Delta Operator (German Edition)
zur Seite gelegt hatte und sich dem kärglichen Mal widmete, dass United Airlines ihm zugedacht hatte. Während er in das pappige Brötchen biss, dass er aus seinem Plastikfolienverließ befreit hatte und die Boeing mit über neunhundertfünfzig Stundenkilometern auf östlichem Kurs über den tiefen, kalten Atlantik flog, dachte er noch mal an das, was er soeben gelesen hatte.
„HOHER ARMEE-OFFIZIER IN SEXSKANDAL VERWICKELT“, lautete die in schwarzen, fetten Lettern a bgedruckte Überschrift auf Seite zwei der Zeitung. Darunter konnte man ein zensiertes Bild von General Maddox in schwarzem, knappem Lederoutfit erkennen, wie er kniend von einer unkenntlich retuschierten Dame in ebenfalls schwarzem Lackkostüm ausgepeitscht wurde.
General Maddox trug dabei das grüne Barrett der Green Berets mit dem unverwechselbaren Abzeichen der Special Forces, was die ganze heikle Sache noch erheblich verschlimmerte und dem an sich schon ausreichend skandalösem Thema eine strafrechtliche Komponente hinzufügte, die für eine Verurteilung vor einem Militärgericht wohl ausreichen dürfte , fand der Autor der Zeilen.
Leider war der General selbst gegenwärtig für keinerlei Auskünfte oder Kommentare e rreichbar. Der gesundheitliche Zustand des Generals, der kürzlich ein traumatisches Erlebnis hatte, von dem ebenfalls nichts Genaueres in Erfahrung gebracht werden konnte, ließ leider keine Interviews zu. Weiteres umfangreiches Belastungsmaterial in Form von Fotos, DVDs und verschiedenen anderen Unterlagen sei sowohl der Washington Post, als auch der Staatsanwaltschaft und dem Pentagon von einer nicht bekannten Quelle zugespielt worden , lautete der abschließende Kommentar des Reporters, der natürlich versprach, in den nächsten Ausgaben der Zeitung weiteres brisantes Material zu veröffentlichen.
Das hat gesessen, dachte Crowe grinsend, dessen Genugt uung nur dadurch getrübt wurde, dass der Hauptverantwortliche für die damaligen furchtbaren Geschehnisse in China immer noch amtierender Präsident und damit unantastbar war. Aber das würde sich auch mal ändern und dann, ja dann…
Crowe, dem das Käsebrötchen nun gar nicht mal so schlecht schmeckte, versuchte sich von den nutzlosen Rach egelüsten President James gegenüber zu befreien und seine Gedanken wieder auf seine unmittelbare Zukunft zu konzentrieren. Die Enttäuschungen, die er in diesem Land seit seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft erlebt hatte, waren ihm sehr nahe gegangen. Er hatte endlich erfahren, was damals in China wirklich passiert war. Crowe hatte dazu Informationen seines Freundes und ehemaligen Vorgesetzten Colonel Gibson benutzt und hatte diesem Wissen weiteres hinzugefügt, als er den verräterischen General Maddox „befragt“ hatte.
Damals in China war etwas abgelaufen, das seinen Glauben in dieses Land und seine patriotische Liebe, die er empfand, dauerhaft zerstört hatte. Er hatte seine eigenen Konseque nzen daraus gezogen und sich entschieden, einen radikalen Schnitt zu machen. Er würde seine Vergangenheit ruhen lassen, nachdem er sich an dem einzig erreichbaren schuldigen Offizier revanchiert hatte und versuchen, ein neues Leben zu beginnen. Dazu würde er in die Heimat seiner Mutter und seiner Kindheit zurückkehren. Er würde die Hektik und die ständige Spannung seiner Militärzeit, die schlimmen Entbehrungen und grausamen Erlebnisse seiner Gefangenschaft gegen ein ruhiges und erfüllendes Leben in den Tiroler Alpen eintauschen.
Er würde komplett neu starten und wollte versuchen, alles zu vergessen, was mit diesem alten Leben zu tun hatte.
Und er hatte schon eine gewisse Vorstellung davon, wie er dies anstellen würde.
British Columbia, Kanada
12 .September 2016
Dr. Clifford Baxter sah das Gesicht im vergilbten Spiegel direkt vor seinen Augen und erkannte es beinahe nicht. Der dichte, dunkelgraue Vollbart, das zerzauste, schüttere Haar, die hervortretenden Wangenknochen und die käsige Haut, die sich in tiefen Furchen über die Kieferknochen faltete. Das alles erschreckte ihn nicht annähernd so sehr wie der Anblick der blutunterlaufenen Augen, seinen Augen, die ihn tief aus ihren dunklen Höhlen anstarrten. Fast hätte er es nicht fertig gebracht, seinem eigenen Blick standzuhalten. Schreckliche Gewissensbisse wegen seines Vertrauensbruches paarten sich mit der Gewissheit des Versagens – seines ganz persönlichen Versagens auf ganzer Linie. Er hatte nicht widerstanden, nein, er hatte alles gesagt. Er hatte
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