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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Helena.
     
    Ich besaß keine Beweise gegen Phineus. Ich war noch nicht bereit, ihn zu beschuldigen. Ich wagte nicht mal, ihm so gezielte Fragen zu stellen, dass er erriet, was ich dachte. Ich konnte nicht riskieren, ihn abzuschrecken.
    Ich würde die anderen weiterhin beobachten. Aber ich hatte ihn jetzt im Visier.
     
    XXXVI
    Bei der Rückkehr zum Elefant stellte ich erleichtert fest, dass sich die Bauarbeiter den Nachmittag freigenommen hatten. Ich hätte ihre staubigen, lärmenden Renovierungsarbeiten nicht ertragen. Der Wirt lungerte im Hof herum. Er hatte gehört, dass wir mit dem tödlichen Unfall in Verbindung standen. Das machte uns interessant, als würde uns ein Todesfall magische Eigenschaften verleihen. Ich fragte ihn, wie die Öffentlichkeit darauf reagiere. Er sagte, es gehe das Gerücht, Cleonymus sei abgestürzt, weil er betrunken war. Ich knurrte, die Öffentlichkeit bestehe nur aus Idioten, und wimmelte ihn ab.
    An einer freien Stelle des Innenhofs hockten Albia und meine beiden Neffen um Nux herum. Die Hündin lag in einem Korb, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, und spielte die tapfere Invalidin. Als ich mich näherte, erlaubte sie dem hinteren Drittel ihrer kurzen Rute ein Zucken und hob mir die Nase entgegen. Ich kniete mich neben sie und legte ihr die Hand auf die Flanke. Hinter den verfilzten Fellfransen blitzte Panik in ihren Augen auf, doch es gelang ihr, nicht zu winseln.
    »Der Hund hat richtig Prügel gekriegt!«, rief Gaius aus. Er schien mehr Bewunderung für den Prügler zu haben als für Nux’ tapferes Ertragen der Schmerzen. Ich hob meine Hand von ihren Rippen, wo das kleine Herz geklopft hatte. Sie sank vorsichtig zurück und ließ sich von mir den Kopf streicheln. Nach einem Moment leckte sie mir sogar traurig die Hand, um zu zeigen, dass sie mir nicht böse war.
    »Guter Hund. Du bist jetzt bei uns in Sicherheit … Wer hat dir weh getan, mein Mädchen?«
    Nux drückte ihre heiße Nase gegen meine Handfläche. Normalerweise fand ich das widerlich, aber ich ließ sie gewähren.
    Albia, der Helena und ich zum ersten Mal begegnet waren, als sie ein paar Hunde bei einem Hausbrand rettete, erhob sich aus ihrer gebückten Haltung. »Können wir sicher sein, dass du es nicht warst, Marcus Didius?«
    Ich war entsetzt. »Daran darfst du nicht mal denken!« Ich starrte das Mädchen an. Ihr früheres Leben war brutal gewesen, was wir nur viel zu leicht vergaßen. Sie musste immer noch viel über Vertrauen lernen und wann man es anwandte. »Nux ist ein Straßenköter mit abstoßenden Angewohnheiten – aber sie gehört mir.« Ich habe sie genauso von der Straßen aufgelesen wie dich, Albia, dachte ich, sagte es jedoch nicht.
    Gaius und Cornelius nahmen mich für meinen Geschmack ein bisschen zu scharf aufs Korn. Und Albia sagte: »Der junge Glaucus glaubt, du tötest Menschen.«
    »Ich weiß nicht, was ihm sein Vater erzählt hat, um Glaucus auf diese Idee zu bringen.«
    »Onkel Marcus war in der Armee«, erklärte Cornelius und versuchte sich davon zu überzeugen, dass das alles entschuldigte. Womit er recht hatte.
    »Onkel Marcus sieht wie ein Hanswurst aus, ist aber insgeheim gefährlich«, sagte Gaius kichernd.
    Ich hatte einen schweren Tag hinter mir. »Hört gefälligst auf damit!«
    »Wer war dabei, als der Mann abstürzte?«, wollte Albia mit strenger Stimme wissen. Wenigstens hatte sie von Helena und mir gelernt, wie man ein Rätsel angeht. Unbeholfen kam ich hoch und sank auf eine Steinbank. Momentan war ich kaum der kaltschnäuzige Knochenknacker, den sie in mir sehen wollten. Ich muss so ausgeschaut haben, wie ich mich fühlte – erschöpft, deprimiert und voller Schuldgefühle.
    Da ich ihr nicht geantwortet hatte, wiederholte Albia ihre Frage. Ich zwang mich, ihr zu antworten. »Gewiss ist nur, dass ich Nux bei dem Freigelassenen zurückließ, der dann abgestürzt ist.«
    »Mochte Cleonymus Hunde oder nicht?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wir können jemanden fragen«, entschied Albia. »Wenn er Hunde hasste, könnte er Nux getreten haben.«
    »Cleonymus saß ganz friedlich mit Nux da, als ich sie verließ.«
    »Und war
Nux
glücklich mit
ihm?
«, fragte mich das Mädchen nachdrücklich.
    »Sonst hätte ich sie nicht bei ihm gelassen.«
    Von dieser misstrauischen Bande ins Verhör genommen zu werden war das Letzte, was ich an diesem Abend beim Heimkommen erwartet hatte. Gaius und Cornelius hatten sich um Nux geschart und waren wie Albia mehr besorgt um die Hündin als um

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