Dem Himmel entgegen
schwer aus, versuchte, die Fassung zu behalten, die sie bei der Erwähnung seines Namens zu verlieren drohte.
“Wer ist Bobby?”
Sie hielt an. Er ging noch einen Schritt, bevor er merkte, dass sie nicht mehr neben ihm war. Er drehte sich um und betrachtete sie mit fragendem Blick.
“Sie müssen nicht darüber reden, wenn Sie nicht möchten.”
Tatsächlich hätte Ella lieber nicht über Bobby gesprochen, vor allem, weil auch Harris so verschlossen gewesen war, als sie mehr über Fannie hatte wissen wollen. Aber dies war ein Schritt in die richtige Richtung, wenn sie in Zukunft ehrlicher und offener miteinander umgehen wollten, und so entschloss sie sich, diesen Schritt nach vorn auch zu gehen.
Also erzählte sie ihm von Bobby, von seinem Diabetes und seinem Tod, und wie es sie dazu gebracht hatte, ihren Beruf als Krankenschwester in Frage zu stellen. Wie es sie aus Vermont hin in die kleine Stadt Awendaw, in South Carolina, verschlagen hatte, an einen Zufluchtsort namens Coastal Carolina Center für Greifvögel. Während sie sprach, liefen sie langsam zum Center zurück. Er hörte aufmerksam zu, nahm sie nur manchmal in den Arm, drückte sie, wenn sie ihre innersten Gefühle offen darlegte. Dieses Mal fühlte sie sich nicht aufgeregt oder aus der Fassung gebracht. Seine Nähe war ganz natürlich.
Als sie geendet hatte, liefen sie schweigend nebeneinander her. Der Kies knirschte unter ihren Schuhen, und sie hörten über sich in der Ferne den schrillen Ruf eines Falken.
Endlich sagte er: “Wenn man so verletzt worden ist, ist es schwierig, sich jemand anderem zu öffnen und ihn ganz nahe an sich heranzulassen.”
“Ja”, erwiderte sie sanft und fragte sich, ob er damit auf sich und Fannie anspielte. “Ich kam hierher und wollte auf jeden Fall verhindern, dass ein Kind sich wieder in mein Herz stiehlt. Und was ist geschehen?” Sie blickte ihn von der Seite an und beide lächelten wissend. “Ja. Marion hat die unsichtbare Mauer um mich herum eingerissen und ihren Weg in mein Herz gefunden. Ich danke Gott dafür. Denn genau dafür ist ein Herz bestimmt. Für die Liebe, Harris. Und für die Sorge um einen anderen. Für Zuneigung und Freundlichkeit und die Fähigkeit, zu verzeihen. Das sind die Qualitäten, die uns menschlich machen. Der Verstand ist der Sitz des Egoismus. Die Seele wohnt im Herzen.”
Sie hielten wieder an, und er ließ seinen Arm von ihrer Schulter gleiten. Suchend blickte er sie an. Ella folgte ihrem Gefühl und strich ihm sanft eine Locke aus dem Gesicht.
“Tun Sie mit Marion das, was mir ein weiser alter Mann im Umgang mit den Vögeln geraten hat”, sagte sie. “Öffnen Sie einfach Ihr Herz, und lassen Sie all die Wärme heraus. Sie müssen nicht immer funktionieren oder etwas reparieren oder fühlen, als müssten Sie sich um sie kümmern. Seien Sie einfach da für sie. Alles, was Ihre Tochter braucht, ist Zeit mit Ihnen. Spielen Sie ihre Spiele. Dann sind Sie wirklich mit Ihrer Tochter verbunden.”
“Aus Ihrem Mund klingt das alles so einfach.”
“Das ist das Geheimnis. Es
ist
einfach.”
Sie lächelte, und er staunte darüber, wie sich ihr Gesicht dabei in etwas so Schönes verwandeln konnte.
12. KAPITEL
G eier:
Das Aufräum-Kommando. Geier sind große schwarze Vögel mit federlosen Köpfen. Obwohl sie in ihrem Flug- und Jagdverhalten viele Gemeinsamkeiten zu den Greifvögeln aufweisen, sind sie vor nicht allzu langer Zeit als Verwandte der Störche (Ordnung der Schreitvögel) klassifiziert worden. Diese Aasfresser jagen, fressen und brüten in der Gruppe. Geier haben breitere Flügel als andere Raubvögel und können scheinbar mühelos sehr lange und sehr hoch in den Lüften dahingleiten
.
“Wir bekommen heute noch zwei weitere Waisenkinder.”
Ella sah von der Tabelle auf und schnitt eine Grimasse. Wie sie gelernt hatte, war das der übliche Satz für den Neuzugang von Greifvögeln.
So niedlich die Jungvögel auch waren, bestand doch immer die Gefahr, die Nestlinge zu sehr an den Menschen zu gewöhnen. Die kleinen Tiere identifizierten sich mit demjenigen, der sich um sie kümmerte. Wenn sie sich auf einen Menschen fixiert hatten, war diese Fixierung nicht mehr rückgängig zu machen, und es war unmöglich, den Vogel wieder in die Natur einzugliedern. Abgesehen davon, war es ein hartes Stück Arbeit, einen schnell wachsenden Greifvogel zu versorgen. Die Helfer mussten jedes Mal Schutzkleidung anziehen, wenn sie Futter in die Volieren brachten oder die Reste
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