Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
offenbar beim Tee gestört worden war, denn er verfügte bei seinem Eintritt gerade über den letzten Rest seiner mit Butter beschmierten Stulle, stellte sich dicht neben Herrn Pickwick, stemmte die Hände in die Seiten und beschaute ihn so nahe wie möglich, indessen noch zwei andere mit aufmerksamen, gedankenschweren Gesichtern seine Züge studierten. Herr Pickwick stampfte während der Operation zu wiederholten Malen mit den Füßen, und es schien ihm auf seinem Sitze nur gar nicht zu behage; er machte jedoch die ganze Zeit über keine Bemerkung, selbst gegen Sam nicht, der, an die Rückseite des Stuhles gelehnt, teils über die Lage seines Herrn, teils über das große Vergnügen nachdachte, das ihm ein feindlicher Angriff auf sämtliche Schließer gewähren würde, wenn er unter dem Schutz des Gesetzes und ohne Friedensbruch über einen nach dem andern herfallen dürfte.
    Endlich war das »Porträtieren« vollendet, und man sagte Herrn Pickwick, er könne jetzt ins Gefängnis gehen.
    »Wo werde ich heute nacht schlafen?« fragte er.
    »Das weiß ich selbst nicht recht«, erwiderte der vierschrötige Schließer; »aber morgen bekommen Sie einen Stubenburschen und können sich dann ganz hübsch und bequem einrichten. In der ersten Nacht ist in der Regel noch nicht alles recht in Ordnung, aber morgen können Sie bekommen, was Sie wollen.«
    Nach einigen Erörterungen ergab es sich, daß einer der Schließer ein Bett zu vermieten hatte, und Herr Pickwick war froh, es für die Nacht bekommen zu können.
    »Wenn Sie mit mir kommen wollen, so will ich es Ihnen sogleich zeigen«, sagte der Mann. »Es ist zwar nicht besonders groß, aber es schläft sich ganz herrlich darin. Hier, Sir.«
    Sie gingen durch das innere Tor und stiegen eine kurze Treppe hinab. Der Schlüssel wurde hinter ihnen herumgedreht, und Herr Pickwick befand sich zum ersten Male in seinem Leben innerhalb der Mauern eines Schuldturms.

Zweiundvierzigstes Kapitel
    Wie es Herrn Pickwick in Fleet erging; was für Schuldner er daselbst antraf, und wie er die Nacht zubrachte.
     
    Herr Tom Roker, der Gentleman, der Herrn Pickwick ins Gefängnis begleitet hatte, wandte sich unten auf der kurzen Treppe nach rechts und führte ihn durch ein offenstehendes eisernes Tor, sodann eine andere kurze Treppe hinauf in einen langen, engen, schmutzigen, niedrigen, mit Steinen bepflasterten Gang, der bloß durch ein einziges Fenster an jedem Ende ein höchst spärliches Licht erhielt.
    »Dies«, sagte der Gentleman, seine Hände einsteckend und Herrn Pickwick nachlässig über die Schulter ansehend; »dies ist der Weg zur Halle.«
    »So«, erwiderte Herr Pickwick, eine dunkle, schmutzige Treppe hinabblickcnd, die zu einer Reihe dumpfer, düsterer, unterirdischer Steingewölbe zu führen schien: »und dies da sind wohl die kleinen Keller, wo die Gefangenen ihre geringen Kohlenvorräte aufbewahren? Der Zugang ist sehr garstig: doch mögen sie zu diesem Zwecke wohl passen.«
    »Ei, warum sollten sie nicht passen?« meinte der Gentleman, »es wohnen ja mehrere Leute ganz hübsch darin; das dürfen Sie mir wohl glauben.«
    »Mein Freund«, sagte Herr Pickwick, »es wird Ihnen doch nicht ernst damit sein, daß menschliche Wesen in diesen Löchern wohnen?«
    »Ei, warum denn nicht?« erwiderte Herr Roker mit unwilliger Verwunderung, »warum denn nicht?«
    »Da unten leben also wirklich Menschen?« rief Herr Pickwick.
    »Ja, sie leben da unten, und sehr oft sterben sie auch da unten«, erwiderte Herr Roker. »Was liegt denn daran? Wer kann etwas dagegen einwenden? Dies ist ein ganz guter Platz zum Leben.«
    Da Roker bei diesen Worten sich etwas barsch gegen Herrn Pickwick umwandte und noch überdies in aufgereiztem Tone gewisse unfreundliche Äußerungen über seine Augen, seine Glieder und seine zirkulierenden Flüssigkeiten murmelte, so hielt es letzterer für ratsam, das Gespräch nicht weiter zu verfolgen. Herr Roker stieg sofort abermals eine Treppe hinauf, die so schmutzig war wie die letzte, und die Herren Pickwick und Weller folgten ihm auf der Ferse.
    »Hier«, sagte Herr Roker, indem er Atem schöpfte, als sie eine andere Galerie von demselben Umfang wie die untere erreicht hatten: »hier ist der Gang ins Wirtszimmer! es sind noch zwei darüber, und das Zimmer, wo Sie heute nacht schlafen werden, gehört dem Gefängniswärter! hier bitte, treten Sie ein.«
    Nachdem er das alles in einem Atem gesagt, stieg Herr Roker mit seinen Begleitern von neuem eine Treppe

Weitere Kostenlose Bücher