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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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Frau segnete den Boten und wünschte ihm eine gute Reise. Kurz darauf war Nebamun wieder unterwegs.
    Der Nil war hier besonders breit, und die Mücken, die von Nebamuns Schweiß angelockt wurden, eine große Plage. Einige Stellen hatten sich entzündet und juckten fürchterlich. Der Bote überlegte, wie er am besten weiterlaufen sollte. Sollte er einen Umweg um das überschwemmte Gebiet machen oder sollte er versuchen, das seichte Wasser zu Fuß zu durchqueren? Er entschied sich für die zweite Lösung, zumal er erkennen konnte, dass der Nil in der Ferne wieder schmaler wurde. Entschlossen watete Nebamun ins Schilfmeer.
    Die Halme ringsum raschelten. Ein paar Enten flogen auf und protestierten laut wegen der Störung. Das Wasser reichte Nebamun bis zu den Knien. Das Waten war mühsam, doch Nebamun kämpfte sich voran.
    Er hatte etwa die Hälfte der Strecke durchquert, als er hinter einer Schilfinsel eine Bewegung wahrnahm. Er erstarrte augenblicklich, die Augen zu Schlitzen verengt. Ein junges Nilpferd tauchte vor ihm im Wasser auf, kaum einen Steinwurf entfernt. Das Tier war höchstens ein paar Tage alt und bewegte sich auf Nebamun zu.
    Der Bote überlegte fieberhaft, was er tun sollte. Sollte er stocksteif auf der Stelle verharren oder sich besser zurückziehen? Das Jungtier selbst stellte kaum eine Gefahr dar, aber seine Mutter war sicher in der Nähe. Und die konnte ihm gefährlich werden …
    Nebamun bereute, dass er nicht den Umweg genommen hatte. Doch jetzt war es zu spät, um seine Entscheidung rückgängig zu machen. Krampfhaft richtete er seinen Blick auf das Nilpferdjunge und beschwor es in Gedanken, eine andere Richtung einzuschlagen. Doch das Junge tapste munter weiter auf ihn zu.
    Er beschloss, es zu erschrecken. »Huh!«, brüllte er, so laut er konnte. »Scher dich weg!«
    Das Tier hielt inne und schaute ihn mit seinen großen Kinderaugen an.
    »Hau ab!«, schrie Nebamun. »Mach, dass du fort kommst!« Am liebsten hätte er einen Stein nach dem Nilpferd geworfen, doch er hatte keinen zu Hand. Sein Instinkt sagte ihm, dass er besser das Messer aus seinem Ledersack nehmen sollte, um sich notfalls verteidigen zu können. Vorsichtig, jede hastige Bewegung vermeidend, öffnete er den Sack und nahm die Waffe heraus. Es war ein großes Messer mit einer scharfen Klinge, die sich gut dazu eignete, Fleisch zu zerlegen. Aber würde er damit wirklich etwas gegen ein ausgewachsenes Nilpferd ausrichten können? Nebamuns Hand begann zu zittern.
    Vielleicht hatte er ja Glück. Möglicherweise war das Kleine von seiner Mutter weggelaufen, und die Alte hatte noch nicht entdeckt, dass es fehlte. Oder die Nilpferdkuh war umgekommen, und das Kleine irrte mutterlos in der Gegend herum … Er schöpfte wieder neuen Mut.
    Der Angriff kam so überraschend, dass Nebamun nicht die geringste Chance hatte. Plötzlich vernahm er hinter sich ein wütendes Schnaufen und das Plätschern von Wasser. Als er sich umdrehte, sah er vor sich ein riesiges Nilpferd. Der Rachen war weit geöffnet.
    Nebamun sprang zur Seite, aber das Nilpferd reagierte blitzschnell. Er spürte keinen Schmerz, als die Zähne seinen Arm abrissen. Sein Blut färbte den Nil rot. Nebamuns letzter Gedanke war, dass der Brief den Pharao jetzt nicht mehr erreichen würde. Er hatte seine Aufgabe nicht erfüllt …
    Dann wurde es schwarz um ihn herum, und inmitten der Schwärze glaubte er, eine Gestalt zu erkennen. Es war die Totenfresserin Ammit, die Göttin mit dem Krokodilkopf, den Vorderläufen eines Löwen und dem Hinterteil eines Nilpferds.
    Du bist mein, Nebamun!
    »Nicht mein Herz«, brüllte Nebamun verzweifelt. »Lass mir mein Herz!«
     
    »Du willst Waset wirklich verlassen?«, fragte Selket. Nach ihrer Krankheit war sie noch etwas wackelig auf den Beinen und hielt sich an der Türöffnung fest, während sie Duamutef zusah, wie er seine Sachen packte.
    »Glaub mir, es ist das Beste«, knurrte Duamutef mit zusammengebissenen Zähnen. »Hier in der Stadt wird es mir zu eng. Außerdem habe ich Ärger im Stall. Wir haben einen neuen Pferdepfleger, und der spielt sich auf, als sei er Amun persönlich!«
    »Versündige dich nicht«, mischte sich Imara ein. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen. In der letzten Zeit hatte sie sich sehr viele Sorgen gemacht, sowohl um die kranke Selket als auch um Duamutef, der sich so verändert hatte. Er sprach nur noch das Allernötigste und lief mit finsterer Miene umher. Nichts schien ihm mehr Freude zu machen. Außerdem

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