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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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super.”
    “Wir müssen aber morgen unbedingt in die Schule, wegen der Tests. Die sind Pflicht.”
    “Da gehen wir ja auch hin.”
    Lust hatte Brady schon. Es war lange her, dass er sich mit seinen Freunden getroffen hatte, um zu fischen oder zu jagen. Oder sich einfach zu unterhalten, Spaß zu haben und ein paar Dosen Bier zu trinken.
    “Ich kann nicht. Nicht heute Abend. Beim nächsten Mal.”
    “Verdammt, Brady. Was ist los mit dir? So kenne ich dich ja gar nicht.”
    “Ich habe zu tun.”
    Damit war die Diskussion beendet. Brady erkannte in Mannys bitterem Gesichtsausdruck, dass etwas neu war, anders, dass sie nicht länger an seinem Leben teilhatten.
    Später, als seine Freunde in den Truck geklettert und davongefahren waren, spürte Brady plötzlich eine große Leere und Einsamkeit in sich. Er wusste, dass nichts mehr so sein würde wie früher.
    Was ist los mit dir? So kenne ich dich gar nicht
.
    Er lief unter den wachsamen Blicken des alten Gockels zum Tor und hielt davor an. Der Hahn legte den Kopf schief, sein roter Kamm erzitterte, und er blickte Brady mit seinen glänzenden schwarzen Augen an.
    “Du
bist
ein seltsamer Hahn, das weißt du, oder?” sagte Brady liebevoll. “Du sitzt hier einfach so herum und beobachtest alles, was um dich herum geschieht. Völlig reglos, aber allwissend auf deinem Baumstamm.” Sein Lächeln erstarb, und er presste die Lippen aufeinander. Die Erkenntnis, dass sein Leben, dass
er
sich verändert hatte, traf ihn wie ein Schlag. “Ich wünschte bei Gott, du könntest reden. Vielleicht könntest du mir dann sagen, was oder wen du siehst, wenn du
mich
betrachtest.”

16. KAPITEL
    W erberituale:
Greifvögel haben ausgesprochen vielfältige und besondere Arten des Werbens. Weit verbreitet und faszinierend zu beobachten sind die Flugmanöver, die einem Tanz in der Luft gleichen, zum Beispiel der unregelmäßige, flatterhafte Gleitflug und der schnelle, wendige Power-Flug. Des Weiteren bringt das Männchen dem Weibchen seiner Wahl Futter, um zu zeigen, dass es während der langen, Kraft raubenden Brutzeit für sein Weibchen sorgen kann. Das Werben schafft ein erstes zartes Band zwischen den Partnern, das sich im Laufe der Zeit verfestigt und zur Paarung führt. Einige Raubvögel, wie Adler und Fischadler, leben monogam und bleiben ihrem Partner ein Leben lang treu
.
    Die zarten Farben des frühen Morgens verschwammen im sanften Nebel. Harris trat nach draußen. Sofort umgaben ihn die Feuchtigkeit und die Wärme des milden Morgens. Der Duft der Frühlingsblumen war so süß, dass er fast glaubte, ihn schmecken zu können. Hinter Harris fiel die Fliegengittertür zu, als er die Stufen der Veranda hinunterging, die vom Tau noch klamm waren. Während seines allmorgendlichen Rundgangs durch die Ställe und Volieren spürte er, wie die Müdigkeit des lauen Maitages in seinen Körper, sein Innerstes drang.
    Am Horizont bemerkte er ein paar graue Wolken. Der Wetterbericht hatte einen trockenen, klaren Tag angekündigt, und Ella und er wollten unten beim Santee-Fluss ein paar Virginiauhus in die Freiheit entlassen. Regen stellte in solchen Momenten ein Problem dar.
    Harris’ Stiefel waren schon bald von der Feuchtigkeit des Rasens durchnässt. Die meisten Vögel hockten in ihren Käfigen auf ihren Sitzstangen und warteten auf die Sonne, die ihr klammes Gefieder trocknen sollte. Gerade lief er an den Pferchen entlang und grübelte über den Ausflug nach, als er Marions Stimme vernahm, die leise und schmeichelnd rief: “Hallo, Krähe!”
    Sein Schritt verlangsamte sich. Er drehte sich zur Voliere der Krähen, in der Little Crow nahe den Gitterstäben auf seiner Sitzstange hockte.
    “Marion?” rief Harris. Keine Antwort.
    Das war verrückt. Marion wollte doch bei Annie schlafen und war deshalb am Abend mit Maggie zu ihr nach Hause gegangen. Verwirrt fuhr er sich mit der Hand durchs Haar und glaubte schon, sich die Stimme seiner Tochter nur eingebildet zu haben. Entnervt machte er kehrt, um seine Runde fortzusetzen.
    Doch plötzlich ertönte wieder ihre Stimme. “Hallo, Krähe!”
    Er drehte sich abrupt um und starrte Little Crow an. Dieses Mal war er sich sicher, die Stimme gehört zu haben. Für einen Augenblick wollte er nicht glauben, was er gerade vernommen hatte – Little Crow sprach und imitierte Marions Stimme!
    “Also, ich bin …” murmelte er, als ihm langsam alles klar wurde. Er hatte nicht glauben wollen, dass Marion es schaffen würde, diesem Tier das Sprechen

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