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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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“Das überrascht mich nicht. Ich habe bemerkt, dass einfach alle Vögel Ihnen besonderes Vertrauen entgegenbringen, nicht nur Santee.”
    “Sie kennen mich genauso wie ich sie kenne. Sehen Sie”, versuchte Lijah zu erklären, “jeder Vogel hat seine eigene Persönlichkeit, genau wie der Mensch. Wenn Sie nur genug Zeit mit ihnen verbringen, können Sie es auch fühlen. Nehmen Sie nur einmal Chance”, sagte er und deutete auf den Steinadler. “Er ist ein richtiger Tyrann. Sie dürfen ihm niemals den Rücken zudrehen. Oder Cinnamon … dieser Falke kann schmollen und jammern, wenn Sie ihn lassen. Aber geben Sie ihm die Möglichkeit, und er ist süß wie Honig. Oyster ist der Sportliche. Alles, was Sie tun müssen, ist ihm dabei zuzusehen, wie er durch die Lüfte schwebt, und Sie wissen, dass es der pure Spaß für ihn ist und dass es ihm gut geht. Und Risk?” sagte er und schüttelte den Kopf. “Der Falke fühlt sich als etwas Besseres. Er weiß, dass er etwas Besonderes ist. Und damit gibt er gerne an.”
    Harris lauschte den Charakterisierungen der Vögel und wusste, dass Lijah Recht hatte.
    “Sie zeigen, wer sie sind und wie es ihnen geht”, fuhr Lijah fort, “wenn man ihnen nur genau zusieht. Und Sie wissen selbst, dass ein Falke mit seinen scharfen Augen feststellen kann, in welcher Gemütslage wir uns befinden, noch bevor wir seinen Käfig überhaupt erreicht haben. Sie können das am Gang des Menschen, an seiner Haltung und der Gestik erkennen. Da sind sich die Vögel und die Menschen gleich. Das Problem ist, dass wir uns gegenseitig und den Tieren nicht genug Aufmerksamkeit schenken. Die meisten Menschen
schauen
, aber sie
sehen
nicht.”
    Harris spürte, wie die Aufregung in ihm wuchs. Sie kamen langsam dem näher, was er lernen, was er wissen wollte. Nämlich, ob es diese Gabe, dieses Geschenk, mit den Vögeln so eine besondere Verbindung aufnehmen zu können, wirklich gab. Er hatte Geschichten von diesem Band zwischen Mensch und Vogel gehört, hatte darüber nachgegrübelt, aber hatte es nie kennen gelernt – bis er Lijah mit den Tieren erlebt hatte.
    “Wenn wir mit den Vögeln arbeiten und ich kein Häppchen Fleisch auf meinem Handschuh habe, kommen die Tiere manchmal nicht. Aber bei Ihnen kommen sie. Jedes Mal. Auch ohne das Futter.” Er lehnte sich gegen den Holzrahmen der Voliere. “Ich habe darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass es sich um Gewöhnung handeln muss. Die Vögel kennen Sie und haben sich daran gewöhnt, dass Sie sich um sie kümmern. Also schnappen sie nicht nach Ihnen und kommen, weil sie von Ihnen eine Belohnung erwarten. Das haben die Tiere gelernt.”
    “Ist das so?”
    Harris sah Lijahs Augen amüsiert funkeln und lächelte selbstironisch. “Wie, alter Mann, erklären Sie sich sonst die Tatsache, dass die Vögel jedes Mal kommen, wenn Sie sie rufen?”
    “Ich habe nie behauptet, dass ich irgendetwas erklären kann. Ich frage den Vogel einfach, ob er kommen möchte.”
    “Sie meinen, sie
wollen
es?”
    Lijah hob Schulter zuckend die Hände. “Ich meine, ich
tue
es einfach, und sie
kommen
einfach. Ich kann das nicht in Worte fassen. Mein Junge, warum hinterfragen Sie alles? Sie müssen lernen, manche Dinge einfach
sein
zu lassen, sie einfach hinzunehmen. Sie müssen ein Teil der Natur sein und nicht versuchen, sie zu kontrollieren.” Er schüttelte den Kopf, und ein leichtes Lächeln umspielte seinen Mund. “Ihre kleine Tochter ist Ihnen sehr ähnlich. Wenn Sie sich beruhigen und hören und schauen, werden Sie nach und nach verstehen, wovon ich spreche.”
    Harris verlagerte sein Gewicht und räusperte sich geräuschvoll. “Können Sie mich das lehren?”
    “Sohn”, fragte er sorgenvoll, “was kann
ich Ihnen
beibringen?”
    Harris Mund war trocken. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er musste ihn fragen. “Lehren Sie mich, mit ihnen zu kommunizieren.”
    “Mit wem?”
    “Mit den Vögeln natürlich.”
    Die Miene des alten Mannes schien sich zu verdunkeln. Als er sprach, wirkte er müde. “Verstehen Sie, das ist der Punkt. Es gibt nichts, was Sie tun, was Sie lernen könnten, was
nur
mit den Vögeln zu tun hat. Oder
nur
mit den Menschen oder
nur
mit den Tieren, wie manche Leute glauben. Es geht darum, wie Sie mit allem, was Sie umgibt, umgehen. Sogar mit den Elementen. Sehen Sie”, sagte er und hielt zwei lange, braune Finger hoch, die er verschränkt hatte. “So funktioniert es nicht”, sagte er und hielt die beiden Finger

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