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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Falls die Beschreibung zutraf, musste dieser gutgekleidete Mann Cleonymus und mir hinaufgefolgt und dann umgekehrt sein.
     
    Mit großen Schwierigkeiten gelang es uns, die Leiche zu bergen. Es dauerte über eine Stunde, und als wir Cleonymus endlich zum unteren Teil des Weges gebracht hatten, war er schon zu lange bei seinen Vorfahren, um noch wiederbelebt werden zu können. Um seinetwillen hoffte ich, dass der Tod rasch eingetreten war. Wir legten ihn sanft zu Boden. Ich nahm ihm seinen Schmuck und die Geldbörse zur Aufbewahrung ab und deckte ihn dann mit meinem Mantel zu. Einer der Helfer besaß ein Transportmittel. Er versprach, die Leiche zur Residenz des Statthalters zu überführen. Aquillius konnte die Verantwortung übernehmen.
    Ich rief Nux zu mir. Sie kam nur langsam, bewegte sich immer noch, als hätte jemand sie in die Rippen getreten. Beim Hochheben jaulte sie vor Schmerz. Während ich sie durch Korinth trug, lag sie matt in meinen Armen, zitternd und mit herabhängender Rute.
    Der Freigelassene hatte mir heute ein paar neue Fakten mitgeteilt. Er hatte noch mehr gewusst, dessen war ich mir sicher. Jetzt blieb ich entmutigt zurück und überlegte, ob jemand sein Wissen für so gefährlich gehalten hatte, dass er ihn zum Schweigen bringen musste. Hatte Cleonymus von etwas erfahren, was Turcianus Opimus wusste? Waren die beiden Reisenden von derselben Person aus demselben Grund umgebracht worden?
    Ich führte mir vor Augen, wie ich Cleonymus zurückgelassen hatte, an einer absolut sicheren Stelle, mit Nux zufrieden zu seinen Füßen. Er hatte sich nur eine Weile ausruhen wollen. Es war unwahrscheinlich, dass sich Cleonymus in der kurzen Zeit, die ich gebraucht hatte, um die obere Peirene-Quelle zu erreichen, die Trinkflasche zu füllen und eine Frau zu beleidigen, von seinem Ruheplatz wegbewegt hatte.
    Irgendwas hatte seinen Absturz ausgelöst. Meine Hündin hatte es gesehen. Für mich klang es, als hätte dieser »teuergekleidete Mann« Cleonymus hinabgestoßen und Nux getreten, vielleicht, als sie versuchte den Freigelassenen zu verteidigen. Nux war nicht fähig, es mir zu erklären, aber ich streichelte sie, um uns beide zu trösten. Jetzt blieb es mir überlassen, Cleonyma die traurige Nachricht zu überbringen. Solche Aufgaben waren mir immer verhasst. Sie wurden noch schlimmer, wenn das Opfer jemand war, dessen Großzügigkeit und Intelligenz ich zu schätzen gelernt hatte.
    Am schlimmsten war es, wenn ich den Verdacht hatte, dass der »Unfall«, der ihn getötet hatte, überhaupt kein Unfall gewesen war.
     
    XXXV
    Die Frauen kreischten vor Lachen, als Helena und ich den Innenhof des Gasthauses betraten. Die meisten der Reisegruppe saßen hier im Helios. Alle schienen leicht betrunken. Mir kam der Tag bereits endlos vor, doch es war erst kurz nach Mittag. Helena drückte mir ermutigend die Hand. Nux wurde von Albia gepflegt. Die Hündin hatte uns fast nicht gehen lassen wollen.
    Innerhalb weniger Minuten war meine Aufgabe erledigt, und niemand lachte mehr.
    Die Stimmung wurde gedrückt. Cleonyma saß reglos da, versuchte in sich aufzunehmen, was ich gesagt hatte. Helena und Cleonymas Freundin Minucia warteten darauf, sie zu trösten, doch bisher bestand die Reaktion der Witwe aus Ungläubigkeit. Es gab Fragen, die ich ihr dringend stellen musste, aber nicht jetzt. Sie konnte nicht sprechen. Nach einer Weile beugte sie den Kopf ein wenig zurück. Unwillkürlich rannen ihr Tränen über die geschminkten Wagen, aber sie beachtete sie nicht. Bald hatte sie sich wieder gefangen.
    »Wir hatten ein hartes Leben und dann ein gutes«, verkündete sie, an niemand Bestimmten gewandt. »Wir waren echte Freunde und Geliebte. Mehr kann man nicht verlangen.«
    Sie hätte verlangen können, es länger zu genießen.
    Sie war extravagant und laut, besaß jedoch, genau wie ihr Mann, unter dieser Fassade eine ungewöhnliche Bescheidenheit. Das Paar war menschlich und anständig gewesen. Helena und ich hatten ihnen Achtung entgegengebracht. Da es so wenige Beweise gab, hatten wir beschlossen, dass ich meine Befürchtungen über das, was geschehen war, für mich behielt – doch ich schwor mir innerlich, sollten sich diese Befürchtungen als zutreffend erweisen, würde ich denjenigen aufspüren, der Cleonymus über die Felswand gestoßen hatte.
     
    Cleonyma hatte die Augen geschlossen. Kummer begann sie zu überwältigen. Minucia rückte näher und griff nach der Hand der Freundin. Während sie das tat, warf sie mir

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