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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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kam Herr Weller senior auf das zu sprechen, weswegen er seinen Sohn hatte rufen lassen.
    »Vor allem, Sammy«, sagte er, »wollen wir von deinem Herrn sprechen. Wird nicht sein Prozeß morgen verhandelt werden?«
    »Allerdings«, erwiderte Sam.
    »Schön«, sagte Herr Weller; »ich habe gedacht, er werde vielleicht einige Zeugen nötig haben, um seinen guten Ruf oder vielleicht auch ein Alibi nachzuweisen. Die ganze Geschichte ist mir lange im Kopfe herumgegangen, und er kann jetzt ganz ohne Sorgen sein, Sammy. Ich habe einige Freunde zusammengebracht, die beides für ihn tun wollen; nur wäre mein Rat der, man sollte auf dem guten Ruf nicht so fest bestehen und sich mit dem Alibi begnügen. Ich versichere dich, Sammy, es geht nichts über ein Alibi.«
    Herr Weller blickte sehr gelehrt um sich, als er dieses sein Rechtsgutachten abgab; dann begrub er seine Nase in dem Humpen und blinzelte über den Rand desselben hinüber seinem erstaunten Sohne zu.
    »Tja, was meint Ihr denn?« fragte Sam; »glaubt Ihr vielleicht, sein Prozeß werde in Old Bailen   verhandelt werden?«
    »Das kommt hier gar nicht in Betracht, Sammy«, entgegnete Herr Weller. »Die Sache mag abgehandelt werden, wo sie will, ein Alibi muß seine Freisprechung bewirken. Wir brachten Tom Wildspark, der auf Totschlag angeklagt war, mit einem Alibi los, als alle die gelehrten Perücken meinten, ihn könne nichts mehr retten. Wenn daher dein Herr kein Alibi nachweisen kann, so ist er futsch, wie die Italiener sagen.«
    Da der ältere Herr Weller die feste und unabänderliche Überzeugung in sich trug, Old Bailey sei der oberste Gerichtshof des Landes, und nach seinen Rechten und Formen müssen sich alle übrigen richten, so achtete er sehr wenig auf die Versicherungen und Beweisgründe seines Sohnes, der ihm auseinandersetzen wollte, daß ein Alibi hier nichts nütze. Er behauptete mit großer Heftigkeit, in diesem Fall werde Herr Pickwick ein Opfer. Als Sam sich endlich überzeugt hatte, daß weiteres Streiten über diesen Gegenstand doch zu nichts führen würde, brach er ab und fragte nach dem zweiten Punkt, worüber sein verehrter Vater sich mit ihm zu beraten wünsche.
    »Es betrifft die häuslichen Angelegenheiten, Sammy«, sagte Herr Weller. »Dieser Stiggins da –«
    »Der Rotnasige?« fragte Sam.
    »Ja, derselbe«, erwiderte Herr Weller. »Dieser rotnasige Schuft besucht deine Stiefmutter mit einer Freundlichkeit und Beharrlichkeit, die ihresgleichen sucht. Er ist ein solcher Freund unserer Familie, Sammy, daß es ihm außerhalb unseres Hauses nirgends wohl ist, wofern er nicht irgendein Andenken an uns hat.«
    »An Eurer Stelle«, sagte Sam, »würde ich ihm einen Denkzettel auf den Rücken schreiben, den er mir die nächsten zehn Jahre nicht vergessen sollte.«
    »Soll er auch bekommen«, fuhr Herr Weller fort; »ich wollte eben sagen, daß er jedesmal eine Flasche mitbringt, die anderthalb Maß hält, und sie mit Ananasgrog füllt, ehe er geht.«
    »Und wahrscheinlich jedesmal leert, bevor er wiederkommt?« fragte Sam.
    »Bis auf den letzten Tropfen«, erwiderte Herr Weller. »Er läßt nichts mehr darin, als den Korken und den Geruch. Diese Spitzbuben wollen heute nacht an der monatlichen Versammlung der Brick-Lane-Abteilung des vereinigten großen Ebenezer- Mäßigkeitsvereins teilnehmen. Deine Stiefmutter wollte auch hingehen, Sammy, allein sie hat sich erkältet und kann nicht; nun habe ich die beiden Einlaßkarten zu mir gesteckt, die ihr geschickt wurden.«
    Herr Weller teilte dieses Geheimnis seinem Sohne sehr fidel mit und blinzelte ihm so unermüdlich zu, daß Sam beinahe glaubte, er habe einen Krampf in seinem rechten Augenlid.
    »Was ist denn da zu tun?« fragte der junge Gentleman.
    »Das will ich dir sagen«, fuhr sein Erzeuger fort, indem er sehr vorsichtig um sich blickte; »wir beide wollen heute abend zur rechten Zeit hingehen. Und der Hirtenhelfer will nicht, Sammy, der Hirtenhelfer will nicht.«
    Hier fing Herr Weller wie närrisch an, aus vollem Halse zu lachen, und lachte so lange, wie es ein ältlicher Herr nur wagen kann, wenn er nicht geradezu ersticken will.
    »Meiner Lebetage habe ich noch nie so einen komischen alten Kauz gesehen«, rief Sam, dem alten Herrn derb den Rücken reibend, als ob er Feuer herausschlagen wollte. »Bitte lacht Euch nur nicht zu Tode; bei Eurer Korpulenz kann leicht etwas passieren.«
    »Sammy«, flüsterte Herr Weller, mit größerer Vorsicht um sich blickend; »ich muß dir etwas

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