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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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der Apotheker, indem er mit großer Fassung seinen Sitz einnahm, »daß ich niemand, als einen Laufbuben in meinem Laden zurückgelassen habe. Es ist ein recht wackerer Knabe, Mylord, der sich aber auf die Arzneimittel noch nicht ganz versteht, und ich weiß, daß er besonders die Eigenheit hat, Sauerkleesäure für Epsomsalz und Laudanum für Sennessyrup anzusehen. Das ist alles, Mylord.«
    Nach dieser Rede setzte sich der lange Apotheker in eine behagliche Stellung, nahm eine zufriedene Miene an und schien auf das Schlimmste gefaßt zu sein.
    Herr Pickwick betrachtete ihn eben mit Gefühlen des tiefsten Grauens, als im Hintergrund des Saales eine Bewegung entstand, und unmittelbar darauf wurde Frau Bardell, gestützt auf Frau Cluppins, in einem schmachtenden Zustande hereingeführt und ihr am andern Ende derselben Bank, worauf Herr Pickwick saß, ein Platz angewiesen. Herr Dodson reichte ihr einen Schirm von ungewöhnlicher Größe, Herr Fogg ein paar Überschuhe, und diese beiden Herren hatten für die heutige Sitzung höchst mitleidsvolle und melancholische Gesichter angenommen. Sodann erschien Frau Sanders, die den jungen Bardell hereinführte. Beim Anblick ihres Kindes fuhr Frau Bardell auf, dann aber faßte sie sich schnell wieder und küßte es wie wahnsinnig. Sofort versank die gute Dame aufs neue in einen Zustand hysterischer Stumpfheit und fragte, wo sie denn eigentlich sei? Statt aller Antwort wandten Frau Cluppins und Frau Sanders die Köpfe von ihr ab und weinten, während die Herren Dodson und Fogg die Klägerin baten, sie möchte sich doch beruhigen. Prokurator Buzfuz rieb sich mit einem großen, weißen Taschentuche die Augen beinahe wund und warf einen appellierenden Blick auf die Geschworenen. Der Richter aber schien sichtlich ergriffen zu sein, und mehrere von den Zuschauern versuchten, ihre Rührung hinweg zu husten.
    »Wahrhaftig, ein herrlich angelegter Plan«, flüsterte Perker Herrn Pickwick hinzu. »Das sind Haupthähne, dieser Dodson und dieser Fogg; wirklich, eine vortreffliche Effektberechnung, mein lieber Herr.«
    Während Perker so sprach, begann Frau Bardell allmählich wieder zu sich zu kommen, während Frau Cluppins den jungen Herrn Bardell nach sorgfältiger Musterung seiner Knöpfe und der Knopflöcher, in die sie gehörten, gerade vor seine Mutter stellte – eine gebietende Stellung, in der er nicht verfehlen konnte, das volle Erbarmen und Mitgefühl sowohl des Richters als der Geschworenen zu erwecken. Das geschah aber nicht ohne bedeutende Widersetzlichkeit. Auch nicht ohne eine Menge Tränen des jungen Herrn, der eine gewisse Ahnung hatte, diese seine unmittelbare Ausstellung vor den Augen der Richter sei bloß ein formelles Vorspiel zu seiner baldigen Hinrichtung oder allerwenigstens zu seiner Strafversendung über das Meer für die ganze Zeit seines leiblichen Lebens.
    »Bardell und Pickwick«, rief der schwarzgekleidete Herr, den Prozeß anmeldend, der als der erste auf der Liste stand.
    »Ich trete für die Klägerin auf, Mylord«, sagte der Herr Prokurator Buzfuz.
    «Wer assistiert Ihnen, Kollege Buzfuz?« fragte der Richter.
    Herr Skimpin verbeugte sich zum Zeichen, daß er es sei.
    »Ich bin für den Beklagten erschienen, Mylord«, sagte der Herr Prokurator Snubbin.
    »Und wer ist Ihr Assistent, Kollege Snubbin?« fragte der Richter.
    »Herr Phunky, Mylord«, erwiderte der Advokat.
    »Prokurator Buzfuz und Herr Skimpin für die Klägerin«, sagte der Richter, indem er die Namen in sein Notizbuch einschrieb und zugleich vorlas, »für den Beklagten Prokurator Snubbin und Herr Monkey .«
    »Bitte um Verzeihung, Mylord, Phunky.«
    »Ah, sehr gut«, jagte der Richter; »ich hatte noch nie das Vergnügen, den Namen des Herrn zu hören.«
    Herr Phunky verbeugte sich und lächelte. Der Richter verbeugte sich ebenfalls und lächelte, und Herr Phunky, der bis in das Weiße seiner Augen rot wurde, suchte sich das Ansehen zu geben, als wisse er nicht, daß alle Augen auf ihn gerichtet seien: ein Bestreben, womit sich noch niemand aus der Verlegenheit geholfen hat und aller Wahrscheinlichkeit nach auch niemand helfen wird.
    »Beginnen wir jetzt«, sagte der Richter.
    Die Gerichtsdiener geboten abermals Stillschweigen, und Herr Skimpin schritt zur Eröffnung der Verhandlung, Der Fall schien sehr wenig Redestoff darzubieten; denn der Advokat behielt die ihm bekannten besonderen Umstände gänzlich für sich und setzte sich nach drei Minuten wieder, so daß er die Geschworenen ganz

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