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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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bin.«
    Daraufhin brach Frau Weller in Tränen aus.
    »Was fehlt Ihnen, Madame?« fragte Sam.
    »O Samuel!« versetzte Frau Weller, »Ihr Vater macht mich ganz unglücklich. Will ihm denn gar nichts zur Raison bringen?«
    »Hört Ihr’s«, rief Sam. »Die Dame möchte wissen, ob Euch gar nichts zur Raison bringen würde.«
    »Ich bin der Frau Weller für ihre höflichen Fragen sehr viel Dank schuldig, Sammy«, erwiderte der Alte. »Ich denke, eine Pfeife würde mich zur Raison bringen. Könnte ich eine bekommen, Sammy?«
    Hier vergoß Frau Weller einige Tränen weiter und Herr Stiggins schluchzte.
    »Holla! diesem unglücklichen Herrn wird wieder übel«, sagte Sam, sich rund umsehend. »Wo schmerzt e« Sie jetzt, Sir?«
    »Immer noch an der gleichen Stelle, junger Mann«, erwiderte Herr Stiggins: »immer noch an der gleichen Stelle.«
    »Wo mag das sein, Sir?« fragte Sam anscheinend mit großer Einfalt.
    »Im Herzen, junger Mann«, entgegnete Herr Stiggins, seinen Regenschirm an die Weste setzend.
    Bei dieser rührenden Antwort konnte Frau Weiter ihre Gefühle unmöglich unterdrücken. Sie schluchzte laut und stellte die Behauptung auf, der Mann mit der roten Nase sei ein Heiliger; worauf Herr Weller senior mit gedämpftem Tone die Äußerung wagte, er müsse der Vertreter der vereinigten Gemeinden des heiligen Simon Außen und des heiligen Walker Innen sein.
    »Ich fürchte, liebe Verwandte, dieser Herr mit seinen verdrehten Gesichtszügen bekommt Durst von dem traurigen Anblick, den er vor sich hat. Ist das der Fall, Frau Mutter?«
    Die würdige Dame sah Herrn Stiggins forschend an, und der Herr ließ seine Augen rollen und faßte seine Kehle mit der rechten Hand an, wobei er die Handlung des Schlingens mimisch darstellte, um dadurch anzudeuten, daß er Durst habe.
    »Ich fürchte, seine Gefühle haben ihn durstig gemacht«, bemerkte Herr Weller düster.
    »Was ist Ihr gewöhnliches Getränk, Sir?« fragte Sam.
    »O, mein lieber junger Freund!« versetzte Herr Stiggins, »Getränke sind Eitelkeiten.«
    »Nur zu wahr; zu wahr, in der Tat«, bemerkte Frau Weller schluchzend, mit beifälligem Kopfnicken.
    »Wohlan«, sagte Sam, »ich gebe es zu, Sir, aber Ihre Lieblingseitelkeit. Welche Eitelkeit schmeckt Ihnen am besten, Sir?«
    »Ach mein lieber junger Freund«, versetzte Herr Stiggins, »ich verachte alle. Wenn«, fuhr Herr Stiggins fort, »wenn es eins gibt, das weniger gehässig ist, als ein anderes, so ist es der Geist, den man Rum nennt – warm, mein lieber junger Freund, mit drei Stückchen Zucker für das Glas.«
    »Tut mir sehr leid. Ihnen sagen zu müssen«, versetzte Sam, »daß es nicht gestattet ist, Ihre Lieblingseitelkeit in diesem Lokale zu verkaufen.«
    »Ach, über die Hartherzigkeit dieser verstockten Menschen!« rief Herr Stiggins aus. »Ach, über die fluchenswürdige Grausamkeit dieser unmenschlichen Verfolger!«
    Mit diesen Worten hob Herr Stiggins wieder seine Augen auf und stieß den Regenschirm gegen seine Brust. Wir lassen dem ehrwürdigen Mann nur Gerechtigkeit widerfahren, wenn wir sagen, sein Unwille war in der Tat aufrichtig und ungeheuchelt.
    Nachdem Frau Weller und der Mann mit der roten Nase über diesen unmenschlichen Gebrauch aus allen Kräften losgezogen und gegen die Urheber desselben eine Menge frommer und heiliger Verwünschungen ausgestoßen hatten, schlug der letztere eine Flasche Portwein mit etwas warmem Wasser, Gewürz und Zucker vor, weil dieses dem Magen sehr dienlich sei und weniger nach Eitelkeit schmecke, als viele andere Mischungen. Es war also befohlen, ihn zu bereiten und während der Bereitung sahen der Mann mit der roten Nase und Frau Weller auf den älteren Weller und schluchzten.
    »Nun, Sammy«, sagte dieser Gentleman, »ich hoffe, du bist über diesen leibhaftigen Besuch sehr erfreut? Eine sehr heitere und lehrreiche Unterhaltung, Sammy, nicht wahr?«
    »Ihr seid ein Verworfener«, entgegnete Sam; »und ich wünschte, Ihr richtetet keine so ruchlosen Bemerkungen an mich.«
    Weit entfernt, durch diese höchst zeitgemäße Erwiderung erbaut zu werden, verzog der ältere Herr Weller sein Gesicht plötzlich zu einem breiten Grinsen. Da dieses unveränderliche Benehmen die Dame und Herrn Stiggins veranlaßte, die Augen zu schließen und unruhig auf ihren Stühlen hin- und herzurücken, so führte er noch mehrere Pantomimen aus, die das Verlangen andeuteten, vorbesagten Stiggins eins auf die Nase zu versetzen – ein Verlangen, dessen Befriedigung sein Herz

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