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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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Landschaft unterschied sich von den felsigen, grünen Bergen in Vermont. Hier erstreckte sich der blaue Himmel endlos über die weiten Sümpfe und, dahinter, über das glitzernde Blau des Wassers. Über den Baumwipfeln schlug der allgegenwärtige Geier mit den Flügeln und zog seine Kreise.
    Es war kaum zu glauben, dass sie nicht einmal vor einem Monat ihren Wagen voll gepackt hatte und aus dem Bundesstaat der grünen Berge nach South Carolina gefahren war. In den wenigen Wochen, seit sie in Charleston war, hatte sie im Hotel gewohnt und einige Vorstellungsgespräche für Schwesternstellen gehabt. Fähige Krankenschwestern wurden händeringend gesucht, und die Hospitäler rissen sich um sie.
    Aber die Wahrheit war, dass sie nicht wieder in einem Krankenhaus arbeiten konnte. Noch nicht jetzt. Ihr Herz war ausgelaugt, ihre Seele war am Verdursten, und ihr Instinkt befahl ihr, so schnell wie möglich eine Oase zu finden, in der sie sich ausruhen und Kraft schöpfen konnte, bevor es zu spät war.
    Und genau in dem Moment hatte sie die Anzeige in der Zeitung entdeckt. Es war nur eine winzige Anzeige gewesen, fast hätte sie sie übersehen. Jemand brauchte eine Vollzeit-Pflegekraft für sein Kind, das an Diabetes litt. Medizinisches Vorwissen war erwünscht. Das sprach sie an. Aber es war der kleine Zusatz
Wir brauchen jemanden, der sich sorgt
, der Ella dazu veranlasste, die Anzeige einzukreisen und die Nummer anzurufen. Sie glaubte nicht an Wunder, so etwas wie Schicksal oder Fügung konnte sie jedoch nicht ausschließen.
    Nun also war sie wieder unterwegs. All ihre Habseligkeiten hatte sie in ihr Auto gepackt und fuhr ihrer neuen Bestimmung entgegen. Ihr Weg führte sie in eine ländliche kleine Stadt namens Awendaw, die nördlich von Charleston gelegen war. Als sie Vermont damals verließ, hatten ihr ihre Tanten gesagt, sie solle das Abenteuer genießen. Und als Kindermädchen in einem fremden Haushalt zu wohnen, den sie nie zuvor gesehen hatte, war in der Tat ein Abenteuer. Sie hatte sich entschieden, ihren beiden altjüngferlichen Tanten zunächst nichts von ihrer Entscheidung zu schreiben, da die beiden sich nur unnötig Sorgen machen und vor Aufregung durch die Wohnung flattern würden wie zwei alte Hennen. In Wahrheit aber jagte auch ihr Herzschlag wie verrückt, wenn sie darüber nachsann, ob das Kind sie mögen würde, ob die Familie nett war und ob das Haus sauber wäre oder nicht.
    Nach etwa zwanzig Kilometern achtete sie auf die Kilometersteine und bog dann vom Highway 17 auf einen schmalen Kiesweg ab, der direkt ins Nichts zu führen schien. Sie hielt an, schob ihre Brille zurecht, prüfte ihre handschriftlichen Weisungen und reckte den Hals, um sich einen Überblick über die Gegend zu verschaffen. Es gab kein Schild oder Postkasten oder irgendetwas, das ihr einen Hinweis hätte geben können, wo sie sich befand.
    Sie blickte aufmerksam die Straße hinauf und fuhr circa zwanzig Meter weiter. Die Reifen ihres Wagens knirschten im Kies. Vor einem breiten Metalltor, das den Weg versperrte, stoppte sie. Auf dem Gitter – und durch nichts von der Tatsache aus der Ruhe zu bringen, dass Ellas Wagen bloß dreißig Zentimeter vor ihm stand – saß ein dicker weißer Hahn, der sie über seinen gelben Schnabel hinweg stolz ansah. Ella lachte leise. Dies
musste
das Coastal Caroline Center für Greifvögel sein.
    Sie öffnete die Wagentür und setzte einen Fuß heraus. “Hallo, du!” rief sie.
    Der Hahn betrachtet sie mit seinen dunklen, strahlenden Augen und schüttelte nur einmal kurz seinen leuchtend roten Kamm.
    “Okay, alter Junge, ganz wie du willst.” Die Sturheit von Hähnen kannte Ella nur zu gut. In ihrer Kindheit hatten sie eine ganze Hühnerfamilie besessen. Sie fuhr langsam immer näher an den Zaun heran, sicher, dass der Hahn jeden Moment laut protestierend davonflattern würde.
    Doch nichts geschah. Der Vogel blieb unerschrocken auf seinem Platz. Schließlich stieg Ella aus und hob die schwere Kette an, die das Gatter verschloss. Sie stemmte das Tor auf, und der Hahn hielt sich wacker fest, als es aufschwang. Nachdem Ella durch das Tor gefahren war, wiederholte sich die Szene in umgekehrter Reihenfolge. In ihrem Rückspiegel konnte sie den Hahn noch immer reglos und teilnahmslos in die Gegend starrend auf seinem Platz sitzen sehen. Jetzt musste Ella laut auflachen – der Vogel gefiel ihr wirklich.
    Nun, da sie die Umzäunung und den mysteriösen Wächter des Tores hinter sich gelassen hatte,

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