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Delta Operator (German Edition)

Delta Operator (German Edition)

Titel: Delta Operator (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Gruber
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jedes kleine Geheimnis preisgegeben, das er tief im Inneren seines Gedächtnisses gespeichert hatte und dessen Bekanntgabe für ihn niemals zur Diskussion gestanden hatte. Während dünne Tränen aus seinen kraftlosen Augenhöhlen sickerten und in seinem Bart verschwanden, wurde ihm klar, dass er allein Schuld daran war, dass Menschen sterben würden. Viele Menschen, unausweichlich, so wie der Tod dies im Allgemeinen war. Er war schwach gewesen im Angesicht der brutalen Folter, die man an ihm durchgeführt hatte und er fand keine Entschuldigung dafür. Dass seinen Mädchen nichts passiert war, war nur ein schwacher Trost für ihn.
    Baxter schloss die Augen und begann leise zu schluchzen. Se ine Knie fühlten sich weich an und drohten nachzugeben. Sein Oberkörper zitterte, mit verkrampften Händen hielt er sich an dem schmutzigen Waschbecken fest. Die Zahnbürste, die er seit ein paar Minuten in der Hand hielt, fiel in das Waschbecken. Dann hörte er die Stimme des Mannes, der ein paar Meter hinter ihm stand und auf ihn aufpasste.
    „Jetzt hör aber auf, Doc“, lästerte Lavinski, „das kann man ja nicht mit ansehen. Ein erwachsener Mann, der flennt wie ein kleines Mädchen, das gibt ’s ja überhaupt nicht.“
    Doch Baxter weinte weiter und sank schließlich auf den staub igen Boden des Kellers. Mit kraftlosen Händen verbarg er sein Gesicht, mit zitternden Fingern wischte er sich die Tränen von den Wangen. Er konnte nicht mehr, er wollte nichts mehr sagen. Er wollte nur seine Ruhe und schlafen. Nichts als schlafen. Er war so unglaublich müde.
    „Ist er soweit?“ war plötzlich Dobbs ’ Stimme ganz nahe zu hören.
    „Keine Ahnung, Sarge“, sagte Lavinski. „Fragen wir ihn doch .“
    Baxter hörte auf zu weinen und wappnete sich innerlich für weitere Schläge und die gewohnten Misshandlungen, die er seit über …  verdammt, wie lange war er eigentlich schon hier in diesem Dreckloch?
    Wochen?  Monate?  Ein halbes Jahr vielleicht?
    Er hatte keine Ahnung.
    „Los steh auf, Doc“, grunzte Dobbs und ging neben dem alten Mann in die Knie.
    „Wir müssen da ein paar Dinge noch mal genauer durch gehen.“
    Baxter rührte sich nicht, sondern versteifte sich nur. Er wartete ab, was passieren würde, wenn er sich einfach nicht bewegte.
    Zehn Sekunden später, nachdem Dobbs noch mal irgendetwas zu ihm gesagt hatte, wurde er von Händen, die zudrückten wie ein Schraubstock, am Genick gepackt und brutal nach oben gerissen. Baxter stöhnte, als er seine steifen Knochen und Gelenke knacken hörte. Ein scharfer Schmerz bohrte sich in seinen Rücken, als er auf einen harten Holzstuhl verfrachtet wurde. Das helle Gleißen der nackten Neonröhre an der kahlen Kellerdecke blendete seine rot geränderten Augen. Baxter schnappte nach Luft und stöhnte leise. Der Schmerz in seinem Rücken pochte nun stumpf und ließ ihn befürchten, dass irgendetwas kaputtgegangen war. Es wäre nicht das Erste gewesen, das die beiden Männer in ihm zerbrochen hatten. Sein Wille und seine Seele waren schon vor einiger Zeit zerschmettert worden.
    Als Dobbs mit dem Bambusstab, mit dem auch Baxters Rücken schon mehrfach schmerzhafte Bekanntschaft gemacht hatte, auf den Plan an der Wand zeigte und seine Fragen stellte, begann Baxter wie automatisch zu sprechen. Die Worte verli eßen langsam aber stetig seinen Mund, und er konnte nichts dagegen unternehmen.
     
     
     
    Washington, D.C.
    21. September 2016
     
    Vice Admiral Jim Franklin nippte an der Tasse mit dem heißen kolumbianischen Kaffee und griff nach der Washington Post. Die neuesten Umfrageergebnisse ließen seine ohnehin schon miese Laune noch weiter absacken. Senator Robert S. Faulkner hatte nicht den Hauch einer Chance, im November zum neuen Präsidenten gewählt zu werden. Nach aktuellem Stand würden, wenn morgen gewählt würde, etwa fünfunddreißig Prozent der Bürger Faulkner wählen. President James hingegen lag mit einundfünfzig Prozent der Wählerstimmen haushoch voran. Der Rest der Wähler hatte sich noch nicht festgelegt und musste erst noch von den Demokraten oder den Republikanern gewonnen werden. Das wirklich Entscheidende und absolut Ernüchternde aber an dieser Umfrage war für Franklin, dass James seit letzter Woche noch einmal um zwei Prozent zugelegt hatte, während Faulkner ein Prozent weniger aufweisen konnte. Franklin konnte sich nicht erinnern, dass es in der jüngeren Vergangenheit der US-Präsidentenwahl jemals ein so klares Ungleichgewicht vor dem

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