Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
der übrigen bekrittelten, das schlechteste Unkraut auf der schönen Erde waren; und alles Gute der Welt gegen das Böse haltend, gelangte er zu dem Schluß, daß es trotz allem eine sehr ordentliche und achtbare Welt sei. Kaum hatte er sich dieses Urteil gebildet, als die Wolke, die das letzte Bild verhüllt hatte, sich auf seine Sinne lagerte und ihn in Schlummer wiegte. Ein Gespenst nach dem andern zerfloß vor seinen Augen, und als das letzte verschwunden war, sank er in Schlaf.
    Der Tag war angebrochen, als Gabriel Grub erwachte und seiner ganzen Länge nach auf dem platten Grabstein auf dem Kirchhof lag, und neben ihm die leere Weidenflasche und Rock, Spaten und Laterne – alles vom nächtlichen Reif überzogen. Der Stein, auf dem er das Gespenst hatte sitzen sehen, stand bolzgerade vor ihm, und nicht weit von ihm war das Grab, an dem er am Abend zuvor gearbeitet. Anfangs zweifelte er an der Wirklichkeit dessen, was er erlebt hatte. Aber der stechende Schmerz in seinen Schultern, wenn er aufzustehen versuchte, brachte ihn zur Überzeugung, daß die Austritte der Gespenster keine Phantasiebilder waren. Er wurde wieder unschlüssig, als er keine Fußtapfen im Schnee bemerkte, in dem die Gespenster mit den Grabsteinen Bockspringen gespielt hatten. Aber schnell erklärte er sich diesen Umstand, als er sich erinnerte, daß es Geister waren, die keine sichtbaren Eindrücke hinterlassen konnten, Gabriel Grub erhob sich also, so gut es ihm seine Rückenschmerzen erlaubten, und den Reif von seinem Rock schüttelnd, zog er sich an und kehrte sein Gesicht der Stadt zu.
    Aber er war jetzt ein anderer Mensch und konnte den Gedanken nicht ertragen, an einen Ort zurückzukehren, wo man über seine Reue gespottet und seiner Bekehrung mißtraut hätte. Er schwankte einen Augenblick, dann wandte er sich nach einer andern Seite und verfolgte den nächsten besten Weg, wohin er auch führen mochte, um sein Brot an einem andern Ort zu suchen.
    Laterne, Spaten und Weidenflasche wurden am nämlichen Tag auf dem Kirchhof gefunden. Anfangs stellte man allerlei Vermutungen über das Schicksal des Totengräbers an, aber bald setzte sich der Glaube fest, er sei von den Gespenstern entführt worden. Es fehlte nicht an sehr glaubwürdigen Zeugen, die ihn auf dem Rücken eines kastanienbraunen, einäugigen Rosses, mit dem Hinterteil eines Löwen und dem Schwanz eines Bären, deutlich durch die Luft hatten reiten sehen. Endlich wurde das alles steif und fest geglaubt, und der neue Totengräber pflegte den Neugierigen gegen ein geringes Trinkgeld ein recht ansehnliches Stück von dem Wetterhahn der Kirche zu zeigen, das von dem vorbesagtcn Pferde auf seiner Luftfahrt zufälligerweise abgestoßen und ein oder zwei Jahre nachher von ihm auf dem Kirchhof gefunden worden war.
    Unglücklicherweise wurde der Glaube an diese Geschichte durch die unerwartete Erscheinung Gabriel Grubs selbst erschüttert. Er war jetzt zehn Jahre älter, ein geplagter, von der Gicht heimgesuchter, aber zufriedener Greis, und erzählte seine Geschichte dem Pfarrer und auch dem Bürgermeister. Im Laufe der Zeit wurde sie zur historischen Tatsache erhoben, als die sie noch bis auf diesen Tag gilt. Die aber, die an die Wetterhahngeschichte geglaubt und also ihren Glauben einmal verschwendet hatten, waren nicht so leicht zu bewegen, ihn zum zweiten Male aufs Spiel zu setzen, und so taten sie denn so weise wie sie konnten. Sie zuckten die Achseln, schüttelten die Köpfe und murmelten so etwas, als ob Gabriel Grub den Wacholderschnaps ganz ausgetrunken hätte, dann auf dem platten Grabsteine eingeschlafen wäre, und erklärten das, was er in der Gespensterhöhle gesehen haben wollte, dadurch, daß sie sagten: er habe die Welt gesehen und sei durch Erfahrung klüger geworden. Aber diese Ansicht, die nie viele Anhänger zählte, verlor sich allmählich, und die Sache mag sich nun verhalten wie sie will, da Gabriel Grub bis ans Ende seiner Tage von der Gicht heimgesucht wurde, so enthält diese Geschichte wenigstens eine Moral, und wenn sie auch nichts Besseres lehrt, so lehrt sie doch soviel: Wenn ein Mann um Weihnachten trübsinnig ist und für sich trinkt, so wird dadurch sein Befinden nicht im geringsten gebessert, das Getränk mag so gut sein, wie es will, oder sogar noch um viele Grade besser als das, was Gabriel Grub in der Gespensterhöhle sah.

Einunddreißigstes Kapitel
    Wie sich die Pickwickier die Bekanntschaft einiger feiner junger Männer aus einer liberalen

Weitere Kostenlose Bücher