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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Emilie Martin sehr bald machen. Es ist merkwürdig – da der Fall ein paar Damen betrifft –, aber tatsächlich, daß Miss Emilie Martins Hauptschwäche Eitelkeit und Mrs. Jennings Rodolphs vornehmster Charakterzug eine Vorliebe für Putz war. Man hörte aus dem zweiten Stockwerk in Drummond-Street Nummer siebenundvierzig, George-Street, Euston-Square, trübseliges Gequieke: Miss Martin übte. Beim Anfang der Season störte halb unterdrücktes Gemurmel die ruhige Würde des Orchesters in White-Conduit; Mrs. Jennings Rodolphs Erscheinung in großer Gala veranlaßte die Störung. Miss Emilie Martin dachte nur an ihr »Auftun« – das Üben war die Folge; Mrs. Jennings Rodolph erteilte ihr bisweilen unentgeltlichen Unterricht – die zur großen Gala gehörigen Putzartikel waren das Ergebnis.
    Wochen vergingen; die Season in White-Conduit war zur Hälfte vorüber. Die Putzmacherei war vernachlässigt, das Geschäft in Verfall geraten, sein Nutzen fast unmerklich zusammengeschmolzen. Ein Benefizabend rückte heran, Mrs. Jennings Rodolph gab den dringenden Bitten Miss Emilie Martins nach und stellte sie dem komischen Sänger vor, dessen Benefiz stattfinden sollte. Der komische Sänger war lauter Lächeln und Holdseligkeit – er hatte ein Duett ausdrücklich für den Abend komponiert, und Miss Martin sollte es mit ihm singen. Der Abend kam – und mit ihm erschienen siebenundneunzig große Glas Gin mit Wasser, zweiunddreißig kleine Glas Branntwein mit Wasser, fünfundzwanzig Flaschen Ale und einundvierzig Glühweine; und an einem Seitentisch nicht weit vom Orchester saßen der Maler- und Tapezierergehilfe nebst Frau und einer Anzahl auserwählter Freunde und Freundinnen. Das Konzert nahm seinen Anfang. Sentimentale Arie, gesungen von einem blonden jungen Herrn in einem blauen Leibrock mit Metallknöpfen. (Beifall.) Noch eine Arie, zweifelhafter Natur, gesungen von einem anderen Herrn in einem anderen blauen Leibrock mit noch glänzenderen Knöpfen. (Verstärkter Beifall.) Duett, gesungen von Mr. und Mrs. Jennings Rodolph: »Blutiger Mordgesell, hinweg!« (Großer Beifall.) Solo, Miss Julia Montague (bestimmt nur an diesem Abende): »Ich bin ein Mönch.« (Enthusiasmus.) Komisches Originalduett – Mr. H. Taplin (der komische Sänger) und Miss Martin: »Die Tageszeit.«
    »Bravo, bravo – o – o – o!« schrie des Maler- und Tapezierergehilfen Gesellschaft, als Miss Martin vom komischen Sänger mit Grazie vorgeführt würde. »Ins Geschirr, Harry!« riefen die Freunde des komischen Sängers. Der Kapellmeister schlug mit dem Bogen auf das Notenpult. Die Einleitung begann, und bald folgte ihr eine Art von bauchrednerischem Zirpen, das aus Miss Martins tiefstem Innern hervorzutönen schien. »Lauter!« rief ein Gentleman in einem grauen Überrocke; »Fürcht dich nicht, den Dampf loszulassen, altes Mädchen!« ein anderer; »S-s-s-s-s-s!« zischten die fünfundzwanzig Flaschen Ale; »Pfui!« entgegnete die Gesellschaft des Maler- und Tapezierergehilfen; »S-s-s-s-s!« zischten die Flaschen Ale abermals, und sämtliche Gins und die meisten Branntweine sekundierten ihr.
    »Hinaus mit den Gänseköpfen!« rief die Gesellschaft des Maler- und Tapezierergehilfen in großer Entrüstung.
    »Singen Sie laut«, flüsterte Mrs. Jennings Rodolph.
    »Das tu’ ich ja«, erwiderte Miss Emilie Martin.
    »Singen Sie noch lauter«, sagte Mr. Jennings Rodolph.
    »Das kann ich nicht«, sagte Miss Emilie Martin.
    »Hinaus, hinaus, hinaus!« lärmte der größte Teil des Publikums; »Bravo, bravo!« schrie die Gesellschaft des Maler- und Tapezierergehilfen – aber es half nichts. Miss Emilie Martin zog sich weit unzeremoniöser zurück, als sie erschienen war, und es wollte schlechterdings mit dem »Auftun« nicht gehen. Die gute Laune des Publikums kehrte erst wieder, als Mr. Jennings Rodolph purpurn im Gesicht durch seine halbstündigen Bemühungen geworden war, verschiedene Vierfüßler nachzuahmen, ohne sich hörbar machen zu können; und bis auf diesen Tag ist weder Miss Emilie Martins gute Laune noch die vormalige Blüte ihres Geschäfts zurückgekehrt, noch haben sich die musikalischen Anlagen zeigen wollen, für deren Dasein Mr. Jennings Rodolph einst seine Künstlerehre zum Pfande setzte.

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    Von allen jemals etablierten Tanzakademien war keine in ihrem Stadtteil zu irgendeiner Zeit beliebter als die Signor Billsmethis vom Königstheater, der italienischen Oper. Sie befand sich unweit der volkreichen und

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