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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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starrten sie neugierig und nachdenklich an. “Was für ein Paar. Mit diesen langen Beinen, großen Schnäbeln und dem bräunlichen Flaum sehen sie aus wie zwei warmherzige Revuegirls mit Federboas.”
    “Oder wie Drag-Queens.”
    Sie kicherten beide, als Ella das Tuch vor den Käfig hängte. Sie wusste, dass diese beiden aif jeden Fall Namen bekommen würden.
    Während Ella die Waisenkinder pflegte, kümmerte sich Harris um seine eigene kleine Tochter. Heute war der erste Frühlingstag, und der Frühling war seine liebste Jahreszeit. Um sie herum brach die Erde auf und erblühte. Die Tage wurden länger und wärmer, und der Carolina-Jasmin mit seinen himmlisch duftenden gelben Blüten erwachte zu seiner vollen Pracht. Er wusste, dass die Sonne in einigen Wochen auch die Hornsträucher, die Azaleen, Glyzinien und Dutzende von anderen Wildblumen hervorgelockt hätte und die Spaziergänge mit seiner Tochter dann Ausflügen in eine Märchenwelt gleichen würden.
    Ellas Ratschlag folgend wollte er etwas mit seinem Kind teilen, das ihm wichtig und lieb war. Hand in Hand liefen sie durch die Kiefernwälder, die um ihr Haus herum wuchsen. Harris hatte gar nicht gewusst, dass Marion gerne auf Bäume kletterte. Sie war wie ein kleiner Affe, wie sie sich so die knorrigen Äste der Eichen hinaufhangelte, die dafür wie gemacht schienen.
    Es faszinierte ihn, zu erkennen, dass Marion eine eigenständige Persönlichkeit war, mit eigenen Ideen, Vorstellungen und Talenten. Sie war keine Miniaturausgabe von ihm oder Fannie oder etwa eine Mischung aus ihnen beiden. Nein, sie war etwas Besonderes. Sie interessierte sich für Dinge, die er nicht im Entferntesten interessant finden konnte. Und dann, wenn er es am wenigsten erwartete, stellte sie eine Frage, die auch ihn beschäftigte, zum Beispiel, wenn sie etwas über Flechten oder die Rinde eines Baumes wissen wollte. Es war, als würde sich eine Knospe entfalten.
    Die wärmende Sonne auf seinem Rücken machte ihn so faul und müde wie einen Alligator, der auf einer Sandbank ruht. Marion dagegen hörte das Hämmern eines Spechtes und schoss in die Richtung los, aus der die Geräusche kamen. Sie kletterte die unteren Äste hoch, doch der Vogel flog natürlich davon. Harris beobachtete mit einem Lächeln, wie sie zurückstapfte – das Gesichtchen spiegelte ihre Frustration wider.
    Ein bisschen später entdeckte er im hohen Gras nicht weit von ihnen entfernt ein Kaninchen. Er hockte sich hin und winkte Marion zu sich herüber. Sie kam vorsichtig und vor Aufregung fast zitternd zu ihm. Er legte den Finger auf den Mund, um ihr zu bedeuten, ganz leise zu sein, und deutete auf das Kaninchen. Es hörte auf zu mümmeln und betrachtete sie aufmerksam.
    “Das Sumpf-Kaninchen versucht sich vor uns zu verstecken”, sagte Harris und blickte in die dunklen Augen des Tieres.
    “Wo denn, Daddy?”
    “Genau da hinten, hinter dem Hornstrauch. Aber sei bitte ganz leise.”
    Marion schnappte nach Luft, als sie das Tier entdeckte, rannte dann plötzlich mit ausgestreckten Armen hinter dem Kaninchen her und schrie: “Stopp! Stopp! Ich werde dir nicht wehtun!”
    “Marion!” rief Harris.
    Wie zu erwarten, verschwand das verängstigte Tier mit zwei großen Sätzen im Dickicht – immer noch verfolgt von Marion.
    “Komm zurück!” rief er hinter ihr her.
    “Daddy, mach, dass es stehen bleibt!” jammerte sie atemlos, als sie zurückkam. Ihre Wangen waren gerötet von der Jagd, und auf ihrer Stirn zeichneten sich Sorgenfalten ab.
    “Es ist schon lange weg, Süße”, erklärte er ihr und musste mit aller Macht ein Grinsen unterdrücken. “Und es ist schon sehr lange her, dass ich Kaninchen fangen konnte.”
    “Es will nicht mit mir spielen”, weinte sie und lehnte sich gegen Harris. “Keines von ihnen will mit mir spielen.” Tränen hingen an den Enden ihrer Wimpern.
    “Natürlich wollen sie nicht mit dir spielen. Du jagst sie. Tiere mögen das nicht. Sie denken, du willst sie essen.”
    “Aber sie halten ja auch nicht still, damit ich sie fangen kann.”
    “Du solltest sie auch nicht fangen. Und du solltest sie nicht jagen. Sie sind wilde Tiere.”
    “
Nein
, Daddy”, sagte sie wütend, weil er sie einfach nicht verstand. “Dann habe ich aber überhaupt niemanden, der mit mir spielt.”
    “Aber du hast doch mich.”
    Sie schmollte und starrte auf ihre Füße. Er war offensichtlich nicht das, woran sie dachte.
    Oder was sie braucht, dachte er. Sie hatte schon viele Babysitter gehabt.

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