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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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wurde und drei oder vier weibliche Stimmen die Frage wiederholten – »wer ist da?«
    Herr Pickwick rührte weder Hand noch Fuß. Es war klar, daß sich das ganze Haus in Aufruhr befand; darum faßte er den Entschluß, zu bleiben, wo er war, bis sich der Lärm gelegt hätte, und dann eine übernatürliche Anstrengung zu machen, über die Mauer zu gelangen oder im Versuche umzukommen.
    Gleich allen Entschlüssen Pickwicks war dies der beste, den er unter diesen Umständen fassen konnte; aber unglücklicherweise war er auf die Voraussetzung gegründet, sie würden es nicht wagen, die Tür zu öffnen. Wie groß war seine Bestürzung, als er Schloß und Riegel gehen hörte und die Tür sich immer weiter und weiter öffnen sah. Schritt für Schritt zog er sich in die Ecke zurück. Aber er mochte machen, was er wollte, so konnte er es nicht verhindern, daß seine Person dem weiteren Vordringen der Türe ein Ziel setzte.
    »Wer ist hier?« kreischte von der Treppe her ein zahlreicher Chor von Stimmen, die der Jungfer Vorsteherin, den Lehrerinnen, fünf weiblichen Dienstboten und dreißig Schülerinnen angehörten, alle halb gekleidet und in einem Wald von Haarwickeln.
    Natürlich sagte Herr Pickwick nicht, wer hier war, und dann ging die Weise des Chors über in ein – »Ach Gott! bin ich erschrocken.«
    »Köchin«, rief die Dame des Hauses, die die Vorsicht beobachtet hatte, oben auf der Treppe zuhinterst der ganzen Gruppe stehenzubleiben. – »Köchin, warum gehen Sie nicht ein paar Schritte in den Garten vor?«
    »Verzeihung, Madame, ich habe keine Neigung dazu«, antwortete die Köchin.
    »Huch, nein! was ist die Köchin für ein dummes Ding«, riefen die dreißig Schülerinnen.
    »Köchin«, sagte die Dame des Hauses mit größter Würde: »halten Sie bitte keine Gegenansprachen. Ich bestehe darauf, daß Sie sogleich im Garten nachsehen.«
    Hier fing die Köchin zu weinen an, und das Stubenmädchen sagte, »es wäre eine Schande!« eine Teilnahme, für die ihm augenblicklich aufgesagt wurde.
    »Hören Sie, Köchin?« fragte die Dame des Hauses, ungeduldig mit dem Fuße stampfend.
    »Hörten Sie Ihre Gebieterin nicht, Köchin?« sagten die drei Lehrerinnen.
    »Was für ein dreistes Ding, diese Köchin!« riefen die dreißig Schülerinnen.
    Die unglückliche Köchin, also gedrängt, trat einen oder zwei Schritte vorwärts, und ihr Licht so haltend, daß sie überhaupt nirgends etwas sehen konnte, erklärte sie, es sei nichts da und es müsse der Wind gewesen sein. So sollte eben das Tor geschlossen werden, als eine wißbegierige Schülerin, die zwischen den Angeln durchgespäht hatte, ein furchtbares Geschrei anhob, das die Köchin, das Stubenmädchen und alle Verwegeneren im Augenblicke wieder zurückrief.
    »Was ist denn los, Miß Smithers?« fragte die Dame des Hauses, als die besagte Miß Smithers in hysterische Krämpfe verfiel, als ob sie die Kräfte von vier jungen Ladies hätte.
    »Mein Gott, liebe Miß Smithers«, sagten die übrigen neunundzwanzig Schülerinnen,
    »Ach, ein Mann – ein Mann hinter der Tür«, kreischte Miß Smithers.
    Die Dame des Hauses hörte nicht so bald diesen erschrecklichen Ruf, als sie sich in ihr Schlafgemach zurückzog, die Tür doppelt verriegelte und ganz regelrecht in Ohnmacht fiel. Die Schülerinnen und Lehrerinnen und die Mägde fielen rückwärts die Treppe hinauf und aufeinander. Nie ward noch ein solches Schreien, In-Ohnmacht -Fallen und Händeringen erlebt. Mitten aber in der Verwirrung tauchte Herr Pickwick aus seinem Verstecke hervor und zeigte sich.
    »Meine Damen – meine lieben Damen«, sagte Pickwick.
    »Ach, er nennt uns Liebe«, rief die älteste und häßlichste Lehrerin. »O der Elende.«
    »Meine Damen«, schrie Herr Pickwick, durch das Gefährliche seiner Lage zur Verzweiflung gebracht. »Hören Sie mich an, ich bin kein Räuber. Ich wünsche mit der Dame des Hauses zu sprechen.«
    »Ach, welch fürchterliches Ungeheuer!« rief eine andere Lehrerin. »Er wünscht Miß Tomkins zu sprechen.«
    Hier ertönte ein allgemeines Geschrei.
    »Ziehe jemand die Sturmglocke«, rief ein Dutzend Stimmen.
    »Tun Sie das nicht – tun Sie das nicht«, schrie Herr Pickwick. »Sehen Sie mich an. Sehe ich einem Räuber gleich? Meine lieben Damen – Sie dürfen mir Hände und Füße binden oder mich in eine Kammer sperren, wenn es Ihnen beliebt. Nur hören Sie, was ich zu sagen habe. Nur hören Sie mich.«
    »Wie kamen Sie in unsern Garten?« stotterte das

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