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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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voneinander entfernt. “Aber so funktioniert es auch nicht”, fuhr er fort und formte eine feste, kämpferische Faust. “Nur so geht es.” Er entspannte seine Hand und hielt die gekreuzten Finger hoch.
    Harris trat näher an die Holzstäbe heran, die sie trennten. “Ich möchte lernen, wie es geht.”
    Lijah nickte mit seinem schlohweißen Kopf und seufzte. Er stand schwerfällig auf und stützte eine Hand in den Rücken. Neben ihm schüttelte der Adler die Flügel auf und gab einen tiefen Schrei von sich.
    “Beruhige dich, Santee, und benimm dich, bevor du die anderen noch weckst. Gute Nacht”, sagte Lijah zu ihr, während er die Voliere verließ. “Gute Nacht, Harris”, sagte er auch zu ihm, als dieser die Tür hinter ihm schloss. “Ich bin müde, mein Hintern ist vom langen Sitzen ganz kalt geworden, und ich freue mich, in mein Bett zu kommen. Santee und ich sehen Sie dann morgen früh. Und danach können wir gemeinsam zu den Vögeln gehen, wenn Sie mögen.”
    “Das würde ich gerne. Danke.”
    “Ich habe noch nichts getan.” Er machte kehrt, um zu gehen, doch drehte sich unvermittelt wieder um. “Oh, eine Sache wäre da noch, die ich Sie fragen muss. Dieser Junge, Brady?”
    Harris neigte seinen Kopf. “Was ist mit ihm?”
    “Er hat eine besondere Gabe, mit den Tieren umzugehen. Sie sollten ihm mehr zutrauen und ihm andere Aufgaben übertragen.”
    “Haben Sie denn schon vergessen, was er dem Vogel angetan hat?”
    Lijahs blickte traurig. “Ich weiß, was an jenem Morgen geschah. Und ich sage Ihnen, ich habe den Jungen ganz genau beobachtet. Er ist auf dieselbe Art gesundet wie meine Santee.” Er sah Harris entschlossen an. “Und wenn die Vögel ihm vertrauen, reicht mir das.”
    Noch immer wehrte sich etwas in Harris. “Ella hat mir auch schon gesagt, dass ich Brady damit beauftragen solle, Clarice bei der Fütterung zu helfen. Doch das ist näher, als ich ihn jemals an die Tiere heranlassen wollte. Woran denken Sie?”
    “Ich will Ihnen nicht vorschreiben, wie Sie Ihren Job zu tun haben”, sagte Lijah. “Ich will nur sagen, dass der Junge Ihnen eine größere Hilfe sein könnte, als Sie es sich vorstellen.”
    “Ich werde darüber nachdenken.”
    “Und noch etwas”, fuhr Lijah mit leicht erhobenem Zeigefinger fort.
    “Sie haben eine Menge zu sagen heute Abend”, grinste Harris.
    “Das stimmt”, gab Lijah mit einem leichten Lächeln zu. “Sie lassen die junge Frau viel zu hart und zu schwer schuften. Sie kümmert sich um die Bedürfnisse aller, und ich habe manchmal das Gefühl, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse darüber vergisst.”
    “Welche junge Frau?”
    Lijah sah ihn an, als wolle er sagen:
Wem wollen Sie eigentlich etwas vormachen?
    “Oh, Sie meinen Ella.”
    “Seien Sie nett zu der jungen Dame, hören Sie?”
    Er winkte noch einmal und ging dann fort. Harris blieb zurück, um die medizinische Station abzuschließen. Er blickte Lijah nachdenklich hinterher, der mit seinem steifen Gang im Mondschein zu seiner Holzhütte lief. Und er sah ihm noch nach, als der alte Mann schon längst in der Nacht verschwunden war.

13. KAPITEL
    D as Gehör:
Obwohl sich die meisten Greifvögel bei der Jagd auf ihr scharfes Sehvermögen verlassen, haben sie ein exzellentes Gehör. Rohrweihe fliegen nahe über dem Boden und haben den Kopf dabei gesenkt, um beide Sinne zu nutzen – das Sehen und das Hören. Rundschwanzsperber jagen Wachteln, indem sie deren Rufen folgen. Eulen haben ein so feines Gehör, dass sie Geräusche bis zu zehn Mal besser wahrnehmen als Menschen. Diese Vögel verlassen sich auf ihren Hörsinn, um ihre Beute zu lokalisieren – selbst in totaler Finsternis
.
    Brady saß am Tor des Centers, aß ein Brot und wartete darauf, dass ihn jemand abholte. Er zog es vor, hier draußen zu warten statt drinnen im Center, wo jeder mitbekommen würde, dass seine Mutter ihn noch immer fahren musste. Vor allem vor Clarice wäre ihm das peinlich. Er musste nur noch eine Weile durchhalten. Seine Eltern hatten ihm gesagt, sie hätten seine Fahrerlaubnis einbehalten, bis er die gemeinnützigen Stunden abgearbeitet hätte, aber da er merkte, dass es seiner Mutter langsam auf die Nerven ging, ihn zwei Mal pro Woche ins Center zu fahren, war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihm die Schlüssel für den Wagen wiedergeben würden.
    Nicht weit von ihm entfernt hockte der weiße Hahn und pickte einige Körner, die er ihm hingeworfen hatte. Jeden Samstag und Mittwoch hatten die

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