Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
Um nur einige Beispiele anzuführen, wurde dem Lustspiele » She stoops to conquer « von Oliver Goldsmith bis zur ersten Aufführung von Schauspielern sowohl wie von Kritikern und Literatoren ein unvermeidlicher Mißerfolg prophezeit. Ebenso lagen die »Flitterwochen« viele Jahre lang im Pulte des Theaterdirektors, weil man es für unmöglich hielt, einem Londoner Publikum ein solches Machwerk anzubieten,und als das Stück endlich auf die Bühne gebracht und mit höchstem Beifall aufgenommen worden war, hatte sein armer Dichter den Hungertod im Schuldgefängnisse erlitten.
An Grimaldis Meinung über die »Mutter Gans« konnten aber auch alle Erfolge nichts ändern. Er wollte dem Stücke nicht den geringsten Wert beimessen. Wie dem nun sein mag, jedenfalls trugen seine und Bolognas Leistungen als Harlekin und Clown in hervorragendem Maße zu der günstigen Aufnahme bei, die die Pantomime fand, denn sie wurde jedesmal vom Publikum abgelehnt, wenn die beiden Rollen von anderen Darstellern gegeben wurden.
Am 9. Juni erlebte sie die zweiundachtzigste Aufführung. Es war zugleich der Benefiz-Abend für Grimaldi und Bologna. Die Einnahme belief sich auf 680 Pfund.
Um diese Zeit herum machte Grimaldi eine neue und ziemlich mysteriöse Bekanntschaft. Damit verhielt es sich folgendermaßen:
An einem Januarmorgen des Jahres 1807 ließ sich ein Herr bei Grimaldi anmelden, und als ihn Grimaldi in seiner Wohnung empfing, war er nicht wenig verwundert, den ihm durch Bologna bekannt gewordenen Kenter Herbergssohn Mackintosh wiederzusehen, der sich wegen des kleinen Jagdscherzes, den er sich seinerzeit erlaubt hatte, mit ein paar höflichen Worten entschuldigte. Grimaldi bat ihn ebenso höflich, die Angelegenheit nicht weiter zu berühren. Mackintosh erzählte darauf, seine Mutter habe ihr Gasthaus verkauft und sei anderswohin gezogen, er selbst habe in London sich ein Geschäft gekauft und wohne jetzt in der Throgmorton-Straße.
Er war sehr manierlich gekleidet, hatte sich auch ein besseres Wesen angeeignet als damals, wo er imBarchentwamse auf dem Karren fuhr. Jedenfalls ließ sich nicht in Abrede stellen, daß er seine Gäste sehr gastfreundlich aufgenommen und anständig bewirtet hatte. Grimaldi lud ihn demnach am nächstfolgenden Sonntag zum Mittagessen ein. Er kam, unterhielt sich sehr manierlich und gewann die Freundschaft der ganzen Familie Grimaldi. Seine Einladung, ihn wieder zu besuchen, wurde angenommen. Seine Wohnung war einfach, aber geschmackvoll eingerichtet, und in seinem Hause schien alles darauf hinzudeuten, daß sein Geschäft sich eines recht flotten Ganges erfreute.
Ein paar Wochen nach seinem ersten Besuche kam er eines Morgens zu Grimaldi und sagte ihm, daß Freunde von ihm, die in der Charlottenstraße, Fitzroy-Square wohnten, sich außerordentlich freuen würden, Grimaldis Bekanntschaft zu machen, und ihn ersuchen ließen, sie eines Abends einmal nach Schluß des Theaters bei sich zu sehen.
Zuerst mochte Grimaldi nichts davon wissen, weil er damals mit Einladungen förmlich überlaufen wurde. Da aber Mackintosh ihn immer und immer wieder damit in den Ohren lag, ihm auch sagte, seine Bekannten wären sehr wohlsituierte Leute, deren Umgang ihm vielleicht in anderer Hinsicht noch von Nutzen werden könnte, auch allerhand andere Gründe noch zur Unterstützung seines Anliegens in das Gefecht führte, ließ sich Grimaldi schließlich doch bewegen, den Besuch bei den Leuten zu machen.
Es wurde also ein Abend vereinbart, an welchem die Leute Grimaldi erwarten sollten, und gleich nach Schluß des Theaters warf Grimaldi sich in eine Kutsche und ließ sich nach der Charlottenstraße fahren.
Der Kutscher hielt vor einem gar stattlichen, glänzend erleuchteten Hause. Grimaldi meinte im ersten Augenblicke, der Kutscher müsse vor einem falschenHause vorgefahren sein. Aber während er sich darüber noch mit dem Kutscher hin und her stritt, erschien Mackintosh in höchst elegantem Anzuge, ersuchte ihn auszusteigen und führte ihn in ein glänzend möbliertes Zimmer, das mit einer Reihe anderer Gemächer im Zusammenhange stand, von denen eins noch immer vornehmer und eleganter als das andere aussah.
Überall, wohin Grimaldi den Blick lenkte, zeigten sich ihm die kostbarsten Geräte und Bilder, und auf der Tafel im Speisesaale standen die ausgesuchtesten Delikatessen und seltensten, teuersten Weine.
Außer Mackintosh und Grimaldi war ein volles Dutzend Leute in dem Saale, sechs Damen und sechs Herren, die ihm
Weitere Kostenlose Bücher