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Dem Leben Sinn geben

Dem Leben Sinn geben

Titel: Dem Leben Sinn geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
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Lebenshaltung ist die natürliche Ausstattung eines Menschen beteiligt, aber es scheint auch regelrechte Resilienz-Kulturen zu geben, die die Fähigkeit zur Selbstbehauptung fördern und fordern: Großstadtkulturen vorneweg, ebenso jedoch regionale (denkbar wären die bayerische, die rheinische…) oder nationale Kulturen (die britische, die irische…).
    Entscheidend ist allerdings die Frage: Wie lässt sich die Resilienz bei den von Natur und Kultur weniger begünstigten Kindern individuell stärken? Welche Anregungen können ihnen gegeben werden? Was können sie selbst tun? Ressourcen der Resilienz verdanken sich dem Glück , um das sich ein Mensch bemüht, und erst recht dem Sinn , den er im Leben sieht unddem Leben gibt. Die Kräfte, die sich daraus schöpfen lassen, wirken wie ein Immunsystem, körperlich, seelisch und geistig.
    Nicht nur zu hoffen ist auf das Zufallsglück , Menschen zu begegnen, die helfen können, bessere Umstände fürs Leben zu finden. Die glückliche Fügung hängt auch von der Haltung ab, die ein Mensch einnimmt: Offen zu sein für solche Begegnungen, vielleicht sogar offensiv danach zu suchen und in ihnen, wenn sie sich ergeben, schicksalhaften Sinn zu sehen, wenngleich sich nicht klären lässt, wer oder was hier jemanden »schickt«. Wenigstens im Film erweist sich das als möglich, wenn der zornige zwölfjährige Cyril (Thomas Doret) aus dem Jugendheim ausreißt, um nach seinem Vater zu suchen, der aber nichts mehr von ihm wissen will. In einer verzweifelten Situation wirft er sich an die Brust der Friseurin Samantha (Cécile de France), die ihn nicht abweist und mit großem Wohlwollen das schwierige Leben mit ihm durchsteht, bis er neues Vertrauen gewinnt: Ein modernes Märchen ( Der Junge mit dem Fahrrad , Regie Jean-Pierre und Luc Dardenne, Belgien, 2011).
    Sehr viel lässt sich in jedem Fall für das Wohlfühlglück tun, das zur Widerstandsfähigkeit verhilft, da es erholsame Momente verschafft. Für diese Momente kann der Einzelne sich offenhalten, sie jeden Tag aber auch selbst suchen und finden und dabei die starke Erfahrung machen, dass sich allein ihretwegen schon das Leben lohnt.
    Oft ist sinnlicher Sinn damit verbunden: Schönes zu sehen, Musik zu hören, etwas Leckeres zu essen, eine Umarmung zu genießen, ein »Kribbeln im Bauch« zu spüren. Anfassbare schöne Dinge sind wichtig, wie jedes Kind sie liebt und von denen es sich wiederum geliebt fühlen kann, in dessen Phantasie sie sogar die Stelle von Menschen und anderen Wesen vertreten können: Eine Puppe oder ein Stofftier kann zumtreuen Begleiter in allen Lebenslagen werden. Zum Scheitern verurteilt ist jedoch der Versuch, das reale sinnliche Erleben vollständig durch virtuelle Erfahrungen zu ersetzen, die allenfalls eine reduzierte Sinnlichkeit freigeben. Alle Sinne sind erforderlich, um die körperlichen, seelischen und geistigen Fundamente des Daseins voll auszubilden und sich mit ihrer Hilfe in der wirklichen Welt zu bewegen und zu orientieren.
    Sehr viel seelischen Sinn vermitteln gefühlte Zusammenhänge, in denen die Energien zu fließen beginnen, mit deren Hilfe Schwierigkeiten und Bedrohungen aller Art zu parieren sind. Dieses Element der Resilienz gedeiht zunächst in der gefühlten Beziehung zu sich selbst: Den eigenen Narzissmus ein wenig zu pflegen und sich selbst zu umsorgen, fördert die Fähigkeit, mit sich gut umgehen und auf sich bauen zu können. Ein Mensch gewinnt Sinn aus seinem inneren Zusammenhalt , wenn er über einen »sense of coherence« verfügt (Aaron Antonovsky, Salutogenese , 1987, deutsch 1997). Seine individuelle Kohärenz stärkt er mit einer realistischen Einschätzung seiner selbst, seiner Stärken und Schwächen, seines Könnens und Nichtkönnens. Mit Gewohnheiten und festen Tageszeiten für seine Tätigkeiten kann er sein alltägliches Leben selbst strukturieren. Dem Entstehen der Kohärenz ist es förderlich, Kunst zu machen, ein Instrument zu erlernen, zu singen, zu tanzen, zu schreiben, zu malen, Theaterrollen zu spielen und sonstwie kunstvollen Ausdruck für die bedrückte Seele zu finden, auch Sport zu treiben und damit bereits körperlich eine Selbstmächtigkeit zu erfahren. Von dieser Basis aus gelingt es besser, Situationen aktiv anzugehen, statt sich ihnen passiv ausgeliefert zu fühlen: »Ich werde das irgendwie bewältigen.«
    Sodann sind es gefühlte Zusammenhänge in der Vernetzung mit Anderen, die dem Leben Sinn geben und die sozialeKohärenz, den äußeren

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