Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Sarges zurückgeflogen, und Bamme, neugierig und verwundert, was das Tier da wolle, trat jetzt heran und sah, daß es von der Toten in aller Wirklichkeit gefüttert wurde. Die Nachbarweiber hatten ihr nämlich Ebereschenbeeren und Weizenkörner in die geöffnete linke Handfläche gelegt. Das war so Forstackerpoesie.
    Bamme nickte und wollte wieder auf seinen Beobachtungsposten zurückkehren, mußte sich aber bald überzeugen, daß es mit dem Zauber dieser Stunde zu Ende gehe.
    Die Neugierde der Hoppenmariekeschen Vögel, die zwischen ihren Gitterstäben hindurch auf ihn und seinen roten Husarenrock niederblickten, hätte sich vielleicht ertragen lassen, aber das Gaffen der draußenstehenden alten Weiber und Kinder fing doch an, unbequem und lästig zu werden, so lästig, daß er schließlich froh war, als ihm das Erscheinen der Träger gemeldet wurde. Diese traten denn auch bald darauf ein, schlossen den Sarg und setzten sich auf den Kirchhof zu in Bewegung. Einer der Träger war Hanne Bogun, der den linken Vorderbügel gefaßt hatte, während rechts neben ihm ein lahmer Scherenschleifer ging, dessen untere Beinstellung ein gleichschenkliges Dreieck bildete. »Das laß ich mir gefallen«, sagte Bamme, froh, seinen Meister gefunden zu haben, und schloß sich als erster Leidtragender an, während der ganze »Forstacker« in corpore folgte. Alles war heiter, die Kinder schneeballten sich, und Kniehases Tauben flogen über dem Zug hin, als würde Schneewittchen oder irgendeine Märchenprinzeß begraben.
    So kamen sie bis an das Kirchhofsportal. Die Träger, müde geworden, wechselten hier ihre Plätze, und nur Hanne Bogun, weil er bloß den rechten Arm hatte, blieb an der linken Seite des Sarges. Und nun zwischen den Gräbern hin setzte sich der Zug wieder in Bewegung, bis er am andern Ende des Kirchhofs hielt. Hier dicht an der Feldsteinmauer war ein Grab gegraben, an einer Stelle, wo zur Sommerzeit Disteln und Schafgarbe wucherten und die Ziegen zu grasen pflegten. Neben dem Grabe standen Seidentopf und Kniehase und beiden gegenüber Berndt und Lewin, die nach dem Abschiede von Ladalinski gleich auf dem Kirchhügel geblieben waren, weil sie das Herankommen des Zuges bemerkt hatten. Von den Dörflern, ein paar Kossäten und Büdner ausgenommen, war nur Miekley da, der das »ehrliche Begräbnis« zwar ebenso mißbilligte wie alle andern, aber doch durch zwei Dinge bestimmt worden war, diese seine Mißbilligung nicht zu zeigen. Und zwar erstens, um, wenn »etwas geschähe« – woran er nicht zweifelte –, seinerseits nichts versäumt zu haben, und zweitens und hauptsächlichst, um Uhlenhorsten, der sich auf dem Mühlenhofe zu Mittag und Abend hatte ansagen lassen, mit einer neuen »Seidentopferei« unterhalten zu können.
    Die Träger hatten ihre Last niedergestellt; nun ließen sie den Sarg hinab, und Seidentopf, während alle Forstackerkinder neugierig das Grab umdrängten, sagte mit seiner klaren Stimme:
    »Empfehlen wir ihre Seele Gott. Es war kein christliches Leben, das sie führte; aber ihr letzter Tag, so hoffe ich, hat vieles ausgeglichen. Sie hatte keinen Menschen lieb, einen ausgenommen, und diesen einen, der jetzt mit an ihrem Grabe steht, hat sie gerettet oder doch mit zu seiner Rettung geholfen. Ihre List, die sonst ihr Böses war, war hier ihr Gutes. Und wenn dieses Gute nicht schwer genug wiegen sollte, so wird die Barmherzigkeit Gottes hinzutreten und in Gnaden geben, was noch fehlt. Beten wir für sie.« Und dabei nahm er sein Barett ab und sprach das Vaterunser, während zwei seitabstehende Forstackerweiber kicherten.
    »Jott, uns’ Oll-Seidentopp; ick weet nich, he beet’t ook för alles. Allens sall ‘inn.«
    »Joa. Awers Hoppenmarieken beet’t he nich rinn.«
     
    Zwei Stunden später saßen Uhlenhorst und Miekley zu Tisch; auch Kallies-Sahnepott war geladen worden. Es wurde schon die dritte Flasche Graves aus dem Keller geholt, denn alle hielten auf ein »gutes Glas«, und Uhlenhorst zeigte sich von Minute zu Minute besserer Laune. Begreiflich; denn der reiche Sägemüller sägte heute nicht bloß Stämme, sondern auch Seidentopfen mitten durch. Als er zuletzt auch von Bammes Besuch in Hoppenmariekens Wohnung berichtet hatte, sagte Uhlenhorst wichtig und indem er sich etwas vorbeugte: »Nichts natürlicher als das, es sind Geschwister.«
    Miekley, so sehr er aus dem Munde des Kandidaten an Orakelsprüche gewöhnt war, erschrak doch einigermaßen; Uhlenhorst selbst indessen fuhr in demselben

Weitere Kostenlose Bücher