Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
machte ihn um so unwilliger, als er dann und wann von seinem Sitze vor dem Spiegel aus gewisse unbedeutende Vertraulichkeiten zärtlicher Natur bemerkte, die zwischen dem großen Mann und der Witwe vorgingen. Sie bestätigten hinlänglich, daß der große Mann sich einer mit seiner Größe im Verhältnis stehenden Gunst erfreute,
Tom war ein großer Freund von warmem Punsch – ich darf sagen ein sehr großer Freund von warmem Punsch – und nachdem seine launische Mähre gut untergebracht und versorgt war, und er selbst das köstliche warme Abendessen, das ihm die muntere Witwe mit eigenen Händen angerichtet, bis auf den letzten Bissen einverleibt hatte, bat er zur Probe um ein Glas von seinem Lieblingsgetränk. Nun gab es im ganzen Kapitel der Haushaltungskunst nicht einen Artikel, auf den sich die Witwe besser verstand, als die Punschbereitung. Das erste Glas sagte Tom Smarts Gaumen so sehr zu, daß er darum ersuchte, ihm möglichst rasch ein zweites zu servieren. Warmer Punsch ist etwas Angenehmes – meine Herren – etwas höchst Angenehmes unter allen Umständen. Aber in der bequemen alten Stube, vor dem knisternden Feuer, während der Wind draußen tobte, daß alle Balken im ganzen Hause krachten, fand ihn Tom Smart über alle Maßen köstlich. Er ließ sich noch ein Glas geben, und dann noch eins – ich weiß nicht genau, ob er nach diesem nicht noch eins trank – aber je mehr er warmen Punsch trank, desto mehr dachte er an den großen Mann.
›Verdammte Unverschämtheit‹, sagte Smart bei sich selbst: ›was hat er in dem behaglichen Schenkstübchen zu tun? Und noch obendrein so ein häßlicher Kerl!‹ sagte Tom. ›Wenn die Witwe nur irgend Geschmack hätte, würde sie sich sicherlich einen Besseren erwählen.‹ Hier wandte sich Toms Auge von dem Spiegelglas nach dem Trinkglas, und da er allgemach sentimental wurde, leerte er das vierte Glas Punsch und befahl ein fünftes,
Tom Smart, meine Herren, hatte immer große Neigung zum Gastwirtleben. Sein Ehrgeiz hatte schon lange danach getrachtet, in einem Schenkstübchen zu stehen, das er sein eigen nennen könnte, angetan mit einem grauen Rock, kurzen Hosen und Stulpenstiefeln. Er setzte großen Wert darein, bei geselligen Mahlzeiten den Vorsitz zu führen, und dachte oft daran, wie wohl es ihm anstehen würde, in seinem eigenen Zimmer die Unterhaltung zu leiten, und und mit welch trefflichem Beispiel er seinen Kunden in der Trinkstube vorangehen könnte.
Alle diese Gedanken gingen Tom rasch durch den Kopf, als er vor dem knisternden Feuer beim warmen Punsche saß. Er fühlte sich beleidigt, daß der große Mann auf so gutem Wege sein sollte, ein solch treffliches Haus zu erobern, während er, Tom Smart, so weit davon entfernt war, wie je. Nachdem er so bei seinen letzten zwei Gläsern mit sich zu Rate gegangen war, ob er ein begründetes Recht hätte, einen Streit mit dem großen Mann darüber anzufangen, daß er in der Gunst der muntern Witwe so große Fortschritte gemacht habe, kam Tom Smart endlich zu der Überzeugung, er sei eben ein geschlagener und vom Schicksal verfolgter Mann und tue wohl am besten, wenn er jetzt zu Bett gehe.
Das schmucke Dienstmädchen leuchtete Tom über eine breite, alte Treppe voran, indem sie die Hand ans Licht hielt, damit es der Wind, der in einem solchen alten Gebäude leicht überall durchstreicht, nicht ausblasen sollte, aber diese Vorsichtsmaßregel erreichte ihren Zweck nicht. Er blies es doch aus und gab dadurch Toms Feinden Gelegenheit zu der Behauptung, er habe das Licht ausgelöscht, und nicht der Wind, und unter dem Vorwande, es wieder anzublasen, das Mädchen geküßt. Wie dem auch sei, es wurde ein anderes Licht gebracht und Tom durch eine Menge Gemächer und ein Labyrinth von Gängen in ein Zimmer geführt, das zu seiner Aufnahme hergerichtet worden. Das Mädchen wünschte gute Aacht und ließ ihn allein.
Es war ein großes, geräumiges Zimmer mit hohen Schränken und einem Bett, das für ein ganzes Alumnat Raum genug gehabt hätte, ein paar eiserne Truhen nicht zu erwähnen, die das Gepäck einer kleinen Armee hätten in sich aufnehmen können. Aber, was Toms Augen am meisten auffiel, war ein sonderbarer, unheimlich aussehender Lehnstuhl mit hohem Rücken und höchst phantastischem Schnitzwerk. Er hatte einen Überzug von geblümtem Damast, und die runden Knäufe seiner Beine waren sorgfältig mit einem roten Tuche umwunden, als hätte er Gicht in den Zehen. Von jedem andern sonderbaren Stuhle würde
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