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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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zärtlichere Glut in ihm entzündeten, als er sie jemals empfunden hatte. Angetrieben von dieser Glut, forschte er die junge Dame über ihre Herzensverbindungen aus, und die junge Dame stellte es gänzlich in Abrede, dergleichen zu haben – denn sie könne die Männer ganz und gar nicht leiden, da diese so wankelmütig und treulos seien. Mr. John Dounce fragte darauf, ob sie diese Verurteilung auf andere als sehr junge Herren bezogen wissen wollte; die junge Dame wurde purpurrot – oder wendete doch zum wenigsten das Gesicht ab, sagte, daß Mr. John Dounce sie erröten machte, und errötete also – Mr. John Dounce trank lange seinen Branntwein mit Wasser, die junge Dame sagte sehr oft: »O, lassen Sie das«, und John Dounce ging endlich nach Hause und zu Bett, und träumte von seiner ersten und seiner zweiten Frau, von der jungen Dame, Rebhühnern, Austern, Grog und uneigennütziger Liebe.
    Am folgenden Morgen war er von dem Extrabranntwein mit Wasser vom vorhergehenden Abend etwas fiebrig und begab sich teils in der Hoffnung, sich durch eine Auster abzukühlen, und teils in der Absicht, zu fragen, ob er der jungen Dame nicht vielleicht etwas schuldig geblieben sei, wiederum nach dem Austernladen. War die junge Dame bei Abend schön gewesen, so war sie bei Tag vollkommen unwiderstehlich, und John Dounce war fortan wie umgewandelt. Er kaufte Busennadeln, steckte einen Ring an den dritten Finger, las Gedichte, verleitete einen wohlfeinen Miniaturmaler dazu, eine schwache Ähnlichkeit mit einem jugendlichen Antlitz zustande zu bringen, mit einem Vorhang zu Häupten, einigen sehr großen Büchern zur Seite und einer Landschaft im Hintergrund (was er sein Porträt nannte), fing an, ein Polterer im Hause zu werden, so daß seine Töchter aus dem Hause gingen, und benahm sich mit einem Wort wie ein alter Türke.
    Und was seine Busenfreunde und die anderen alten Knaben im Sir Jemandskopf anbetraf, so zog er sich allmählich von ihnen ganz zurück; denn wenn er sich in ihrem Kreise bisweilen noch blicken ließ, so fragte Jones – ein gemeiner Mensch, der Jones – »wann es sein würde?« und »ob er Hochzeitshandschuhe bekäme?« und was dergleichen verletzender Fragen mehr waren, die von Harris und Jennings obendrein belacht wurden. Er zog sich also, wie gesagt, gänzlich von ihnen zurück und attachierte sich ganz allein an die blaue junge Dame in dem stattlichen Austernladen.
    Jetzt kommt aber die Moral der Geschichte – denn sie hat allerdings eine Moral. Nachdem die junge Dame nämlich hinreichenden Nutzen von Mr. John Dounces Annäherung gezogen hatte, erwiderte sie seinen endlichen, förmlichen Antrag nicht nur durch ein bestimmtes Nein, sondern erklärte ganz ausdrücklich (um uns ihrer eigenen, sehr verständlichen Worte zu bedienen), sie möchte um keinen Preis einen alten Geck zum Manne haben. John Dounce, der seine alten Freunde verloren, seine Angehörigen sich entfremdet und sich in aller Welt Augen lächerlich gemacht hatte, machte nach der Reihe einer Schulhalterin, einer Wirtin, einer Tabakshändlerin und einer Haushälterin Heiratsanträge, die sämtlich zurückgewiesen wurden, und fand schließlich Gehör bei seiner Köchin, die er jetzt geehelicht und die ihn unter dem Pantoffel hat – ein trauriges Denkmal altgewordenen Jammers und eine lebendige Warnung für alle heiratslustigen alten Knaben.

Die ehrgeizige Putzmacherin
    Miss Emilie Martin war blaß, groß, hager und zweiunddreißig – was mißgünstige Leute häßlich und Polizeiberichte interessant nennen würden. Sie war Putz- und Kleidermacherin, lebte von ihrem Geschäft und hielt sich nicht zu vornehm dafür. Wärst du ein junges Frauenzimmer »bei Herrschaften« oder »in Kondition« gewesen und hättest Miss Martins bedurft, wie denn viele junge Damen in Kondition ihrer bedurften, so würdest du dich etwa abends nach Drummond-Street Nummer siebenundvierzig, George-Street, Euston Square begeben, ein gewaltiges Messingschild mit der Inschrift: »Putz- und Kleidermachergeschäft in allen seinen Zweigen bei Miss Martin« erblickt und mit zwei lauten Schlägen an die Haustür geklopft haben, worauf denn Miss Martin selbst in einem Merinokleid nach der neuesten Mode, mit Ärmelaufschlägen aus feinstem, schwarzem Samt und anderen kleinen Putzsachen der elegantesten Art erschienen sein würde.
    Wenn Miss Martin die bei ihr erscheinende junge Dame in Kondition kannte, oder wenn ihr die junge Dame von einer anderen ihr bekannten jungen Dame

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