise mehrere Kochtöpfe gestellt waren. Das hatten die Forstackersleute getan, die sich auf Hoppenmariekens Kosten einen guten Tag machen wollten. Erben waren nicht da, und Kniehase sah ihnen durch die Finger.
    Bamme hatte sich was versprochen, aber er fand doch mehr noch, als er erwartet hatte. Auf zwei Stühle, nach Art eines Reisekoffers, war der offene Sarg gestellt, und auf dem Rande des Sarges saß ein schwarzer Vogel, einem Raben ähnlich, nur viel kleiner. Als der Vogel den Eintretenden gewahr wurde, hüpfte er von dem einen Rande auf den andern hinüber und von diesem auf den Sargdeckel, der mit seinen blitzblauen Beschlägen auf zwei andern Stühlen lag. Es machte dies Platzwechseln durchaus den Eindruck, als ob es aus Respekt gegen Bamme geschähe, der es denn auch so nahm und, an den Vogel herantretend, ihn belobigte. »Bist ein braver Kerl, hast Lebensart.« Gleich darauf indessen entsann er sich seines eigentlichen Zwecks, schob den am Wandpfeiler stehenden Tisch, darin das Gesangbuch und die Karten lagen, beiseite und probte sich einen Platz aus, um die Tote bequem und in guter Beleuchtung betrachten zu können. Diese lag in Staat, und nichts war vergessen, was zu Hoppenmarieken gehörte. Das weiße Haar war unter das schwarze Kopftuch gebunden, die Zipfel standen hoch nach oben, und ihre zwei dicken Wasserstiefel sahen mit halber Sohle aus dem Sarg heraus. In ihrer Rechten hielt sie den Hakenstock, weil er aber zu lang gewesen war, war er in zwei Hälften zerbrochen worden, und das untere Stück lag nun daneben. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich wenig verändert; das Listige hatte der Tod fortgenommen, aber das Trotzige war geblieben. Bamme war entzückt; er drehte den Hakenstock ein wenig zur Seite und sagte dann vor sich hin: »Zwergenbischof«, eine Bemerkung, zu der er sich, in Ermangelung eines guten Publikums, vorläufig selber gratulierte. Dann sah er in den Alkoven hinein, in dem sich die großen Gundermannsbüschel im Zugwinde hin und her bewegten, und fand auch hier alles »superbe«.
    Als er wieder in die Vorderstube trat, war der schwarze Vogel auf den Rand des

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