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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gelassen – einer aus unserer Gruppe hat schon vorher einen hässlichen Hundebiss erhalten.«
    Das stimmte, und ich war wenig erfreut, dass Volcasius so viel davon hermachte. »Ich weiß alles darüber. Marinus wurde in Epidauros von einem heiligen Hund gebissen, in der Nacht, als Turcianus Opimus starb. Marinus hat es mir selbst erzählt, also warum halten Sie sich da nicht raus?« Ich verbarg meine Frustration. »Hören Sie auf, so selbstgerecht zu sein, Volcasius. Ich misstraue immer dem Mann, der angerannt kommt und einen seiner Kumpane als den Schuldigen hinstellt. Ich werde Marinus überprüfen, aber ich werde auch Sie genau unter die Lupe nehmen.«
    Ich versetzte meinem Esel einen Tritt und lenkte ihn um den Mann herum. Helena folgte mir auf ihrem. Wir ließen Volcasius stehen, überzeugt von seiner eigenen Pfiffigkeit und von unserer Dummheit. Gaius, der mit uns kam, um die Esel hinterher zu ihrem Mietstall zurückzubringen, warf dem Mann beim Vorbeireiten höhnische Blicke zu.
     
    Erst als wir an Bord waren, brachen Helena und ich das Schweigen.
    Ich trat gegen die Bordwand. »Verdammt! Ich bin total schludrig. Das ist mir entgangen.«
    »Es ist uns beiden entgangen.« Helena schlug sich so fest mit der Faust in die Handfläche, dass ich zusammenzuckte und ihre Handgelenke umschloss, damit sie aufhörte. Ich werde Frauen nicht vorwerfen, sich aus Schwierigkeiten herauszureden – aber Helena gelang es schneller als mir, diesen Hundebiss in die richtige Perspektive zu bringen. »Vielleicht hatte Marinus in Epidauros einfach Pech, Marcus. Niemand hat angedeutet, der heilige Hund habe Marinus gebissen, weil er nach ihm getreten hatte. So wie Marinus die Geschichte erzählt hat, schlief er in einer Zelle, als er gebissen wurde.«
    »Vielleicht wollte er uns das glauben machen.«
    »Er hätte uns nicht darauf aufmerksam machen müssen. Der Biss befand sich an seinem Oberschenkel – unter der Tunika. Er hätte ihn uns nicht zu zeigen brauchen. Trotzdem …« Helena begann den Hinweis zu analysieren, falls es überhaupt ein Hinweis war. »Angenommen, Volcasius ist da auf etwas gestoßen. Sagen wir mal,
Marinus
hätte Turcianus und Cleonymus zum Schweigen gebracht – oder auch nur Cleonymus. Lass uns mal nach dem Motiv suchen.«
    »Er macht Jagd auf Frauen.« Ich war kurz angebunden. Aber ich hörte auf, mir Vorwürfe zu machen, und meine nächste Erklärung war ausgeglichener. »Er tut es wegen Geld, nicht aus erotischen Motiven. Die Braut zu töten – oder auch nur ein Techtelmechtel mit ihr anzufangen – würde nicht zu seiner Vorgehensweise passen. Zum einen war sie verheiratet, zum anderen hatte sie wenig eigenes Geld; selbst als Paar reisten Statianus und sie mit knappen Mitteln. Eine der Frauen bemerkte, dass sie schlecht mit Geld umgehen konnten.«
    »Und jemand sagte, Milon von Dodona habe sich getäuscht, wenn er meinte, sie wären mögliche Geldgeber für seine Statue. Also«, sinnierte Helena, »hat Volcasius Marinus angeschwärzt, um von sich selber abzulenken?«
    Ich lachte lauthals. »Kannst du dir
Volcasius
als Frauenjäger vorstellen?«
    Sie dachte sorgfältiger darüber nach als ich. »Er ist zweifellos ein merkwürdiger Kerl. Ich glaube nicht, dass er normale Erfahrungen mit Frauen hat.«
    Ich reagierte immer noch abschätzig. »Höchstwahrscheinlich mit Prostituierten. Wenn ihm überhaupt daran gelegen ist.«
    »In dem Fall war er vielleicht in Akrokorinth, um Befriedigung im Tempel der Aphrodite zu finden. Wir können die Frauen dort fragen, wenn wir nach Korinth zurückkehren.«
    »Sie werden uns nichts sagen. Bis dahin haben sie ihn längst vergessen. Huren haben ein kurzes Gedächtnis. Wer kann ihnen das angesichts ihrer Lebensweise verdenken?«
    »Er riecht«, erwiderte Helena. »Ich weiß, du wirst sagen, Prostituierte begegnen vielen Stinkern, aber zusammen mit seinem merkwürdigen Verhalten wird es Aufmerksamkeit erregen, da bin ich sicher. Oh, allerdings würde ihn niemand jemals als ›gut gekleidet‹ bezeichnen, Marcus!«
    Vielleicht wusch er sich und zog sich besser an, wenn er zu den Damen der Nacht ging. Doch ich glaubte, dass Helena recht hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich Volcasius für irgendjemanden in Schale warf. Selbst wenn er zu Prostituierten ging, würde er sie verachten.
    »Das ist eine falsche Fährte, Marcus.«
    Ich ließ mich von Helena beruhigen, grübelte aber den Rest der Seereise darüber nach. Wenigstens lenkte es mich davon ab, wie

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