Dem Himmel entgegen
einen weiteren Raum.
Durch die geöffnete Tür erkannte Ella ein schwarzes Metallbett, auf dem eine strahlend weiße Bettdecke lag, die neu zu sein schien. Sie drehte ihren Kopf und sah eine geschlossene Tür am Ende des Flurs. “Und was ist da?”
“Daddys Büro.”
“Ach so. Und wo schläfst du?”
Marion deutete nach oben. “Das war mal der Dachboden, aber Daddy hat es für mich umgebaut. Es ist jetzt
mein
Zimmer. Und es ist rosa. Rosa ist meine Lieblingsfarbe. Eine Treppe, hinten bei der Küche, führt nach oben.”
“Ist mein Zimmer auch da oben?”
“Neeein”, sagte Marion kopfschüttelnd und zog das Wort wie Kaugummi. Dabei sah sie Ella an, als wäre es völlig verrückt, überhaupt zu fragen. “Da oben ist nur mein Bett. Und ein Schrank, wo Daddy seine Sachen aufbewahrt.”
“Ah, ich verstehe.”
Aber verstehe ich das wirklich, fragte sie sich? Das Haus war noch kleiner, als sie es sich vorgestellt hatte, und es schien keine weiteren Räumlichkeiten zu geben. Sie biss sich auf die Unterlippe. Plötzlich hatte sie Angst, die Jobbeschreibung von Mr. Henderson vielleicht missverstanden zu haben.
“Kaffee?” rief Harris und betrat mit einem voll beladenen Tablett das Wohnzimmer.
Sie setzte sich auf einen Holzstuhl in der Nähe des wärmenden Ofens. Er hatte sogar daran gedacht, Lebkuchen und großzügig mit Käse bestrichene Cracker auf einem Teller anzurichten. In einem blauen Tonkrug war Milch. Er füllte ein Glas für Marion und legte ein paar der Käsehäppchen auf einer Serviette vor ihr auf den Tisch. Hastig schlang das Mädchen Milch und Cracker hinunter. Es herrschte verlegenes Schweigen. Ella nippte an ihrer Tasse, erleichtert, dass sie etwas zu tun hatte. Der Kaffee war stark und schmeckte köstlich, nicht so wie die lasche Brühe, die so viele Leuten kochten. Gestärkt durch das warme Getränk wartete sie geduldig, bis er sich mit seiner Tasse Kaffee auf das Sofa gesetzt hatte, bevor sie das Wort ergriff.
Sie straffte die Schultern. “Mr. Henderson”, begann sie. “Erlauben Sie mir, direkt auf den Punkt zu kommen. Dies
ist
doch eine Stelle, bei der die Pflegerin mit im Haus wohnt, stimmt’s?”
Gerade wollte er einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse nehmen, hielt aber inne, stellte sie zurück auf den Tisch und legte seine Hände in den Schoß. “Ja.” Er errötete leicht und suchte unbeholfen nach den richtigen Worten. “Ich weiß, dass das Haus sehr klein ist. Aber nicht zu klein, wie ich denke. Am Anfang könnte es ein bisschen eng werden, doch wenn das Wetter erst mal wieder besser ist … es gibt eine kleine Holzhütte am Weiher. Sie hat keine Heizung, wissen Sie. Wenn es Frühling wird, kann ich da hinziehen. Und die Außendusche benutzen.”
“Oh, ich bin mir sicher, dass das Haus völlig ausreichen wird”, erwiderte sie hastig, erleichtert, dass sie die Anzeige nicht falsch verstanden hatte. “Aber … Mr. Henderson, welches ist denn mein Zimmer?”
Langsam dämmerte es ihm, und seine Miene hellte sich auf. Er verstand. “Aber natürlich … wie unaufmerksam. Ich hätte Ihnen gleich Ihre Bleibe zeigen sollen. Sie bekommen das große Schlafzimmer. Es ist das geräumigste Zimmer, und Sie haben einen wundervollen Ausblick auf den Weiher. Außerdem habe ich Ihnen einen kleinen Fernseher hineingestellt. Und einen Sekretär. Ich dachte, also, ich meine, falls Sie ein bisschen Privatsphäre brauchen.”
“Ich will Sie aber nicht vertreiben.”
“Das ist kein Problem. Es gibt in meinem Büro noch ein Bett. Das reicht mir vollkommen, und die meiste Zeit bin ich sowieso in der Klinik.”
Ella fühlte sich erleichtert. Zwar würde es eng werden, aber es würde schon gehen.
Marion beäugte sehnsuchtsvoll die Kekse. Ella nahm einige Käsecracker und legte sie vor Marion auf die Serviette. Das Kind aß sie, ohne zu murren. Für die Zukunft nahm Ella sich vor, sämtliche Lebkuchen, Kekse und sonstige Süßigkeiten wegzuwerfen. Die Fünfjährige sollte nicht mehr in Versuchung geführt werden.
“Können Sie mir etwas über Marions Krankheit erzählen?” fuhr Ella fort. “Wie hoch ist ihr derzeitiger Insulinpegel?”
Harris wischte sich den Mund mit seiner Serviette ab und wandte sich an seine Tochter. “Marion, warum gehst du nicht in dein Zimmer und spielst ein bisschen. Miss Majors und ich müssen uns unterhalten.”
“Muss ich?”
“Sie kann ruhig bleiben”, warf Ella ein.
“Ich denke, wir sollten diese Sache allein besprechen.” Harris blickte sie fest
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