Dem Leben Sinn geben
Ebene der Liebe, als Ersatz dafür aber auch die Hinwendung zu einer geistigen Ebene entwarf, fortan »platonische Liebe« genannt.
Ausgerechnet der pädagogische Eros , ohne den eine Erziehung von Kindern kaum gelingen kann, ist der Nährboden der Pädophilie. Wird der Eros mit körperlicher Erotik verwechselt, ist die Tür zum Missbrauch offen. Ein freies intimes Verhältnis kann es nur auf der Basis von Zustimmung geben, die in einem erzieherischen Verhältnis jedoch erschlichen und erzwungen werden kann. Selbst die willentliche Zustimmung kann keine wissentliche sein, denn ein Kind kann zwar ein emotionales, aber kein bewusstes Wissen von den fraglichen Zusammenhängen und Folgen haben. Was Vertrauenspersonen mit ihm anstellen, hält es zwar nicht unbedingt für normal, kann deren Absichten aber kaum durchschauen, wenn sie spielerisch kaschiert sind. Mit Versprechungen kann es gelockt, mit Drohungen unter Druck gesetzt werden. Wenn es sich nicht wehrt, dies körperlich und seelisch auch gar nicht kann, wird es irgendwann noch sich selbst die Schuld am Missbrauch zuschreiben, sich vor sich ekeln, sich attackieren, sich hilflos fühlen, niemandem mehr vertrauen und mit einem gestörten Verhältnis zum eigenen Körper und zu den trügerischen Gefühlen tiefe Wunden fürs Leben davontragen.
Auf Prävention zielt eine pädagogische Ethik , die den Eros auf die seelisch-geistige Ebene konzentriert. Auch dem »Kinderliebenden« kann die Anstrengung zugemutet werden, seine Leidenschaft darauf auszurichten und den »Rest« für sich zu behalten. Wo aber die Gefahr eines so genannten Impulsdurchbruchs besteht, bleibt nur, ihn unter Androhung von Sanktionen von Anreizen und erst recht von Kindern fernzuhalten. Bei Besitz und Nutzung von Kinderpornographie von einem mittelbaren Missbrauch auszugehen, ist gut zu rechtfertigen, denn wer dieses »Material« konsumiert, unterstützt mit seiner Nachfrage dessen Produktion, also unmittelbaren Missbrauch.
Für den Umgang mit dem Täter ist es letztlich entscheidend, ob die Hauptströmung seiner seelischen Energien in seine Neigung fließt: Da die sexuelle Präferenzstruktur kaum zu ändern ist, hält sich seine Therapierbarkeit in Grenzen, wie dies auch bei anderen Präferenzen zu beobachten ist, die aus biologischen, sozialen und sonstigen Gründen zustande kommen. Dann bleibt über eine Bestrafung hinaus nur noch die Sicherungsverwahrung, um ihn dauerhaft von Opfern fernzuhalten.Dem Opfer aber ist am ehesten mit einer Therapie zu helfen, die sein Selbst stärkt und seine Selbstbefreundung fördert, sodass ein Leben mit der traumatischen Erfahrung möglich wird, statt das Geschehene nur erneut wachzurufen, in Gedanken und Gefühlen zu wiederholen und durchzuarbeiten (Klaus M. Beier und Kurt Loewit, Praxisleitfaden Sexualmedizin , 2011).
Es ist zuallererst Aufgabe der Menschen in nächster Umgebung , sich bei fehlender und fehlgeleiteter, gewaltsamer und missbräuchlicher Liebe bemerkbar zu machen und die Betroffenen nicht damit allein zu lassen. Zur nächsten Umgebung zählen der jeweils andere Elternteil, Geschwister, Großeltern und alle sonst, die mit den Kindern befasst sind: Verwandte und Freunde, Paten und Bekannte, Eltern von Freunden, Erzieher und Lehrer, Betreuer und Sozialarbeiter, Therapeuten und Mediziner, Hebammen und Pflegende. Sie alle können überforderten Eltern einen Rat geben, ihnen die private oder professionelle Hilfe anbieten, die sie brauchen, um mit Problemen besser zurechtzukommen, ihnen zeitweilig den Umgang mit dem Kind abnehmen und fehlende Liebe vielleicht durch eigene Zuwendung und Zuneigung auffangen. Im Gegenzug müssten die Eltern freilich bereit sein, Erziehung nicht mehr als ausschließlich privates Hoheitsgebiet zu betrachten, sondern Andere miterziehen zu lassen. Wo die individuelle Initiative nicht ausreicht, ist es Aufgabe der im Auftrag der Gesellschaft arbeitenden Institutionen des Staates , dem Kind die Umgebung zu vermitteln, in der die existenziell erforderliche Zuwendung und Zuneigung eher möglich ist, etwa durch die Unterbringung in einer Pflegefamilie oder die Freigabe zur Adoption.
Eine Pflegefamilie bietet zumindest vorübergehend Ersatzbeziehungen, Adoption bedeutet neue Eltern für immer. DieUnterbrechung oder der Abbruch der bestehenden familiären Bindung ist in jedem Fall eine tiefgreifende Erfahrung, die sich auf das ganze Leben auswirkt. Das entscheidende Kriterium für einen solchen Eingriff in das Leben des Kindes
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