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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Bardell war kein Betrüger – Herr Bardell war auch einmal ein lediger Herr; bei ledigen Herren will ich daher Schutz, Beistand, Hilfe und Trost suchen – in ledigen Herren werde ich beständig etwas sehen, was mich daran erinnert, wie Herr Bardell war, als er das erstemal die Neigung meines jungen, unerfahrenen Herzens gewann; an einen edigen Herrn will ich also meine Wohnung vermieten.‹ Beseelt von diesem schönen, rührenden Beweggrund (einer der besten Beweggründe unserer unvollkommenen Natur) trocknete die einsame, verlassene Witwe ihre Tränen, möblierte ihren untern Stock, drückte ihren unschuldigen Knaben an den mütterlichen Busen und hing die Anzeige an das Fenster. Blieb sie lange dort? Nein. Die Schlange war bereits auf der Lauer, die Linie war gezogen, die Mine war gegraben, der Pionier und Mineur waren in voller Arbeit. Kaum hing die Anzeige drei Tage am Fenster – drei Tage, meine Herren – als ein zweibeiniges Wesen, das ganz die äußere Gestalt eines Mannes, nicht die eines Ungeheuers hatte, an Frau Bärbells Haustür anklopfte. Er erkundigte sich, mietete die Wohnung und nahm am nächstfolgenden Tage Besitz davon. Dieser Mann war Pickwick – Pickwick der Beklagte.«
    Prokurator Buzfuz hatte mit solcher Zungenfertigkeit gesprochen, daß sein Gesicht ganz karmoisinrot geworden war und er innehalten mußte, um Atem zu schöpfen. Sein Schweigen erweckte den Herrn Richter Stareleigh, der sogleich mit einer uneingetunkten Feder etwas schrieb und ganz außerordentlich vertieft aussah, um die Geschworenen glauben zu machen, er habe mit geschlossenen Augen der Sache bis in ihren innersten Grund nachgeforscht. Prokurator Buzfuz fuhr fort:
    »Von diesem Pickwick werde ich nicht viel sagen: die Person bietet nicht sehr viel Anziehendes, und ich, meine Herren, bin nicht der Mann, so wenig wie Sie, meine Herren, die Männer sind, bei der Betrachtung empörender Herzlosigkeit und systematischer Schlechtigkeit mit Lust zu verweilen.«
    Hier fuhr Herr Pickwick, der sich seit einiger Zeit ruhig Notizen aufgeschrieben hatte, heftig auf, wie wenn sich ihm ein vager Wunsch aufgedrängt hätte, in Gegenwart des versammelten ehrwürdigen Gerichtshofes dem Prokurator Buzfuz zu Leibe zu gehen. Eine abmahnende Geberde von Perker hielt ihn jedoch zurück, und er hörte den ferneren Vortrag des gelehrten Herrn mit einer Entrüstung an, die den stärksten Gegensatz zu den von Bewunderung strahlenden Gesichtern der Frauen Cluppins und Sanders bildete.
    »Ich sage, systematische Schlechtigkeit, meine Herren«, fuhr Prokurator Buzfuz fort, indem er Herrn Pickwick mit seinen Blicken durchbohren zu wollen schien, »und wenn ich ›systematische Schlechtigkeit‹ sage, so lassen Sie mich dem beklagten Pickwick, wenn er sich, wie ich gehört habe, im Saale befindet, erklären, daß es weit anständiger und schicklicher, weit gescheiter und vernünftiger gewesen wäre, er hätte sich ferngehalten. Lassen Sie mich ihm sagen, meine Herren, daß alle Zeichen von Meinungsverschiedenheit oder Mißbilligung, die er sich im Gerichtssaale erlauben könnte, bei Ihnen nichts fruchten werden, und daß Sie dieselben wohl zu schätzen und zu würdigen wissen: und lassen Sie mich ihm ferner sagen, wie Seine Lordschaft Ihnen, meine Herren, ebenfalls sagen wird, daß ein Anwalt in Erfüllung seiner Pflichten gegen seinen Klienten sich weder einschüchtern noch betäuben oder zum Schweigen bringen läßt, und daß jeder Versuch, das eine oder das andere, das erste oder das letzte zu tun, auf das Haupt dessen zurückfällt, der den Versuch wagt, sei es nun der Kläger oder der Beklagte, möge er nun Pickwick oder Noakes, Stoakes oder Stiles, Brown oder Thompson heißen.«
    Diese kleine Abschweifung von der Sache konnte die beabsichtigte Wirkung nicht verfehlen, aller Augen auf Herrn Pickwick zu lenken. Nachdem Prokurator Buzfuz der moralischen Entrüstung, zu der er sich hatte hinreißen lassen, wieder einigermaßen Meister geworden war, fuhr er fort:
    »Ich werde Ihnen nachweisen, meine Herrn, daß Pickwick zwei Jahre lang dauernd, ohne Unterbrechung im Hause der Frau Bardell gewohnt hat. Ich werde Ihnen nachweisen, daß ihn Frau Bardell diese ganze Zeit über bediente, auf jede Art für seine Behaglichkeit sorgte, ihm kochte, seine Wäsche zur Wäscherin schickte, sie flickte, lüftete und überhaupt wieder instandsetzte, mit einem Wort, daß sie sich seines vollkommensten Vertrauens erfreute. Ich werde Ihnen nachweisen, daß er ihrem

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