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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Er ist Minister. Er muß es wissen, und verzeihen Sie, Vitzewitz, er weiß es auch.«
    Berndt lachte. »Es ist mit dem Wissen wie mit dem Sehen. Ein jeder sieht, was er zu sehen wünscht, darin sind wir alle gleich, Minister oder nicht. Seine Exzellenz wünscht den Frieden, und so erfindet er sich einen friedensbedürftigen Kaiser. Das ›Netz seiner Agenten‹ ist ihm dabei mit entsprechenden Berichten gefällig; Kreaturen widersprechen nicht. Ein heruntergekommener Napoleon! O heilige Einfalt! Er ist rühriger denn je und keck und herausfordernd wie immer. An den österreichischen Gesandten trat er während des letzten Empfanges heran. ›Es war ein Fehler von mir, dies Preußen fortbestehen zu lassen‹, so warf er hin, und als der Angeredete, den diese Worte verwirren mochten, vor sich hinstotterte: ›Sire, ein Thron…‹, unterbrach er ihn mit einem ›Ah bah‹, und setzte übermütig hinzu: ›Was ist ein Thron? Ein Holzgerüst, mit Sammet beschlagen‹.«
    Bamme lächelte; die Gräfin aber bemerkte ruhig: »Darin hat er nun eigentlich recht, il faut en convenir. Wir machen zuviel von solchen äußerlichen Dingen und sehen Erhabenheiten, wo sie nicht sind. Wer so viele Throne zusammengeschlagen hat, kann nicht hoch von ihnen denken; ça se désapprend. Ich liebe ihn nicht, aber in einem hat er meine Sympathien, il affronte nos préjugés. Er fährt durch unsere Vorurteile wie durch Spinneweb hindurch.«
    »Das tut er«, erwiderte Berndt, »und es ist nicht seine schlimmste Seite. Aber von dir, Schwester, eine Zustimmung dazu zu hören, überrascht mich. Denn wem verdanken wir diesen Fetischdienst, in dem auch wir drinstecken, diese tägliche Versündigung gegen das erste Gebot: ›Du sollst nicht andere Götter haben neben mir‹, wem anders als deinen gefeierten Franzosen, vor allem jenem aufgestreiften Halbgott, dem auch du die Schleppe trägst: Louis quatorze.«
    »Ce n’est pas ça, Berndt«, sagte die Gräfin mit einem Anfluge von Heiterkeit, dem sich abfühlen ließ, wie erfreut sie war, einen Irrtum berichtigen zu können. »Es ist das Gegenteil von dem allen. Ich hasse diese Doktrinen, et ce Louis même, ce n’est pas mon idole. Sachez bien, ich liebe die französische Nation, aber ihren grand monarque liebe ich nicht, weil er seine Nation in seinem pomphaften Gebaren verleugnet. Denn das Wesen des Französischen ist Scherz, Laune, Leichtigkeit. In diesem Ludwig aber spukt von mütterlicher Seite her etwas Schwerfällig-Habsburgisches beständig mit. Und so waren alle Bourbons. Nur einer unter ihnen, der keinen Tropfen deutschen Blutes in seinen Adern hatte, und dieser ist mein Liebling.«
    »Le bon roi Henri«, ergänzte Berndt.
    »Ja er «, fuhr die Gräfin fort, »der liebenswürdigste und zugleich der französischeste aller Könige, ein gallischer Kampfhahn, kein radschlagender Pfau, naiv, ritterlich, frei von Grandezza und gespreizten Manieren.«
    »Freier vielleicht, als einem Könige geziemt«, scherzte Berndt weiter. »Er spielte Pferd mit dem Dauphin, als der spanische Gesandte bei ihm eintrat, und Frau von Simier, nach dem Eindruck befragt, den der König auf sie gemacht habe, konnte nur erwidern: ›J’ai vu le roi , mais je n’ai pas vu Sa Majesté .‹«
    »Was du als einen Tadel nimmst oder wenigstens comme un demi-reproche, war eher als ein Lob gemeint. Jedenfalls hielt es sich die Waage. Und wie konnt’ es auch anders sein? Er ruhte sicher in sich selbst und gab sich offen in seinen Schwächen, weil er den Überschuß von Kraft fühlte, den ihm die Götter mit in die Wiege gegeben hatten, in seine Wiege, die beiläufig eine Schildkrötenschale war. Er verschwieg nichts und persiflierte sich selbst in dem heiteren Darüberstehen eines Grandseigneurs. Jeder kleinste Zug, den ich von ihm kenne, entzückt mich. Er hatte die Angewohnheit, überall Sachen mitzunehmen, und versicherte mit gascognischer Schelmerei: ›Que s’il n’avait pas été roi, il eût été pendu.‹«
    Dies wurde von Krach, der sich nach Art aller Geizigen in Mein- und Deinfragen zu den rigorosesten Grundsätzen bekannte, mit so viel Indignation aufgenommen, wie die Rücksicht gegen die Erzählerin irgendwie gestattete. Er begann mit »unköniglich« und »frivol« und würde sich noch höher hinaufgeschraubt haben, wenn nicht Bamme gereizten Tones dazwischengefahren wäre: »Wer im großen gibt, mag im kleinen nehmen. Freilich erst geben ; da liegt die Schwierigkeit.«
    Krach biß sich auf die Lippen, die

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