Dem Himmel entgegen
könnte, was in der Klinik vor sich ging …
Er schürzte die Lippen – er wusste, dass es nicht ging. Seit Beginn des Arrangements zwischen Ella und ihm hatte er schon ein paar Auseinandersetzungen mit ihr deswegen gehabt.
Seine
Aufgabe war es, Zeit mit Marion zu verbringen und sie nicht zu jemand anderem abzuschieben. Ella hatte ihre Aufgabe mit der größten Selbstverständlichkeit angetreten. Ihre Fähigkeiten als Krankenschwester halfen ihr sehr weiter und kamen zum Einsatz, wie er es vermutet hatte, und es stellte sich heraus, dass sie bei der Behandlung der Vögel sehr geschickt war. Noch immer war sie ein wenig gehemmt und ängstlich, wenn es darum ging, die Tiere aus ihrem Käfig zu holen, aber die älteren, erfahreneren Helfer übernahmen das für sie. Wenn sie einmal am Behandlungstisch stand, hatte sie keinerlei Probleme, die Vögel zu versorgen.
Die Wahrheit war, dass sie sich wunderbar eingelebt und den ganzen Arbeitsplatz umgewandelt hatte, genau wie sie das schon mit dem Haus getan hatte. Die Klinik war noch nie so sauber und aufgeräumt gewesen.
Zuerst war er ein wenig enttäuscht gewesen, dass das Erste, was ihr in der Klinik aufgefallen war, die verbesserungswürdigen hygienischen Verhältnisse gewesen waren. Sicher, er wusste selbst, dass die Bakterien leicht auf ein krankes Tier übertragen werden und dort eventuell verheerende Schäden anrichten konnten, doch die meisten Menschen, die in der Klinik arbeiteten, waren erst einmal fasziniert und auch eingeschüchtert von der Schönheit und imposanten Erscheinung der Greifvögel. Die meisten entwickelten tiefe Gefühle für sie und den Ehrgeiz, diese Tiere gesund zu pflegen und wieder in die Natur auszuwildern. Ella dagegen wirkte den Vögeln gegenüber sehr reserviert und zurückhaltend. Sie widmete sich der Pflege, dem Sauberhalten und der Hygiene in der Klinik. Kleine getippte Zettelchen hingen überall im Gebäude und erinnerten daran, auf Sauberkeit zu achten, um Infektionen und Ansteckungsgefahren zu verhindern. Auf jedem Zettel standen fette Überschriften wie: Hände waschen!, Kein Futter auf den Behandlungstisch legen!, Medizinisches Besteck und Besteck zur Futterzubereitung bitte getrennt lagern! und diverse Unterpunkte dazu.
Die Freiwilligen machten sich über die Hinweise lustig, aber unter dem Spott bemerkte Harris die Anerkennung und den Respekt für Ellas Bemühungen.
Er musste zugeben, dass er ein bisschen eifersüchtig war. Während Ella in der Klinik etwas bewegte, war alles, was er tat, auf dem Fußboden zu sitzen, zu würfeln und kleine blaue Figürchen auf einem bunt gemusterten Spielbrett weiter zu setzen.
“
Daddy!”
Er blinzelte, als er merkte, dass Marion ihn rief. “Was?”
“Du bist dran”, sagte sie genervt.
“Oh. Okay. Aber sicher.” Er nahm den Würfel und würfelte. Sechs. Mit ausdrucksloser Miene blickte er auf das Brett. “Wo bin ich denn?”
Marion schaute ihn missbilligend an und schob das Spielbrett zur Seite. “Ich habe keine Lust mehr.”
Harris konnte seine Erleichterung kaum verbergen. “Musst du auch nicht. Was möchtest du denn jetzt gerne tun?”
“Fernsehen gucken.”
“Nein, fernsehen gibt es nicht. Möchtest du vielleicht ein anderes Spiel spielen?”
Sie zuckte die Schultern und blickte zu Boden.
“Und was ist hiermit?” fragte er und zog einen Karton aus dem Schrank.
Marion schüttelte den Kopf.
“Was ist denn los, Süße?”
“Nichts.”
“Na komm, sag schon.”
Sie stöhnte auf und streckte sich auf dem Fußboden aus, als sei sie müde.
Er spürte Angst in sich aufsteigen. “Fühlst du dich krank? Ist es das? Vielleicht sollte ich deine Blutwerte checken?”
Sie hob abrupt den Kopf, ihre Augen verengten sich. “Nein! Du musst meine Blutwerte nicht messen!”
Sein Magen zog sich in Erwartung einer ihrer gefürchteten Wutausbrüche krampfhaft zusammen. Seit einigen Wochen war das nicht mehr passiert, und wenn es jetzt geschähe, würde das nur bestätigen, dass er mit der Pflege seiner Tochter offenbar überfordert war. Er stand auf und streckte die Hand nach ihr aus.
“Komm schon, wir machen das jetzt einfach, in Ordnung?”
“Nein, Daddy! Das muss nicht sein.” Sie trat störrisch nach dem Spielbrett, und die Figuren flogen durch die Luft.
Mittlerweile war Harris davon überzeugt, dass ihr Blutzucker gefallen war, und sein Herz schlug schneller. “Bleib hier”, befahl er ihr und lief aus dem Zimmer, um das Testbesteck aus dem Badezimmer zu holen. Wie
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