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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Beeskow die Pflicht auferlegte, zwei Kämmerergehalte bezahlen zu müssen. Indessen getröstete man sich, daß es bei seinem hohen Alter nicht lange dauern würde. Darin aber ging man einer Enttäuschung entgegen; der alte Rouanet brachte es bis auf zweiundneunzig, was denn doch die Geduld der Beeskower auf eine harte Probe stellte. Sie rächten sich denn auch durch kleine Malicen. Rouanet, so hieß es, sei eigentlich längst tot; die Angehörigen aber besäßen ein gutes Porträt von ihm, Brustbild, das sie, wenn’s dunkel würde, jedesmal ins Fenster stellten, um bei den Vorübergehenden den Glauben wach zu halten, der Alte lebe noch. Etwa 1830 starb er dann aber wirklich. Ob seine Enkelin einige Züge von ihm geerbt, vermag ich nicht festzustellen. Indessen, wenn nichts direkt Persönliches, so war doch jedenfalls etwas Südfranzösisches auf sie übergegangen, und als ich 1835 das damals ziemlich verwilderte Kind im Hause meines Onkels August, eines Freundes und Jeu-Genossen des »Rates Kummer«, kennenlernte, schien es nicht bloß ein französisches Kind aus dem Languedoc zu sein, sondern mehr noch ein Ciocciaren-Kind aus den Abruzzen.

Zweites Kapitel
     
    »Rat Kummer«. Des alten Rouanet Enkelin
     
    Dies Abruzzenhafte des Kindes lag nun freilich nicht bloß an seiner südlichen Abstammung, sondern zu gutem Teil an den wunderlichen Verhältnissen, in denen »Rat Kummer« lebte, beziehentlich während der letzten drei, vier Jahre gelebt hatte. Weiter zurück, als er das Kind adoptierte, war er mit einer russischen Dame verheiratet, einer sehr gütigen und doch zugleich charaktervollen Frau, bei der die Kleine vorzügliche Tage hatte; bald aber starb die Frau, und an die Spitze des Haushaltes trat ein Berliner Dienstmädchen. Was solch Dienstmädchenhaushalt sagen will, davon kann man sich in dem gegenwärtigen Berlin kaum noch eine Vorstellung machen. Es wird auch heute noch über Dienstmädchen geklagt, aber darüber ist doch wohl kein Zweifel, daß es jetzt viele Tausende gibt, bei denen die Kinder nicht schlechter aufgehoben sind als bei den Eltern, oft viel besser. Ein starker, höchst erfreulicher Grundstock von Anstand, Bildung, Ehrlichkeit, ja von feinstem Ehrgefühl ist jetzt reichlich zu finden, während es damals, wenigstens in kleinen Familien, nur die sogenannten »Trampel« gab. Diese Wandlung hängt mit mancherlei zusammen, nicht bloß mit dem allgemeinen großen Bildungsfortschritt, sondern viel viel mehr noch mit dem Umstande, daß sich die gegenwärtig dienende Klasse von weither rekrutiert. Früher war es nur lokal berlinisches oder aber aus dem zehnmeiligen Umkreise genommenes märkisches Landesgewächs, während jetzt der starke Zuzug aus Pommern, Mecklenburg, Sachsen und Schlesien für eine wesentliche Verbesserung gesorgt hat. Nicht die Bildung und Gesittung der aus diesen Provinzen Einwandernden ist größer, aber die Rasse ist im ganzen genommen um ein Erhebliches feiner. Am frappantesten zeigt sich dies an der ganzen baltischen Küstenbevölkerung. Was das Rat Kummersche Haus damals beherbergte, stand auf einer allerniedrigsten Stufe. Der Rat selber war von Mittag an ausgeflogen. Erschien dann der soldatische Liebhaber, so wurde das arme, dem Dienstmädchen anvertraute Kind an einen Bettpfosten gebunden, und als sich dies auf die Dauer als untunlich herausstellte, sah sich die Kleine mit in die Kaserne genommen, wo sie nun auf dem großen, quadratisch von Hinter- und Seitenflügeln umstellten Hofe herumstand, bis das Liebespaar wieder erschien und den Rückweg antrat. Es prägten sich die während dieses Umherstehens und Wartens empfangenen Bilder dem Kinde so tief ein, daß es sich, als es viele Jahre später am Nervenfieber darniederlag, in seinen Phantasien immer wieder auf dem furchtbaren Kasernenhofe sah, aus dessen hundert Fenstern ebenso viele Grenadiere herniedergrinsten.
    Bei solcher Hauspflege konnte nicht viel Feines herauskommen, und als ich die Kleine zum erstenmal sah, trug sie heruntergeklappte nasse Stiefel, einen kleinen Mantel von rotem Merino mit schwarzen Käfern drin und einen sonderbaren, nach hinten sitzenden Strohhut, der ihr bei den Straßenjungen den Beinamen »das Mächen mit de Eierkiepe« eingetragen hatte. Das alles war aber in meinen Augen viel mehr frappant als störend, und ich möchte beinah sagen, daß ich mich auf der Stelle in das sonderbare Kind verliebte. Das Gesicht, ein blasses Dreieck mit vorspringender Stirn und Stubsnase, war nahezu

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