Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
Geschäftsbränche zunutze machen; wie sie sich auf dem Eise belustigen, und wie ihr Besuch endete.
»Nun, Sam«, sagte Herr Pickwick, als dieser geschätzte Diener am Morgen des Christtags mit warmem Wasser in sein Schlafzimmer trat, »ist’s noch immer gefroren?«
»Das Wasser im Waschbecken hat eine Eismaske vorgenommen, Sir«, antwortete Sam.
»Strenges Wetter, Sam«, bemerkte Herr Pickwick.
»Prächtiges Wetter, wenn man einen guten Pelz an hat, wie der Eisbär zu sich selbst sagte, als er sich im Schlittschuhlaufen erprobte«, erwiderte Herr Weller.
»Ich werde in einer Viertelstunde unten sein, Sam«, sagte Herr Pickwick, indem er seine Nachtmütze losband.
»Sehr wohl, Sir«, erwiderte Sam. »Es sind ein paar Beinsäger drunten.«
»Ein paar was?« rief Herr Pickwick aus, indem er sich im Bett aufrichtete.
»Ein paar Knochensäger«, sagte Sam.
»Was ist denn das, Knochensäger?« fragte Herr Pickwick, nicht ganz gewiß, ob es ein lebendige« Geschöpf sei, oder etwas zu essen.
»Wie? wissen Sie nicht, was ein Knochensäger ist, Sir?« fragte Herr Weller: »ich dachte, jeder Mensch wüßte, daß ein Knochensäger ein Wundarzt ist.«
»O, ein Wundarzt also?« sagte Herr Pickwick lächelnd,
»Allerdings, Sir«, erwiderte Sam. »Die unten Befindlichen sind jedoch keine regelrecht durchstudierten Knochensäger, sondern nur ein paar Lehrlinge.«
»Mit andern Worten, sie sind Medizin Studierende, vermutlich?« sagte Herr Pickwick.
Sam Weller nickte.
»Das freut mich«, sagte Herr Pickwick und warf seine Nachtmütze kräftig auf die Bettdecke. »Das sind prächtige Kerle, vortreffliche Kerle, mit einem Urteil, das durch Beobachtung und Reflexion gereift ist, mit einem durch Lektüre und Studium verfeinerten Geschmack. Die Nachricht freut mich sehr.«
»Sie rauchen Zigarren beim Küchenfeuer«, sagte Sam.
»Ach«, bemerkte Herr Pickwick, indem er sich die Hände rieb, »sich gütlich tun bei geistigen Getränken – das sehe ich gern.«
»Und einer von ihnen«, fuhr Sam fort, ohne auf seines Herrn Unterbrechung zu achten, »einer von ihnen streckt seine Beine auf den Tisch und trinkt den puren Branntwein, während der andere – der mit der Brille – ein Fäßchen Austern zwischen seinen Beinen hat: er öffnet die Schalen wie mit Dampfkraft, und sobald er den Inhalt geleert hat, zielt er mit demselben nach unserm jungen Wassersüchtling, der fest eingeschlafen in der Kaminecke sitzt.«
»Exzentrizitäten des Genies, Sam« – sagte Herr Pickwick. »Du kannst gehen.«
Sam entfernte sich also, und Herr Pickwick ging nach Verlauf einer Viertelstunde zum Frühstück hinunter.
»Da ist er endlich«, sagte der alte Wardle. »Pickwick, das ist Miß Allens Bruder, Herr Benjamin Allen – Ben nennen wir ihn, und so können Sie ihn auch nennen, wenn Sie wollen. Dieser Herr ist sein spezieller Freund, Herr –«
»Herr Bob Sawyer«, unterbrach ihn Herr Benjamin Allen, worauf Herr Bob Sawyer und Herr Benjamin Allen zusammen lachten.
Herr Pickwick verbeugte sich gegen Bob. Sawyer und Bob Sawyer verbeugte sich gegen Herrn Pickwick; Bob und sein spezieller Freund machten sich hierauf mit großem Eifer über das ihnen vorgesetzte Essen her; und Herr Pickwick hatte Gelegenheit, beide näher zu beobachten.
Herr Benjamin Allen war ein kräftiger, derbgliederiger, untersetzter junger Mann, mit schwarzem, kurzgeschnittenem Haar und blassem, etwas langem Gesicht. Er hatte eine Brille und trug ein weißes Halstuch. Unter seinem einfachen schwarzen Oberrock, der bis ans Kinn zugeknöpft war, erschien die übliche Zahl pfeffer- und salzfarbiger Beine, die in ein paar halbgeputzter Stiefel endigten. Obwohl die Ärmel seines Rockes kurz waren, zeigte sich doch keine Spur von Manschetten. Auch sein Gesicht, das lang genug war, um eine Verkürzung durch Vatermörder zu ertragen, ließ auch nicht die entfernteste Andeutung eines solchen Weißzeugs blicken. Überhaupt schien das ganze Äußere des Jünglings vom Meltau befallen zu sein, während es zugleich ziemlich nach den Wohlgerüchen Kubas duftete.
Herr Bob Sawyer war in einen groben blauen Rock gekleidet, der weder ein Überrock noch ein Oberrock war, vielmehr Natur und Eigenschaften von beiden teilte. Herr Sawyer zeigte jene nachlässige Geziertheit und Renommiersucht junger Herren, die in den Straßen bei Tag rauchen, bei Nacht in ihnen toben und lärmen, die Kellner vertraut beim Vornamen rufen und diverse sonstige Handlungen kurzweiliger Art sich zuschulden
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