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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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nicht sollten. He da, Frauenzimmerchen, Fräulein Knochensägerin! – Herr Winkle – werden Sie munter.«
    War es der Zauber des Namens ›Winkle‹ oder die Kühle der Abendluft oder eine dunkle Erinnerung an Herrn Wellers Stimme, was Arabella wieder zum Leben brachte – wir wissen es nicht. Aber sie erhob ihren Kopf und fragte mit matter Stimme:
    »Wer ist da, und was wollen Sie?«
    »Pst«, sagte Sam, sich auf die Mauer schwingend und sich dort auf den möglichst kleinen Raum zusammenkauernd; »Ich bin’s bloß, mein Fräulein, bloß ich.«
    »Herrn Pickwicks Diener?« sagte Arabella ernst.
    »Zu Befehl, mein Fräulein«, erwiderte Sam. »Herr Winkle ist hier, und ganz in der ärgsten Verzweiflung, mein Fräulein.«
    »Ah«, sagte Arabella, näher an die Mauer tretend.
    »Ja freilich«, erwiderte Sam. »Wir meinten schon gestern nacht, wir müßten ihm die Zwangsjacke anlegen. Er rast den ganzen Tag und sagt, wenn er Sie nicht vor morgen nacht zu sehen bekomme, so ertränke er sich oder werde sonst etwa« Schreckliches tun.«
    »Um Gottes willen!« rief Arabella, die Hände zusammenschlagend.
    »Ja, das hat er gesagt, mein Fräulein«, setzte Sam kaltblütig hinzu. »Er ist ein Mann von Wort, und ich bin überzeugt, daß er es tut. Der Knochensäger mit der Brille hat ihm von Ihnen erzählt!«
    »Mein Bruder?« fragte Arabella, durch diese Andeutung einigermaßen auf die Spur geleitet.
    »Ich weiß nicht recht, wer Ihr Bruder ist«, erwiderte Sam. »Ist es der Schmutzigere von den beiden?«
    »Ja, ja, Herr Weller«, erwiderte Arabella: »aber nur weiter: beeilen Sie sich.«
    »Nun schön, mein Fräulein«, sagte Sam, »er hat von ihm alles erfahren, und mein Prinzipal meinte, wenn er Sie nicht so bald wie möglich sehe, so würde der Knochensäger so viel Extrablei in den Kopf bekommen, daß die Entwicklung der Organe dadurch beschädigt werde, wenn man sie je nachher in den Spiritus lege.«
    »Gott im Himmel, was kann ich denn tun, um diesen schrecklichen Streit zu verhindern?« rief Arabella.
    »Die Vermutung einer früheren Neigung ist an der ganzen Geschichte schuld. Es wäre wirklich das beste, wenn Sie ihn sehen würden, mein Fräulein. «
    »Aber wie und wo?« rief Arabella. »Ich darf das Haus nicht allein verlassen. Mein Bruder ist so unfreundlich wie unvernünftig. Ich weiß, wie auffallend diese Sprache Ihnen gegenüber erscheinen muß, Herr Weller, aber ich bin sehr, sehr unglücklich –« und hier fing die arme Arabella so bitterlich zu weinen an, das es Sam ganz mitleidig ums Herz wurde.
    »Es mag sehr auffallend scheinen, daß Sie so mit mir sprechen, mein Fräulein«, sagte Sam mit großem Feuer; »aber ich kann Ihnen nur sagen, daß ich nicht bloß bereit, sondern auch fest entschlossen bin, alles zu tun, was die Sache zu einem guten Ende zu führen vermag. Und wenn man einen von den Knochensägern zum Fenster hinauswerfen muß, so bin ich der Mann dazu.«
    Bei diesen Worten krempte Sam, um seine Bereitwilligkeit zur Erfüllung des Versprochenen an den Tag zu legen, mit augenscheinlicher Gefahr, von der Mauer herabzufallen, seine Ärmel zurück.
    So schmeichelhaft diese Beweise von gutem Willen waren, so weigerte sich doch Arabella zu Sams größter Verwunderung entschieden, davon Gebrauch zu machen. Längere Zeit sträubte sie sich mit aller Macht gegen die von Sam so pathetisch verlangte Zusammenkunft mit Herrn Winkle. Endlich aber, als die Unterhaltung durch die unwillkommene Ankunft einer dritten Person unterbrochen zu werden drohte, gab sie ihm unter mannigfachen Versicherungen ihrer Dankbarkeit eiligst zu verstehen, es sei doch möglich, daß sie am nächsten Abend um eine Stunde später in den Garten komme. Sam verstand das ausgezeichnet. Arabella trippelte, nachdem sie ihn mit einem ihrer süßesten Lächeln beglückt, anmutig davon und ließ Herrn Weller mit seiner ungemeinen Bewunderung ihrer körperlichen und geistigen Vorzüge allein.
    Nachdem Herr Weller sicher von der Mauer herabgestiegen war und nicht vergessen hatte, seinen eigenen Angelegenheiten in demselben Departement einige Augenblicke zu widmen, kehrte er so schnell wie möglich in den Busch zurück, wo seine lange Abwesenheit großes Kopfzerbrechen und viel Unruhe erregt hatte.
    »Wir müssen bedächtig zu Werke gehen«, sagte Herr Pickwick, nachdem er Sams Bericht mit Aufmerksamkeit angehört; »nicht um unserer selbst, sondern um der jungen Dame willen. Wir müssen sehr vorsichtig sein.«
    » Wir? « sagte Herr Winkle

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