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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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schlecht mir war.
    Nun ja, bis zu einem gewissen Grad. Ich wollte in Kirra von Bord gehen, aber der hilfreiche Kapitän segelte daran vorbei zu einem näher an Delphi gelegenen Landeplatz. Als wir schließlich Itea erreichten, wünschte ich, wir hätten den längeren Landweg genommen, da ich gehört hatte, dass die Straßen gut genug für große Wagen waren, und auch wenn es ewig dauerte, konnte man sich fast auf der gesamten Strecke in familiengerechter Bequemlichkeit entspannen.
    Beachten Sie das »fast«. Selbst diejenigen, die per Kutschwagen kamen, mussten aussteigen und ihr Gepäck die restlichen ein bis zwei Meilen auf dem Buckel schleppen. Trotz der Notwendigkeit, Pilger und Besucher zum Orakel und den Pythischen Spielen zu bringen, war das letzte Wegstück grässlich. Selbst für einen Mann zu Fuß war es Schwerstarbeit. Helena bewältigte es tapfer, doch als wir schließlich in das Dorf hineinstolperten, weinte sie vor Erschöpfung. Mir ging es kaum anders, obwohl ich annahm, generell in besserer Verfassung zu sein.
    Unsere Taschen fielen uns aus den Händen. Wir drehten uns um und blickten hinunter auf die Ebene. Bedeckt mit dichten Wäldern wilder Oliven, fiel das Land malerisch zum Meer ab, das in der Ferne funkelte. Das Heiligtum schmiegte sich an steile Bergflanken der Doppelgipfel des Parnassos, mit anderen Gipfeln rundherum. Über uns ragten gewaltige, uneinnehmbare Felswände auf. Riesige Raubvögel kreisten träge im Aufwind, so weit entfernt, dass ihre langen Schwingen nur wie bloße Striche vor dem strahlenden Himmel wirkten. Die Luft war dünn und kühl, obwohl die Sonne schien. Die Schönheit des Ganzen, das helle Licht und die verdünnte Luft vermittelten den Pilgern einen ersten Eindruck davon, dass sie sich den Göttern näherten.
    Wir hatten es geschafft. Während uns der Atem in der Luftröhre schmerzte, hielten wir uns aneinander fest und waren stolz auf unsere Kraftanstrengung. Wir konnten nicht sprechen, grinsten uns aber triumphierend an, weil wir den Aufstieg geschafft hatten.
    Hätten wir gewusst, was vor uns lag, wäre unsere Stimmung anders gewesen.
     
    XL
    Am nächsten Morgen verschwendeten wir Zeit damit, in der Stadt nach Statianus zu fragen. Delphi war größer, als ich erwartet hatte. Falls Statianus noch hier war, konnten wir seinen Gasthof nicht finden.
    Die nächste Aufgabe bestand darin, uns mit dem Heiligtum vertraut zu machen. Wir wussten, dass es ein dramatisches Erlebnis werden würde. Selbst nach Olympia mit seiner ungeheuren Anzahl an Tempeln und Schatzhäusern und seiner Fülle von Monumenten. Nichts bereitet den Reisenden auf Delphi vor. In seiner Glanzzeit muss es atemberaubend gewesen sein, und es blieb spektakulär. Wir sahen das Heiligtum, als es sich in traurigem Verfall befand. Daran war Rom schuld. Nicht nur hatte der Tyrann Sulla alle Weihgaben aus Edelmetall gestohlen, um seine Belagerung Athens zu finanzieren, sondern der Verfall hatte sich auch noch fortgesetzt bis zur endgültigen Demütigung vor zehn Jahren, als Nero an den Pythischen Spielen teilnahm und fünfhundert der besten Statuen abschleppte. Nero liebte Griechenland, liebte es so sehr, dass er so viel wie möglich klaute.
    Wichtiger noch, die römische Herrschaft hatte Delphi um seine politische Macht gebracht. Städte und Nationen kamen nicht mehr her, um sich in politischen Angelegenheiten beraten zu lassen. Ohne ihre Dankbarkeit für guten Rat wurden keine Weihgeschenke mehr deponiert.
    Wie man erwarten würde, war das Heiligtum des Pythischen Apollon mit einer Mauer umgeben. Teile davon bestanden aus gewaltigen vieleckigen Blöcken, die das Werk von Riesen zu sein schienen. Es gab mehrere Tore, die meiner Ansicht nach den Zweck hatten, Besucher in die Hände der geldgierigen Andenkenverkäufer und Fremdenführer zu spülen. Wir hatten beschlossen, auf einen Führer zu verzichten. Die lärmenden Führer beschlossen etwas anderes. Kaum hatten wir den Heiligen Weg durch das Haupttor beschritten, wurden wir von allen Seiten bedrängt. Obwohl wir die Köpfe schüttelten und forsch weitergingen, hängte sich ein Mann an uns dran. Er hatte ein rundes Gesicht, schütteres Haar und war so klein, dass wir uns neben ihm wie überfütterte Halbgötter vorkamen. Er machte mit seinem Geschwätz weiter, ob wir wollten oder nicht. Um uns herum waren andere Gruppen von Pilgern und Touristen, alle genauso benebelt von der Sturzflut der Geschichten, Rezitation der Inschriften, Schlachtennamen und Listen der

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