Dem Pharao versprochen
gehört. Er hoffte, dass sie nicht erkannt worden waren. Theoretisch hätte sich dort ja auch eine Dienerin mit ihrem Freund verabreden können. Und es war ja dunkel gewesen … Aber sicher konnten sie beide nicht sein, und ab sofort durfte er Anchesenamun keinem Risiko mehr aussetzen. Das war er ihr schuldig.
Er dachte an Inet. Das Mädchen war sehr nett, aber bedeutete ihm wenig. Es war ein Fehler gewesen, sich mit Inet zu verloben. Er hatte es eigentlich auch nur getan, damit seine Mutter endlich aufhörte, ständig davon zu reden, dass er eine Frau brauchte. Ja, und es war auch ein wenig aus Trotz geschehen, weil er gehört hatte, dass Anchesenamun schwanger war … Beides war kein Grund für eine Verlobung, und er hatte Inet gegenüber ein schlechtes Gewissen. Sie hatte einen besseren Mann verdient!
Er würde Waset verlassen und nach Norden reisen, notfalls bis Memphis, wenn er nicht unterwegs irgendwo hängenblieb und Arbeit fand. Er war jung und kräftig, starke körperliche Arbeit machte ihm nichts aus, im Gegenteil. Wenn er hart arbeitete, dann war er abends wenigstens müde und fiel sofort in Schlaf, ohne sich noch stundenlang herumzuwälzen und über Dinge nachzugrübeln, die sich nun mal nicht ändern ließen.
Anchesenamun …
Er fühlte einen Stich in seiner Brust.
Es sollte nicht sein.
Wenn er weg war, dann würde sie sich vielleicht wieder auf Tutanchamun besinnen. Zumal sie ja sein Kind austrug. In der ersten Zeit würde sie bestimmt Kummer haben, aber in einigen Monaten hatte sich wahrscheinlich alles eingespielt und sie würde nicht mehr an Duamutef denken, sondern nur noch an ihre Familie und an ihre Pflichten.
Duamutefs Entschluss stand fest. Er würde in den nächsten Tagen aufbrechen.
In der Trockenzeit kam man schneller voran. Jetzt, da das neue Jahr angefangen hatte und der Nil wie gewohnt über seine Ufer getreten war, waren die Wege überschwemmt. Man musste ein Boot nehmen oder weite Umwege laufen.
Nebamun hatte den Brief an Tutanchamun wasserdicht verpackt. Er hatte ihn in eine glasierte Tonröhre geschoben und die Öffnungen mit Wachs verstopft. So konnte keine Flüssigkeit eindringen. Die Tonröhre hatte er mit einer Schnur an seinem Körper befestigt und trennte sich nie von ihr, auch nachts nicht. Der Brief war bei ihm in allerbesten Händen.
In den ersten Tagen legte er weite Strecken zurück. Er war ausgeruht, und es machte ihm Spaß, endlich seine Beine wieder zu gebrauchen und zu spüren, welche Energie in ihnen steckte. Er konnte stundenlang in gleichmäßigem Tempo laufen, ohne zu ermüden. Er wusste, wie er seine Kräfte einteilen musste. Das richtige Atmen war besonders wichtig, sonst bekam er Seitenstechen und musste eine Laufpause einlegen. Ab und zu ließ er sich von Fischern ein Stück mit ihrem Boot mitnehmen. Die Nächte verbrachte er unter freiem Himmel oder bei freundlichen Leuten, die ihm ihre Gastfreundschaft anboten.
Nach sieben Tagen hatte er bereits fast die Hälfte der Strecke zwischen Waset und Memphis zurückgelegt und erreichte die Ruinen von Achetaton. Sein Vater hatte ihm erzählt, welch prächtige Stadt Achetaton noch vor wenigen Jahren gewesen war, doch jetzt war kaum noch etwas von der einstigen Herrlichkeit zu spüren.
Die Stadt war geplündert worden. Man hatte die Gebäude aus Stein abgerissen, um das Baumaterial anderweitig zu verwenden. Die Lehmhäuser waren von allein verfallen, jetzt, da sie von niemandem mehr ausgebessert wurden. Echnatons Palast und der Aton-Tempel waren außerdem vom aufgebrachten Volk, angeführt von den Priestern der alten Götter, mutwillig zerstört worden.
Ein paar Leute lebten noch zwischen den Ruinen – Alte, die die Stadt nicht verlassen wollten, weil sie treue Echnaton-Anhänger waren, und etliche junge Menschen, die die Stadt durchsuchten, in der Hoffnung, noch ein paar brauchbare Gegenstände oder sogar Schmuck oder andere wertvolle Dinge zu finden, die beim Aufbruch zurückgelassen worden waren.
Nebamun übernachtete in einem Lehmhaus, das noch einigermaßen intakt erschien. Er verbrachte eine unruhige Nacht. Mücken umschwirrten ihn und stachen ihn unermüdlich in Arme, Beine und ins Gesicht. Irgendwo zwischen den Ruinen heulte ein Schakal. Gegen Morgen vernahm Nebamun den Ruf eines Käuzchens und fragte sich, ob das vielleicht ein Zeichen war, dass ein Unglück bevorstand.
In der Frühe stand Nebamun auf und rieb sich die steifen Gliedmaßen. Sein Magen knurrte. Er sah in seinem Beutel nach
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