Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
aber ohne Sinn und Ziel. Einige eilten auf verschiedenen Straßen nach, andere holten Pferde oder Fackeln herbei, andere redeten laut miteinander und wandten ein, daß man nicht die geringste Spur hätte. Einige traten auf ihn zu und versuchten ihn zu trösten. Andere bedeuteten ihm, daß Grace in das Haus geschafft werden müsse, aber er duldete es nicht. Er hörte auf niemanden und rührte sich nicht.
Der Schnee fiel immer dichter. Er sah einmal zum Himmel empor und dachte bei sich, daß diese weiße Asche, die über sein Hoffen und sein Leid gestreut ward, ihr gut stehe. Er schaute umher auf dem weißen Erdboden und dachte daran, daß die Spur von Marions Fuß, kaum eingedrückt, wieder verdeckt werde, und selbst dieses Gedenken an sie nicht von Dauer sein würde. Bei alledem spürte er nichts von dem Wetter und bewegte sich nicht von der Stelle.
Dritter Teil.
Die Welt war seit dieser Nacht der Rückkehr sechs Jahre älter geworden. Es war ein warmer Herbstnachmittag und es hatte stark geregnet. Die Sonne schien plötzlich durch die Wolken, und das alte Schlachtfeld glänzte bei ihrem Anblick von einem grünen Fleck her aufleuchtend, strahlte ihr einen Willkommensgruß entgegen. Dieser Gruß dehnte sich über das ganze Land aus, als ob man ein Freudenfeuer angezündet hätte, das von tausend Höhen her seine Antwort fände.
Wie schön und herrlich die Landschaft in dem Licht leuchtete! Der Wald, vorher eine dunkle, schwarze Materie, zeigte sein buntes Gewand aus Gelb, Grün, Braun, Rot und seine verschiedenen Gestalten der Bäume, an deren Blättern Regentropfen zitterten und funkelnd herniederfielen. Die sonnige Wiese sah aus, als sei sie noch vor einer Minute blind gewesen und hatte jetzt das Sehvermögen gefunden, mit dem sie zum strahlenden Himmel emporschaute. Getreidefelder, Hecken, Hütten, dichtgedrängte Dächer, der Kirchturm, der Bach, die Mühle, alles leuchtete lächelnd aus der nebligen Dämmerung hervor. Die Vögel sangen erfreulich, die Blumen richteten ihre gesenkten Häupter auf, frische Düfte stiegen aus dem neuerquickten Boden herauf. Die blauen Himmelstreifen aber wurden größer und breiter. Bald erreichten die schrägen Strahlen der Sonne mit unwiderstehlichem Pfeil die vorgelagerte Wolkenwand, die noch zu fliehen zauderte; und ein Regenbogen, ein Inbegriff aller Farben, die Erde und Himmel zierten, wölbte sich im Triumph über den ganzen Horizont.
In solch einer abendlichen Stunde zeigte eine kleine Schenke an der Straße, hübsch verborgen unter einer großen Ulme mit einer herrlichen Sitzbank um den dicken Stamm, ihr freundliches Äußere dem Reisenden, wie es sich für eine Gastwirtschaft schickt, und lockte ihn mit mancher stummen, aber inhaltsvollen Zusage eines freundlichen Empfangs. Das rotbraune Schild nahm sich mit seinen goldenen, in der Sonne leuchtenden Buchstaben in dem dunkeln Laube des Baumes wie ein fideles Gesicht aus und verhieß gute Bewirtung. Die Tiertränke voll reinen Wassers und auf dem Erdboden davor einige Halme duftenden Heues ließen jedes Pferd, das vorbeikam, die Ohren spitzen. Die roten Vorhänge in den Zimmern des Erdgeschosses und die blütenweißen Gardinen in dem kleinen Schlafkabinett droben winkten mit jedem Lüftchen: Hereinspaziert! Auf den frischgestrichenen grünen Schildern stand mit goldenen Lettern zu lesen von Bier und Ale, guten Weinen und guten Betten, und daneben hing ein ergreifendes Bild von einer braunen überschäumenden Trinkkanne. Auf den Fensterbrettern prangten Blumen in ziegelroten Töpfen, die sich sehr fröhlich von der weißen Front des Hauses abhoben. In dem schattigen Torweg aber entdeckte man noch einzelne Streifen Licht, die um die blitzenden Flaschen und Zinnkrüge spielten.
In der Tür tauchte jetzt ein Musterbild von einem Wirt auf. Wenn er nämlich auch klein war, so war er doch voll und umfangreich und stand da, mit den Händen in den Taschen und die Beine gerade so weit auseinandergestellt, daß er dadurch volle Zuversicht auf seinen Keller und unbekümmertes Vertrauen zu sicher und anspruchslos, um als Prahler zu wirken auf die sonstigen Freuden des Gasthofs auszudrücken vermochte. Das schwere Naß, das von jedem Dinge nach dem starken Regen herniedertropfte, stand ihm recht gut. Nichts rund um ihn war durstig. Einige Dahlien mit schwerem Kopf, die über den Zaun des gutgepflegten Gärtchens lugten, hatten so viel getrunken, wie sie nur vertragen konnten vielleicht sogar etwas mehr und waren vom erquickenden
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