Dem Killer auf der Fährte
andere Hund. Ich habe mich deshalb wieder auf Elaine Walsh konzentriert und frage mich, ob der Mörder nicht doch hinter ihr her war und nicht hinter Kimi. Aber das würde bedeuten, daß es jemand war, der sie gar nicht, oder nicht sehr gut kannte. Einer, der nicht wußte, daß sie Hüttenkäse nicht mochte und ihn nur für Kimi gekauft hatte.«
»Da ist noch etwas mit Kimi.« Steve spricht langsam und mit einem Akzent, dem man seine Herkunft aus dem Mittleren Westen anhört.
Nach meinem Pizza-Sieg war Kimi ruhig und zufrieden geworden. Sie lag jetzt langgestreckt neben Steve auf dem Boden und hatte ihm eine ihrer Pfoten in die Hand gelegt. Bedächtig und liebevoll strich er über den Streifen schwarzer Haare, der von ihrem Kopf über ihre Schnauze verlief und zog mit dem Finger die Konturen ihrer schwarzen Augenmaske nach. »Es ist... Nun ja. Als ich sie die ersten paar Male sah, stimmte irgendwas nicht mit ihr. An ihrem Körper waren kahle Stellen. Nicht groß, nur ein paar kleine Stellen, wo sie fast ganz kahl war. Als ob sie ein paar Büschel Haare verloren hätte, vielleicht in einem Kampf.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich auch nicht.«
»Hitzeflecken?«
Hitzeflecken sind rote und nässende Hautpartien, die sich meistens bei heißem Wetter bilden. Sie jucken so schrecklich, daß der Hund sie, in dem vergeblichen Versuch, sich Erleichterung zu verschaffen, leckt und kratzt, was es nur noch schlimmer macht und außerdem seinem Fell schadet.
»Nichts dergleichen. Ich schwöre dir, es sah aus, als ob es einfach herausgerissen worden wäre.«
»Was hat Elaine dazu gesagt?«
»Das war vor Elaine, bei der anderen.«
»Donna Zalewski? Ich wußte nicht, daß du Kimi damals untersucht hast.«
»Ja, doch. Jedenfalls schien sich die Besitzerin darüber nicht allzu viele Sorgen zu machen. Manchmal, besonders, wenn es ein so schöner Hund ist wie sie, regen sich die Besitzer furchtbar auf, wenn irgend etwas mit dem Fell ist, und sie wollen, daß man alle möglichen Tests macht. Einige fürchten auch, es könnte ansteckend sein, und sie würden es auch bekommen. Und wenn es Räude ist, werden manche Hundehalter vollends hysterisch. Aber es war bei Kimi keine Räude, und was immer die Ursache gewesen sein mag, die Besitzerin schien es nicht sonderlich zu kümmern.«
»Aber dich hat es gekümmert.«
»Ja, ich denke schon.«
»Warum? Hätte es nicht eine Allergie oder so etwas sein können? Ich meine, es ist doch wieder verschwunden.«
»Es hat nicht wie eine Allergie ausgesehen. Und es gab keine Wunden, nichts, was darauf hingedeutet hätte, daß es bei einem Kampf passiert ist. Wie mir die Besitzerin sagte, hat Kimi auch nicht an ihrem Fell herumgeknabbert, und ich habe auch nicht gesehen, daß sie sich selbst gebissen oder gekratzt hätte. Es sah aus, als hätte ihr jemand büschelweise das Fell herausgerissen. Das war der Eindruck, den ich hatte.«
»Mißbrauch?«
Er hielt Kimis Kopf in beiden Händen. »Manchmal sind die Spuren von Mißhandlungen nicht zu übersehen, und manchmal kann man sie überhaupt nicht sehen. Aber meistens läßt sich feststellen, ob ein Hund getreten wurde, oder er zuckt zusammen, wenn sich ihm eine Hand nähert. Und es gibt Fälle, da kann man es eben nur vermuten.«
»Hat Donna Zalewski so auf dich gewirkt?«
»Könnte ich nicht sagen. Nein. Ich meine, sie war eine von denen, die mit einer ganzen Liste von Anweisungen vom Züchter in die Praxis kommen. Geld war kein Thema. Sie wollte nur, daß alles richtig gemacht wird. Und sie wußte, daß Kimi eine sehr dominante Hündin war, und daß sie mit dem Gehorsamstraining anfangen mußte. Daß das überfällig war, war ihr klar. Aber sonst lief es nicht so schlecht. Die Probleme fingen erst mit der nächsten Besitzerin an. Kimi hat bald kapiert, daß sie mit ihr machen konnte, was sie wollte. Die Hunde merken immer ganz genau, wer sich unterkriegen läßt.«
»Also hat sie Elaine untergekriegt, aber nicht Donna Zalewski? Jedenfalls nicht so sehr.«
»So hat es auf mich gewirkt, aber ich habe ja nicht viel Zeit mit ihnen verbracht.«
»Und vielleicht hat Donna Zalewski...«
»Vielleicht.«
»Aber warum würde jemand so etwas tun? Ich habe noch nie von so einem Fall gehört.«
»Ich auch nicht.«
Sheila Moss sah genau so aus, wie ich sie in Erinnerung hatte, nur älter und dünner. Ihr langes, braunes Haar, das vor zwanzig Jahren wahrscheinlich dicht bis auf die Schultern gefallen war, hing nun in grauen Strähnen herab.
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